Das Kapital der Zukunft wird in der Nachwuchsabteilung von Uwe Scherr gebildet und vermehrt.
Wer auf Schalke frisches Kapital sucht, der muss hoch zu Uwe Scherr in die zweite Etage der Geschäftsstelle. Der Koordinator der Nachwuchsabteilung hat die Kronjuwelen zwar nicht im Vereinstresor, aber aus seinem Fenster sieht man sie unten auf dem Trainingsplatz bei der Arbeit: Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Carlos Zambrano, Levan Kenia, Lukas Schmitz, Christoph Moritz. Und natürlich Joel Matip - der Himmelsstürmer des vergangenen Wochenendes. Wenn Jugend wirklich das Kapital der Zukunft ist, dann ist Schalke stinkereich. Denn die Jugendwelle der Königsblauen unter Meistertrainer Felix Magath hat sich wohl bis in den letzten Winkel der Republik herumgesprochen.
Was natürlich nicht ohne Folgen für Schalkes Nachwuchsarbeit bleibt: „Die jüngsten Erfolge in der Bundesliga erleichtern uns so manches Gespräch, schließlich haben wir gute Argumente”, meint Uwe Scherr und will sich ein Schmunzeln erst gar nicht verkneifen. Denn das Vereinscredo unter Magath ist eindeutig: Wer Gas gibt, hat die Möglichkeit, ganz nach oben zu kommen – und eher, als so mancher gedacht hat. Für Scherr und die anderen aus der Nachwuchsabteilung gilt es jetzt, in Gesprächen mit den Beratern genau zu selektieren. Bei einigen, leider die Minderheit, stünde wirklich die erstklassige Ausbildung ihrer Schützlinge im Vordergrund. „Doch bei dem überwiegenden Teil fällt gleich im zweiten Satz das Thema Geld – und bei mir sofort die Klappe”, so der Nachwuchsleiter, der in diesem Zusammenhang seinem staunenden Gegenüber dann immer gern die Geschichte erzählt, dass Neuer und Höwedes in ihrer B-Jugendzeit 50 Euro Taschengeld bekommen hätten – im Monat, wohlgemerkt.
Seit März für die Abteilung verantwortlich
Im März kam der gebürtige Oberpfälzer aus Amberg, als Fußballprofi im Lauterer und im Schalker Mittelfeld beheimatet, zurück zu den Blau-Weißen und fand gleich eine ganze Menge Arbeit vor. Die U 23-Mannschaft führte bis dato ein stiefmütterliches Dasein im Verein. „Das war so das ungeliebte Anhängsel, was es gleich zu verändern galt”, meint er zu den Anfängen. Also wurde entschlossen „ausgemistet” und der Kader vornehmlich mit Perspektivspielern aufgefüllt. Der momentane Erfolg ist ein erster Hinweis, dass der eingeschlagene Weg so verkehrt nicht sein kann: „Das muss unser Ziel sein, jedes Jahr zwei bis drei Talente an die Bundesliga-Mannschaft abzugeben, das wäre optimal”, so Scherr. Und dafür sollte das Team von Trainer Oliver Ruhnert irgendwann einmal noch eine Etage nach oben wechseln, die 3. Liga wäre für Nachwuchsprofis das ideale Sammelbecken. Um ihnen den richtigen Anreiz zu setzen, hat der Chefscout die Talente auch wieder weggeholt aus dem Olympiastützpunkt Wattenscheid, wo sie zwei Jahre gewohnt hatten. Zurück ins eigene Fußball-Internat mit morgendlichem Ausblick auf die schmucke Arena. „Wir wollen ihnen ein bisschen mehr Nestwärme geben und sie hier vor Ort noch mehr für den Verein emotionalisieren”, so Scherr.
Geld liegt auf der Straße
Derweil sichtet die emsige Scouting-Abteilung um Willi Schmalz, Uwe Vester und Manni Dubski die Talente, am liebsten aus der Region. Immer in fairer Abstimmung mit der Konkurrenz aus Dortmund, Bochum, Essen oder Duisburg. Weiterer Baustein der Schalker Jugendbewegung ist die enge Kooperation mit der Gesamtschule Berger Feld, der Eliteschule des deutschen Fußballs: „Die Zusammenarbeit ist optimal, könnte besser nicht funktionieren”, lobt der Nachwuchsleiter. Manchmal stehen die Talente auch auf der Fußmatte. „Neulich hatten wir ein Feriencamp für Acht- bis Zwölfjährige, da waren echte Talente dabei”, wundert sich Scherr. Kapital, was praktisch auf der Straße liegt.