Bochum. Silvere Ganvoula hat schon sechs Tore erzielt für den VfL Bochum – und vier Gelbe Karten gesehen. Fällt er aus, hat der VfL ein weiteres Problem.
Manchmal ist es vielleicht besser, wenn nicht alle gleich jedes Wort verstehen. Zumindest, wenn sie der französischen Umgangssprache nicht mächtig sind. Silvere Ganvoula jedenfalls war richtig sauer, als er mit Ulrich Bapoh zur Kabine schritt nach dem 2:2 gegen Darmstadt. Der Stürmer schimpfte lautstark, und es flogen dabei Wörter durch den engen Trakt, die man sowieso lieber nicht drucken sollte.
Ganvoulas Frust ist verständlich. Der gebürtige Kongolese steht wie kaum ein anderer für die Hoffnung und eines der größten Probleme des VfL zugleich. Gegen Darmstadt traf der 23-Jährige zunächst sicher per Strafstoß und dann gedankenschnell per Kopf jeweils zur Führung. Und auch, wenn er einen viel versprechenden Konter mit einem ungenauen Ball zu Milos Pantovic bei einer 2:1-Überzahlsituation verdaddelte, zählte Ganvoula wieder zu den Lichtblicken der Bochumer.
Diese Bilanz von VfL-Stürmer Ganvoula beeindruckt
Er kann Bälle behaupten, ist robust und präsent, gewinnt Zweikämpfe in der Luft, schmeißt sich rein. Dazu seine Bilanz: Sechs Treffer in sieben Zweitliga-Einsätzen, drei Torvorbereitungen und drei Volltreffer im Pokal, die Bochum das Spiel gegen Bayern und eine satte Mehreinnahme bescherten. Mit der langfristigen Verpflichtung von Ganvoula hat der viel gescholtene Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz alles richtig gemacht.
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Ganvoula, der Engagierte und Impulsive, sah gegen Darmstadt aber auch schon seine vierte Gelbe Karte, und schon Robin Dutt, der Vorgänger von Trainer Thomas Reis, stellte einmal nach dem Training fest: „Wenn Silvere ausfällt, habe ich schon ein Problem.“ Noch eine Gelbe Karte, und Bochum muss wie beim schwachen Saisonstart in Regensburg auf seinen Torjäger verzichten.
Mit Manuel Wintzheimer hat Bochum zwar einen Stürmer in der Hinterhand, der im Zentrum womöglich seine Stärken besser ausspielen kann als nach seiner Einwechslung gegen Darmstadt auf dem rechten Flügel. Mit zu hohen Erwartungen überfrachten sollte man die 20-jährige Leihgabe des Hamburger SV aber sicher nicht. Dahinter wird die Luft ganz dünn.
Danilo Soares ist beim VfL Bochum nicht zu ersetzen
Auch auf weiteren Positionen ist der VfL Bochum nicht stark genug besetzt, wenn die Nummer eins ausfällt. Das trifft auf Saulo Decarli zu, auch wenn der Innenverteidiger bisher nur eine solide Saison spielt. Es trifft erst Recht auf Linksverteidiger Danilo Soares zu. Der Brasilianer setzte in den letzten Partien Akzente auf der linken Seite, defensiv und vor allem auch offensiv.
Sein Zusammenspiel mit dem starken Danny Blum, der beide Treffer vorbereitete und bei drei eigenen Abschlüssen etwas Pech hatte, war in Durchgang eins fußballerisch mit das Beste, was der VfL bisher angeboten hat in dieser Saison. Auch deshalb durfte Soares mitmachen, obwohl er tags zuvor wegen Übelkeit das Training abgebrochen hatte. Trainer Thomas Reis, der viel Wert auf einhundertprozentige Fitness legt, wollte dennoch nicht auf ihn verzichten. In der Pause aber machte sich die leichte Krankheit wieder bemerkbar.
Für Soares musste Mittelfeldmann Vitaly Janelt links hinten aushelfen. Andere Optionen gibt der Kader nicht her. Die in der Vorsaison dort eingesetzten U19-Spieler Stelios Kokovas und Moritz Römling spielen bei den Profis keine Rolle.
Lee fehlt beim VfL Bochum schon seit Wochen
Das Problem hinten rechts übrigens ist, Stand jetzt, auch noch nicht gelöst: Zugang Cristian Gamboa, der in den vergangenen drei Jahren kaum Spielpraxis sammeln konnte, hat trotz guter Ansätze deutlich Nachholbedarf. Bei beiden Gegentreffern sah auch er nicht gut aus.
Nicht zu ersetzen beim VfL sind zudem Kapitän Anthony Losilla und Chung-Yong Lee: Die Ballsicherheit, das beruhigend-kluge Spiel des Koreaners fehlt dem VfL seit Wochen. Vor allem, wenn es brenzlig wird. Lee könnte, wenn es gut läuft, nach der Länderspielpause wieder eine führende Rolle spielen.
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Die schwache zweite Hälfte nur mit Soares’ Fehlen zu erklären, griffe naturgemäß zu kurz. Die Mannschaft agierte nach aggressiv geführten 45 Minuten unverständlich passiv, nicht energisch, nicht konsequent genug. Thomas Reis erkannte diese Schwächen: „Wir haben zu oft auf den Ball gewartet, statt aktiv entgegen zu gehen, wir haben zu wenig den Körper reingestellt“, sagte er.
Das traf zum Beispiel auch auf Ulrich Bapoh zu, den Reis für den immer müder werdenden Milos Pantovic brachte. Ebenso wie Manuel Wintzheimer und Robert Tesche sollten die eingewechselten Spieler auch für ihre Trainingsleistungen belohnt werden – im Wettkampf konnten sie dieses Vertrauen nicht rechtfertigen. Tesche ersetzte Janelt im Zentrum, hier fehlte es Reis fortan an Kompaktheit. „Die Abstände waren zu groß“, sagte er, ohne dass er den Mittelfeldroutinier dafür allein verantwortlich machen wollte.
Die nächste Chance für den VfL Bochum gibt es in Heidenheim
Aber Reis wäre ja nicht in einer schwierigen Situation gekommen, um nach drei Partien den Mut zu verlieren. Daher stellte er auch das Positive heraus. Dass er mit dem VfL noch kein Spiel verloren habe, dass man zwei Tore erzielt habe. „Phasenweise ist unser Spiel gut, aber es reicht immer noch nicht“, meinte er. „Wir werden hart arbeiten, um unser großes Ziel zu erreichen.“
Am Sonntag in Heidenheim hat der VfL im neunten Versuch die nächste Chance, den ersten Saisonsieg zu holen.