Schalke kommt mit Spielern aus der eigenen Jugend zum Erfolg
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Gelsenkirchen. . Acht aktuelle Bundesligaprofis des FC Schalke 04 stammen aus der eigenen Jugend. Trainer Jens Keller vertraut den Talenten und fördert sie – das ist einer der Gründe für den derzeitigen Aufwärtstrend. Ein Beispiel ist der erst 19-jährige Kaan Ayhan, der gegen Hannover beeindruckend spielte.
Eine halbe Stunde lang lief alles rund beim FC Schalke 04 am vergangenen Sonntag im Heimspiel gegen Hannover 96, dann erschraken die Fans. Roman Neustädter musste wegen einer Risswunde aufgeben – nach Dennis Aogo, Marco Höger und Jan Kirchhoff schon Schalkes vierter verletzter Sechser.
Der Sechser gilt im modernen Fußball als Schlüsselspieler. Mal Staubsauger, mal Strippenzieher – der Mann in der defensiven Mittelfeldzentrale bedient eine Schaltstation, er muss Spielzüge abfangen, Spielzüge einleiten, Spielzüge erkennen können. Auf der Sechs nominiert man gewöhnlich einen Strategen, keinen Frischling.
Es sei denn, man heißt Jens Keller und traut sich etwas.
Kaan Ayhan auf Anhieb stark
Schalkes Trainer warf Kaan Ayhan ins Rennen – einen 19-Jährigen mit acht Minuten Bundesliga-Erfahrung. Aber Keller wusste, was er tat. Erneut vertraute er einem Jungen aus dem eigenen Stall, erneut wurde er nicht enttäuscht. Ayhan, ein in Gelsenkirchen geborener türkischer U-21-Nationalspieler, spielte nicht nur einsatzfreudig, sondern auch umsichtig und selbstbewusst. „Er hat sehr routiniert agiert“, lobte Manager Horst Heldt, „das war beeindruckend.“ Ayhan hatte seinen Anteil am verdienten 2:0-Erfolg.
Vor der Winterpause wäre ein Auswärtsauftritt beim Tabellenzweiten Bayer Leverkusen als Herkulesaufgabe interpretiert worden, vor diesem Samstagabend aber kündigen die Königsblauen an, „etwas mitnehmen“ zu wollen. Für ihren Aufschwung gibt es mehrere Erklärungen. Die Spieler beteuern, sie seien im Trainingslager in Katar enger zusammengerückt, jeder übernehme nun mehr Verantwortung, alle hätten eingesehen, dass sie mehr Engagement einbringen müssten. Zudem wurde ein fauler Apfel aus dem Korb genommen, der intern wiederholt respektlos aufgetretene Jermaine Jones spielt nun für Besiktas Istanbul. „Elf Kapitäne“ stünden jetzt auf dem Platz, meint Torwart Ralf Fährmann.
Aber ein entscheidender Grund für die erkennbare Steigerung ist eben auch, dass Talente, die sich in früheren Zeiten vor allem beim Schleppen von Ballnetzen vor und nach dem Training nützlich machen durften, bereits eine erhebliche Wertschätzung spüren, die zu erstaunlichen Leistungssprüngen führt. Unter Jens Keller, dem früheren Schalker U-17-Trainer, entwickelten sich der immer noch für die A-Jugend spielberechtigte Mittelfeld-Dribbler Max Meyer und der robuste Abwehrklotz Sead Kolasinac in rasantem Tempo zu Stammspielern. Und während bei manchem anderen Bundesligisten gerne mal gigantisches Verletzungspech beklagt wird, vertraut das in dieser Saison extrem seuchengeplagte Schalke seinem Ausbildungsbetrieb und schiebt einfach einen wie Kaan Ayhan nach.
Sieben selbstgemachte Profis im Team
Vor zwei Wochen, beim 2:1 gegen Wolfsburg, standen sieben selbstgemachte Profis im Team – neben Meyer, Kolasinac und Ayhan, die 2012 mit Schalkes A-Junioren den Meistertitel gewonnen hatten, sind auch Ralf Fährmann, Benedikt Höwedes, Joel Matip und Tim Hoogland seit Jugendjahren königsblaublütig. Wie zudem Julian Draxler, das Juwel in der funkelnden Auslage Schalker Schmuckstücke. Der Nationalspieler aber fehlt wegen eines Sehneneinrisses seit zwei Monaten und muss auch für Leverkusen passen.
„Ich bin sehr stolz darauf, dass wir so viele Spieler aus dem eigenen Nachwuchs im Kader haben“, sagt Jens Keller, und Horst Heldt betont: „Wir machen uns Stars am liebsten selbst.“
Der erfolgreichste Ausbildungsklub
Schalke ist derzeit der erfolgreichste Ausbildungsverein der Liga, und da der Klub bekanntlich finanzielle Altlasten abzutragen hat, stellen Profis mit internationaler Perspektive wie Draxler und Meyer auch Sicherheiten dar. „Und wenn doch mal einer von denen geht, die wir gerne halten würden, dann müssen wir sofort Nachrücker haben, lauter Gesichter des FC Schalke 04“, hat Vereinschef Clemens Tönnies schon vor einem Jahr gefordert.
Auf diese Weise kann nicht nur Geld gespart, sondern auch die Identifikation erhöht werden. Kein schlechter Plan für einen Verein, der sich über seine Seele definiert.
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