London. . Der FC Schalke 04 muss am Mittwochabend in der Champions League beim FC Chelsea nun auch noch seinen Kapitän Benedikt Höwedes ersetzen. Marvin Friedrich (18) steht vor seinem Debüt. Denn es fehlen fast alle Abwehrspieler.
Kevin-Prince Boateng irrte ein wenig durch das Flugzeug – er wusste nicht so genau, wo er sich hinsetzen sollte, um seine langen Beine während des kurzen Fluges nach London ausstrecken zu können. Es wurde die freie Platzwahl gestattet, weil die Maschine längst nicht ausgebucht war – im hinteren Teil, in dem sonst gut betuchte Fans mitreisen, blieben sogar ganze Sitzreihen frei. Und im vorderen Teil, der für Spieler und Offizielle reserviert ist, war ganz kurzfristig auch noch ein Platz leer geblieben. Der gehörte eigentlich Benedikt Höwedes, doch der Kapitän flog nicht mit der Schalker Mannschaft nach London.
Der Kapitän fehlt damit, wenn der Fußball-Bundesligist an diesem Mittwoch (20.45 Uhr, live in unserem Ticker) zum Auftakt der Champions League beim FC Chelsea antreten muss. Höwedes war am frühen Morgen nach München geflogen, nachdem Schalkes Mannschaftsarzt Thorsten Rarreck ihn für spielunfähig erklärt hatte.
Schalke wollte noch eine zweite Meinung einholen, doch auch Nationalmannschafts-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt bestätigte die für den Klub niederschmetternde Diagnose: Höwedes hatte beim 1:4 am Samstag in Mönchengladbach einen Teilriss der Sehne des rechten Hüftbeugers erlitten. Er wird damit nicht nur gegen Chelsea ausfallen, sondern nach S04-Angaben auch in den kommenden Spielen. Eigentlich hatte Schalke gehofft, dass der Abwehrchef wenigstens in den nächsten so wichtigen Bundesliga-Spielen zur Verfügung steht.
Abwehr geht auf dem Zahnfleisch
„Man kann es eigentlich gar nicht mehr fassen. So viel Pech kann man doch gar nicht haben”, sagte Julian Draxler. Höwedes ist Schalkes neunter Verletzter, doch was die Sache diesmal besonders schlimm macht: Es fehlen fast alle Abwehrspieler. Trainer Jens Keller ist zwar im Improvisieren mittlerweile ganz gut geübt, steht aber nun vor einer noch größeren Herausforderung: „Wir müssen irgendetwas basteln.“
Die Blicke im Flugzeug gingen deswegen in Richtung Reihe 8, Platz A. Dort saß Marvin Friedrich, ein 18 Jahre alter Bursche, der ließ sich von der Aufregung aber nicht anstecken ließ: „Ich bin da eigentlich immer ganz ruhig“, berichtete er. Keller überlegt, ob er Friedrich ein solches Spiel gegen die ausgebufften Chelsea-Stars schon zumuten kann – „einem 18-Jährigen in seinem ersten Spiel in der Champions League gegen Diego Costa.“ Friedrich ist aber neben Kaan Ayhan, auch erst 19, der einzige noch gesunde Innenverteidiger. Höwedes, Matip und Santana sind verletzt, Jan Kirchhoff ist das eigentlich auch noch, unternahm aber am Abend in London einen Versuch. „Kaputt gehen kann bei seiner Verletzung nichts“, glaubt Keller: „Wir müssen sehen, ob Jan über die Schmerzen gehen kann.“
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Normal ist das alles nicht mehr, aber Schalke kann das Spiel ja schlecht absagen: „Wenn immer wieder der nächste Hammer kommt, macht es das nicht einfacher”, sagt Manager Horst Heldt, „man darf sich davon nicht runterziehen lassen.“ Schalke ist gegen Chelsea eh Außenseiter: Im Vorjahr gab es gegen das Team von José Mourinho zwei 0:3-Pleiten. Jetzt aber muss man aufpassen, dass es keine Klatsche gibt. „Ich schließe gar nichts aus, wir können hier auch 0:5 verlieren, aber wir werden uns nicht vorher geschlagen geben“, verspricht Julian Draxler.
Keller blickt schon auf Frankfurt
Da Schalke die Punkte zum Weiterkommen in der Champions League aber ohnehin in den Spielen gegen Lissabon und Maribor holen muss, geht es in London auch um Schadensbegrenzung vor dem Bundesligaspiel am Samstag gegen Frankfurt. „Wenn wir untergehen würden“, fürchtet Keller, „wäre so ein Negativerlebnis schon eine Belastung für das Spiel am Samstag.“ Frankfurt und die Bundesliga: Dies scheint derzeit irgendwie wichtiger – für alle Beteiligten.