Gelsenkirchen. . Schalkes Trainer Jens Keller ist ein Künstler der Scheuklappen: Er kann ausblenden, was um ihn herum passiert. Doch nun wurde einer seiner Söhne in der Schule in eine Rauferei verwickelt - wegen Schalke. Am Mittwoch spielt Schalke gegen Basel - und es steht viel auf dem Spiel. Sehr viel.
Jens Keller lässt sich wie immer nichts anmerken. Manchmal erweckt er den Eindruck, als könne er alles ausblenden, was um ihn herum geschieht. Und mit ihm. Eine Stärke, die ihm selbst seine Kritiker zugute halten (müssen). Diese Scheuklappen-Mentalität hat Jens Keller in seiner Zeit als Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 durch manche kritische Phase geholfen. Doch im Moment wird diese Stärke, diese Qualität von Jens Keller auf eine harte Probe gestellt.
Beim abschließenden Vorrunden-Spiel in der Champions League an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/ Sky und in unserem Ticker) in der Arena gegen den Schweizer Meister FC Basel geht es für seinen Verein um enorm viel: Nur mit einem Sieg erreicht Schalke das Achtelfinale und damit weitere Millionen in diesem großen Geschäft. Schon bei einem Unentschieden darf Königsblau im Frühjahr nur noch in der unterrangigen Europa League weiterspielen. Königsklasse oder Holzklasse – für Schalke eine Sache von Prestige und Moneten.
Für Jens Keller aber geht es noch um mehr: Es geht auch um seinen Job, nachdem seine Mannschaft binnen fünf Tagen zwei wichtige Spiele gegen Hoffenheim und in Mönchengladbach verloren hat. Zuvor hatte Schalke einschließlich der Partie gegen Basel eine „Endspiel-Woche“ ausgerufen, und Endspiele haben etwas Unbarmherziges: Alles oder nichts.
Was Misserfolg mit sich bringen kann, hat der in Köln wohnende zweifache Familienvater Keller (43) nach der Niederlage gegen Hoffenheim erfahren müssen: Sein ältester Sohn Nic (14) wurde in der Schule wegen Schalke und seinem Vater gehänselt – es kam zu einer Rauferei. Man könnte es als Kinderkram abtun, aber es zeigt eben auch, dass Berufliches und Privates in der heutigen Zeit offenbar ineinander fließen. Für Schalkes Manager Horst Heldt wurde mit diesem Vorfall in der Schule eine Grenze überschritten: „Das schockiert einen.“ Heldt hat selbst einen Sohn, der allerdings noch nicht zur Schule geht.
Die Vorbehalte werden bleiben
Jens Keller hat den Vorfall übrigens mit keiner Silbe erwähnt – zu Beginn seiner Amtszeit hat er aber einmal mit dem Verweis auf seine Familie betont, dass man schon sehr genau abwägen müsse, ob es sich lohnen würde, Bundesliga-Trainer zu sein. Damals ist er zu dem Schluss gekommen, dass ihm die Arbeit mit der Schalker Mannschaft viel zu viel Spaß machen würde, um andere Gedanken fortzuspinnen. Heute, knapp ein Jahr später, wird er ahnen, dass die Vorbehalte gegen ihn als Trainer vermutlich nie ganz verstummen werden. Wahrscheinlich nicht einmal, wenn er mit Schalke alle drei Spiele vor der Weihnachtspause gegen Basel, Freiburg und Nürnberg gewinnen sollte. Selbst dann würde der Kampf nach der ersten Niederlage in der Rückrunde wieder von vorne beginnen.
Schalke muss auch dieses Szenario bei der Analyse der Hinrunde berücksichtigen, die Manager Heldt nach dem Nürnberg-Spiel vornehmen will. „So eine Bewertung muss immer authentisch und gnadenlos sein. Der größte Fehler ist, sich selbst zu belügen“, sagte Heldt gestern. Ein abschließendes Urteil hat er noch nicht gefällt. Aber er muss sich vorbereiten für den negativen Fall; eine Vorbereitung, die beinhaltet, dass auch alternative Gespräche geführt werden. Im Frühjahr sprach Heldt alternativ mit Christian Streich, Armin Veh oder Stefan Effenberg. Nun auch mit Thomas Schaaf. Auch, aber nicht nur.
Keller, dieser Künstler der Scheuklappe, sprach am Tag vor dem entscheidenden Spiel gegen Basel nicht einmal über die Möglichkeit seiner Entlassung – „ich lege den Fokus nur auf die Mannschaft und lasse mir keine Energie rauben“. Ersetzen muss er, neben einer Handvoll Verletzter, auch den gesperrten Jermaine Jones. Zweifel, ob die Mannschaft alles geben wird, sind unangebracht: Schon aus Eigennutz will niemand in die Holzklasse steigen.
Schalke verliert in Gladbach
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Aber die Spieler lassen zumindest verbal keinen Zweifel daran, dass Keller ihr Steuermann ist. Kevin-Prince Boateng sagt: „Der Trainer wird uns richtig einstellen, und dann werden wir ins Achtelfinale einziehen – mit Jens Keller.“
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