Sinsheim. Der FC Schalke 04 wollte Markus Gisdol nicht als Nachfolger von Huub Stevens zum Cheftrainer befördern. Nun trifft Gisdol mit seinem neuen Klub 1899 Hoffenheim auf Jens Keller. Wir haben vor dem Spiel mit Gisdol über Schalke, Keller, Stevens und Ralf Rangnick gesprochen.

Das Schalker Pokalspiel im nur knapp 100 Kilometer entfernten Darmstadt hat sich Markus Gisdol (44) geschenkt: Er weiß genug über den Gegner. Bis zum 16. Dezember des vergangenen Jahres war Gisdol Co-Trainer bei den Blauen, dann musste er mit Huub Stevens gehen. Karriere machte der Fußballlehrer trotzdem: Seit April ist Gisdol Cheftrainer beim Bundesligisten 1899 Hoffenheim. Am Samstag (15.30 Uhr, live in unserem Ticker) spielt er gegen Schalke, auch ein Duell gegen Jens Keller.

Herr Gisdol, viele hätten Ihnen im vergangenen Winter nach der Entlassung von Huub Stevens den Cheftrainer-Posten auf Schalke zugetraut – Sie sich auch?

Markus Gisdol: Ach, darum geht es nicht. Ich habe damals einfach geschaut, was auf Schalke passiert, und bin niemandem böse, dass es am Ende nicht so gekommen ist. Ob man sich das dann zugetraut hätte, spielt heute keine Rolle mehr.

Hegen Sie gar keinen Groll, dass Sie zusammen mit Huub Stevens gehen mussten und Jens Keller als B-Jugend-Trainer den Zuschlag bei den Profis bekam?

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Gisdol: Damit muss man klar kommen im Leben. In diesem Geschäft werden Entscheidungen getroffen, und ich habe Verständnis für die Verantwortlichen, dass diese Entscheidung damals so ausgefallen ist. Ich habe es aufgenommen wie man es als Profi machen sollte.

Im Nachhinein könnten Sie ja sogar fast froh sein über die Entwicklung: So sind Sie in Hoffenheim gelandet und haben dort den kaum noch erwarteten Klassenerhalt geschafft, während auf Schalke ständige Unruhe um Jens Keller herrscht…

Gisdol: Die Grundvoraussetzungen waren in Hoffenheim sicher auch nicht unbedingt einfach: Wir hatten einen zu großen Kader mit fast 40 Spielern, es gab keine personelle Kontinuität und auch große Unruhe im Umfeld. Aber mein Vorteil in Hoffenheim war, dass ich den Verein sehr gut kannte, weil ich vor meiner Zeit auf Schalke hier bereits Trainer der U23 war. Und mittlerweile, ja, sind wir wirklich wieder auf einem guten Weg.

Hoffenheim stand, rein sportlich betrachtet, einmal für erfrischenden, schnellen Offensivfußball. Dann wurde dieser Weg verlassen, nach dem Abschied von Ralf Rangnick gab es fünf Trainer in zwei Jahren. Heißt es jetzt wieder: Zurück zu den Wurzeln?

Gisdol: Man kann nichts kopieren, aber wir wollen uns in Zukunft wieder über unseren Fußball definieren – nicht über irgendwelche großen Sprüche oder Tabellenplätze, die als Ziel ausgegeben werden. Unser Merkmal soll unser Stil sein. Meine Idealvorstellung ist: Wenn zwei Mannschaften in neutralen Trikots gegeneinander spielen, dann sollte man die Hoffenheimer an ihrem Spielstil erkennen können.

Als Sie Hoffenheim im April im Abstiegskampf übernommen haben, sind Sie mit der ungewöhnlichen Vorgabe angetreten: Es gehe nicht um den Klassenerhalt, sondern um die Entwicklung. Sind Ergebnisse für Sie zweitrangig?

Gisdol: Nein, sicher nicht. Aber mir geht es um die Art und Weise, wie man an eine Aufgabe herangeht: Jeder Spieler hat auf dem Platz einen Job zu erfüllen – davon hängt es ab, ob der Plan für die Mannschaft aufgeht. Nur wenn die Jobs so erledigt werden, wie man sich das vorher vorstellt, wird auch ein gutes Ergebniss herauskommen können. Aber mein Gedanke vor dem Spiel ist nicht: Gewinnen, gewinnen, gewinnen. Ich überlege mir, wie die Jobs auf dem Platz erfüllt werden können. Die Ergebnisse kommen dann irgendwann ganz von alleine.

Sie gelten mit Ihrer Herangehensweise als Bruder im Geiste von Ralf Rangnick. Würden Sie das so unterschreiben?

Gisdol: Wir sind befreundet und haben im Fußball zumindest viele gemeinsame Ideen darüber, wie man spielen will. Ralf hat mich ja auch als Co-Trainer nach Schalke geholt.

Markus Gisdol auf Schalke mit Huub Stevens.
Markus Gisdol auf Schalke mit Huub Stevens. © Martin Möller / WAZ FotoPool

Das war im Frühjahr 2011 nach der Entlassung von Felix Magath. Ralf Rangnick hat damals gesagt: Schalke hat keinen Plan – ein vernichtendes Urteil. Hat die Schalker Mannschaft jetzt, unter Jens Keller, einen klaren Plan?

Gisdol: Darüber will ich mir aus der Ferne kein Urteil erlauben.

Aber Sie haben Schalke auch nach Ihrer Trennung weiter verfolgt…

Gisdol: Natürlich, Schalke war und bleibt für mich immer ein besonderer Verein. Und ich kann sagen: Schalke hat eine schwierige Rückrunde gut gemeistert und seine Ziele erreicht. Die Mannschaft spielt nicht wild drauf los – da steckt schon eine Spielidee hinter.