Bukarest. . Die Gruppen-Gegner des FC Schalke 04 in der Champions League. Heute: Steaua Bukarest. Hinter dem Hauptstadtklub steht eine der schillerndsten Figuren der rumänischen Gesellschaft: George „Gigi“ Becali war auch schon Präsidentenkandidat. Trainer ist Laurentiu Reghecampf.

George „Gigi“ Becali hat eine Mission. Seit Jahren schwadroniert er von der „Mission des Rumänentums“, als Präsidentenkandidat wollte er ein „Land wie die Sonne am Himmel“ schaffen. Den Fußballclub dieses Mannes, Steaua Bukarest, erwartet der FC Schalke 04 am nächsten Mittwoch (18. September, 20.45 Uhr/live in unserem Ticker) zum Champions-League-Gruppenspiel in der Veltins-Arena. Im Team der ambitionierten Rumänen ist der Trainer noch der beste Kenner der Bundesliga: Laurențiu Aurelian Reghecampf absolvierte in den 2000-er Jahren 118 Erstliga-Begegnungen für den FC Energie Cottbus, Alemannia Aachen und den 1. FC Kaiserslautern.

Der einzige Deutsch-Pole in der Bukarester Mannschaft, Łukasz Szukała, kommt immerhin noch auf 44 Zweitliga-Spiele für den TSV 1860 München. Doch fehlende Erfahrung wollen die Rumänen mit Motivation ausgleichen: Nach 1986 will der ehemalige Soldatenclub endlich wieder einen großen europäischen Titel holen. Damals gelang Steaua-Keeper Helmuth Duckadam das „Wunder von Sevilla“. Im Finale des Europapokals der Landesmeister hielt der Banater Schwabe gegen den FC Barcelona alle vier Elfmeter und besiegelte so den späten 2:0-Sieg der Außenseiter. Obwohl Steaua („Stern“) der erfolgreichste rumänische Fußballclub ist, hat er bislang nicht wieder an die Glanzzeiten in der Mitte der 80-er anknüpfen können.

Eine Art rumänischer Berlusconi

Dabei sehnt sich Steaua-Besitzer „Gigi“ Becali nach dem ganz großen Triumph. Der Mann, eine Art rumänischer Berlusconi, Politiker und Geschäftsmann, eine der schillerndsten Figuren der Bukarester Gesellschaft, denkt gern in höheren Kategorien und hält sich selbst für den „Retter der Nation“. Von seiner eigenen „göttlichen Berufung“ ist er felsenfest überzeugt, wie er einmal in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel erklärte. George Becali hat Millionen in den Club investiert. Kritiker behaupten, ohne sein Engagement wäre Steaua längst in der Drittklassigkeit verschwunden. Auch die internationalen Ambitionen wären durch hausgemachte Fehler beinahe im Keim erstickt worden: Wegen Verstößen gegen die Zulassungskriterien hat die Europäische Fußball-Union den Hauptstadtclub erst im Juni für fünf Jahre von europäischen Wettbewerben ausgeschlossen, die Strafe aber zur Bewährung ausgesetzt. Fans und Spieler konnten aufatmen.

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Am tiefsten atmete vermutlich George Becali selbst auf. Der Mann stammt aus einer Schafzüchterfamilie, die in den Jahren nach der Wende 1989 mit Immobilienspekulationen und Importgeschäften Millionen gemacht hat. Er gründete Parteien, zerstritt sich, schmiedete später trotz rechtsnationaler Ansichten ein Bündnis mit den Sozialdemokraten. Er saß schon im Europäischen Parlament und ist seit 2012 Abgeordneter für einen Bukarester Wahlkreis. Ein illegaler Grund­stücksdeal mit dem rumänischen Verteidigungsministerium hätte George Becali im Sommer 2013 fast hinter Gitter gebracht, doch auch diese Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Wie er sich sein Glück erklärt? „Weil ich der stärkste und mächtigste Mann Rumäniens bin“, sagt der 55-Jährige. „Insgesamt gesehen. Ökonomisch, politisch, geistig. Mein Alter und sogar mein Aussehen, denn ich sehe ja stärker aus als andere Politiker. All das zusammengenommen sind die Tugenden, die mir Gott gegeben hat. Ich bin imstande, mich aufzuopfern.“

Steaua-Boss denkt in großen Dimensionen

Der ganz große Triumph blieb ihm jedoch bis heute verwehrt. Also fordert George Becali nun von der Mannschaft dieselbe Leidensfähigkeit. Schließlich denkt der Mann in den ganz großen Dimensionen. Er zahlt Spielern und Trainern überhöhte Gehälter, damit bei denen gar nicht erst der Wunsch nach einem Vereinswechsel aufkommt. Traian Istudor, Deutsch-Lehrer und treuer Steaua-Fan, der sich wehmütig an die glorreichen 80-er Jahre erinnert, sagt etwas beschämt: „Ein Großmaul wie Becali würde in Deutschland gar nicht ernst genommen. In Bukarest ist leider alles möglich, und so gibt Becali trotz Bewährungsstrafe immer noch den Ton an.“ In Bukarest mag alles möglich sein, doch das erste Spiel muss der Stern in Gelsenkirchen bestreiten.

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Im Spätherbst wird sich dann zeigen, ob „Gigi“ Becali seine Mission erfüllen kann. Mit Rückschlägen hat er trotz kesser Lippe schon Erfahrung: Als er 2004 für das Amt des Staatspräsidenten kandidierte, wählten ihn gerade 1,77 Prozent der Wahlberechtigten. Zu wenig, um die Nation zu retten. Eine neue Sonne mochte jedenfalls am rumänischen Himmel nicht aufgehen. Und bislang auch noch kein Champions-League-Stern.