Gelsenkirchen. Vor dem Spiel der Königsblauen an diesem Samstag in München sind die Rollen klar verteilt. Es gab auch mal andere Zeiten. 1976 fegten die Schalker die Bayern mit 7:0 vom eigenen Feld. Manni Dubski schwärmt davon noch heute.
Wer dem ins Taumeln geratenen FC Schalke 04 für das Auswärtsspiel am Samstag beim Tabellenführer Bayern München einen 7:0-Sieg prophezeien würde, der dürfte sich nicht darüber beschweren, wenn er auf Unzurechnungsfähigkeit überprüft würde. Aber: Dieses Ergebnis gab es schon mal, am 9. Oktober 1976, und Manfred Dubski war dabei. „Manni“, gebürtiger Bottroper, war ein unermüdlicher Kämpfer, der Könner wie Erwin Kremers, Klaus Fischer, Hannes Bongartz und Rüdiger Abramczik selbstlos unterstützte. Seit 1992 bildet der heute 58-Jährige Schalker Talente aus, momentan ist er Co-Trainer der in der Regionalliga spielenden U 23
Sagen Sie mal, Herr Dubski, wie gewinnt man eigentlich 7:0 bei Bayern München?
Manfred Dubski: Ach, das war ein Jahrhundert-Ergebnis. Es ist bis heute nicht richtig zu erklären. Bei den Bayern lief an diesem Tag nichts, bei uns alles, wir haben uns in einen Rausch gespielt.
Das Spiel Ihres Lebens?
Dubski: Ja, zumal ich ja auch noch Torschütze war.
Einen Rat können Sie also den aktuellen Schalker Profis vor diesem Samstag nicht geben?
Dubski: Ich maße es mir nicht an, einer nachfolgenden Generation zu empfehlen, wie sie in München aufzutreten hat. Einen Tipp aber hätte ich: Auch dieses Spiel muss erst einmal gespielt werden, man ist nie komplett chancenlos. Deshalb sollte man nie schon vorher denken, dass da nichts zu holen ist. Im Gegenteil: Schalke hat bei den Bayern doch nichts zu verlieren.
Sie kennen den neuen Trainer Jens Keller aus der Nachwuchs-Abteilung. War es zu gewagt, den U-17-Trainer zu befördern?
Dubski: Jeder muss doch irgendwann mal anfangen dürfen. Und wenn man sich einmal für diesen Mann entschieden hat, dann muss man auch hinter ihm stehen. Auf keinen Fall sollte man ihn wieder ablösen.Welche Gründe für Schalkes Abwärtstrend vermuten Sie?Bei den Spielern ist es eine Kopfsache. Der Trainer gibt alles. Was er jetzt braucht, ist einfach mal Glück. Er hat ja keinen Einfluss darauf, dass Raffael gegen Fürth nur den Pfosten trifft.
Vielleicht fehlt ja auch der eine oder andere Dubski, der sich nicht zu schade für Drecksarbeit ist.
Dubski: Das Spiel hat sich allerdings verändert. Damals galt der berühmte und oft wiederholte Trainer-Satz: Wenn dein Gegenspieler zur Toilette geht, dann gehst du mit. Den Paul Breitner habe ich mal in München so genervt, dass er mich gefragt hat: Dubski, willst du gar keinen Fußball spielen? Das geht heute nicht mehr, nur gegen den Mann zu spielen. Solche Spieler kann man heute nicht mehr ausbilden.
Was zeichnet ein Talent aus?
Dubski: Auch Ehrgeiz ist ein Talent. Ich wollte damals immer mehr, schon vor meiner Profizeit. Erst Niederrheinauswahl, dann Jugend-Nationalmannschaft. Ich habe mich auch dann weiter gequält, wenn ich dachte, es geht eigentlich nicht mehr. Und ich war total stolz, als eines Tages in unserer Zechensiedlung in Bottrop Schalkes Präsident Günter Siebert mit einem roten 350er SL vorfuhr – das war auch für die Nachbarn ein Highlight. Ich war Dreher, und meine Eltern verlangten, dass ich erst noch ein Jahr lang meine Lehre beenden musste.
Noch heute eine kluge Strategie...
Dubski: Es ist fatal, wenn den Jungs etwas passiert und sie keine Absicherung haben. Viele sind sich auch gar nicht im Klaren darüber, wie schwer es wirklich ist, in der Bundesliga Fuß zu fassen. Ich habe schon mehrmals gedacht: Wenn der es nicht schafft, wer dann? Und dann ist er doch runtergefallen.
Wie Alexander Baumjohann, den Sie mal als eines der größten von Ihnen betreuten Talente bezeichnet haben?
Dubski: Da muss man differenzieren. Er hat ja den Sprung in die Bundesliga geschafft. Aber ihm fehlte etwas. Ich habe zu ihm gesagt: Wenn ich dein Talent gehabt hätte, wäre ich Nationalspieler geworden. Diesen letzten Biss kannst du als Trainer nicht vermitteln.
Auch Manuel Neuer, Mesut Özil, Benedikt Höwedes und Julian Draxler sind durch Ihre Hände gegangen. Macht Sie das stolz?
Dubski: Ja, aber sie sind nicht durch mich so weit gekommen Ich habe nur meinen Teil dazu beigetragen.
Die Jungen verdienen heute sehr früh viel Geld. Aber sie opfern ihre Jugend, ein Party-Samstag vor dem Sonntag-Spiel ist nicht drin.
Dubski: Die haben richtig Stress. Schule und Fußball auf diesem Niveau sind eine enorme Doppelbelastung. Deshalb darf man auch nicht nur fordern, ich habe ihnen immer auch Spaß vermittelt.