Grassau.. Max Meyer und Kevin-Prince Boateng buhlen um die „Zehn“. Ein Grund für einen Machtkampf auf Schalke ist das aber nicht. Beide betonen, dass sie auch auf anderen Positionen einsetzbar seid. Und dann ist da ja auch noch Julian Draxler, der ebenfalls gerne im offensiven Mittelfeld spielt.

In der vergangenen Saison hatte man ihnen ein Vater-Sohn-Verhältnis angedichtet, was allein schon deswegen nicht gehaltvoll war, weil der Altersunterschied gerade mal achteinhalb Jahre beträgt: Max Meyer ist 18 und wird bald 19, Kevin-Prince Boateng ist 27. Dass Boateng einige Male gesagt hatte, der junge Meyer sei „wie ein Sohn“ für ihn, war zwar ganz sicher anerkennend gemeint. Aber auf Schalke hört man diesen Vergleich gar nicht so gerne. Lieber spricht man von Team-Kollegen.

Keine Freigabe für die U19-EM

Ohnehin ist Max Meyer der Zeit entwachsen, in der man sich allein schon deswegen so rührend um ihn gekümmert hat, weil er der Jüngste und Kleinste im Kreis der Schalker Profis war. Für die Europameisterschaft der U19-Nachwuchsspieler verweigerte ihm Schalke die Freigabe mit der Begründung, dass Max Meyer ein unverzichtbarer Bestandteil der Profi-Mannschaft sei. 35 Bundesliga- und zehn Champions-League-Spiele hat er inzwischen absolviert - und sogar ein A-Länderspiel.

Dass er diesen Einsatz im Vorfeld der WM gegen Polen nicht zu hoch hängen will, ist seiner Höflichkeit und seiner spürbaren gesunden Selbsteinschätzung geschuldet: „A-Nationalspieler kann ich mich noch nicht nennen. Ich habe ja erst ein Spiel mitgemacht”, sagte Meyer im Trainingslager in Grassau.

Meyer saß auf dem selben Platz im selben Raum des Mannschaftshotels, auf dem am Vortag noch Kevin-Prince Boateng gesessen hatte. Obwohl sich beide, wie gesagt, gut verstehen, könnte man Boatengs Botschaft vom Vortag durchaus als unerfreulich für Meyer auslegen: Denn der Erfahrene hatte erneut betont, dass er auf Schalke künftig wieder auf der offensiven Position des Spielmachers agieren möchte. Genau da also, wo Max Meyer seine Stärken am besten entfalten kann - und dies in der vergangenen Saison auch getan hat. Meyer hatte dieses Ansinnen von Boateng vor ein paar Wochen einmal mit der Bemerkung quittiert: „Freiwillig gebe ich meinen Platz nicht her. Ich möchte auch gerne auf der Zehn spielen, das ist klar.”

Da das Fußballgeschäft ein aufgeregtes ist, kann man aus solchen Äußerungen ein Duell ableiten. Oder sogar einen Dreikampf, weil auch Weltmeister Julian Draxler, der sich noch im WM-Urlaub befindet, die Rolle des Zehners als seine beste ansieht. Im Vorjahr ist es Trainer Jens Keller trotzdem gelungen, alle Drei in einer Elf unterzubringen: Boateng als Sechser, Draxler auf der linken Seite und Meyer als Zehner. Ob das so bleibt, wird sich zeigen. Schalkes Vorteil: Alle Drei sind nicht an einen Platz gebunden – auch Meyer nicht. „Ich kann auf mehreren Positionen spielen, auch auf der Acht“, betonte er gestern.

Meyer hat kein Problem mit Boateng

Seine Replik auf Boatengs Ansprüche wolle er gestern nicht wiederholen: Am schönen Chiemsee muss ja nicht unnötig Aufregung ins Trainingslager einziehen. Und so sagte Meyer das, was man ihm nach den Eindrücken von Grassau auch glauben kann: „Ich habe kein Problem mit Kevin und er mit mir auch nicht. Wir verstehen uns noch so gut wie im letzten Jahr.“

Auch wenn nicht mehr vom Vater-Sohn-Verhältnis die Rede ist…