Gelsenkirchen. Zweimal Spitzenreiter, einmal Rang 2: Der Schalker Nachwuchs feierte eine überragende Hinrunde. Im großen Interview blickt der administrative Leiter der Nachwuchsabteilung, Bodo Menze, auf die starke Hinrunde zurück. “Aber ich bin auch Realist und weit entfernt davon, die Bodenhaftung zu verlieren“, versichert er.

Während über die Feiertage die Stimmung in der Profiabteilung des FC Schalke 04 eher gedämpft war, brauchte man sich um die Atmosphäre in der Knappenschmiede keine Sorgen zu machen: U 19 wie U 17 überwintern als souveräne Tabellenführer, und die U 23 liegt in der Regionalliga auf Rang zwei in Lauerstellung mit allerbesten Aufstiegschancen. Grund genug, um mit Bodo Menze (59), dem Administrativen Leiter der Schalker Nachwuchsabteilung, eine Halbzeitbilanz zu ziehen.

Herr Menze, auf den diversen Weihnachtsfeiern der einzelnen Abteilungen soll es hoch hergegangen sein?

Bodo Menze: Die Stimmung war wirklich gut, was ja aufgrund der Erfolge nicht verwunderlich ist. Aber ich bin auch Realist und weit entfernt davon, die Bodenhaftung zu verlieren. Erst am Ende der Saison wird wirklich abgerechnet.

Welche der drei Mannschaften hat Sie denn bislang am meisten überrascht?

Menze: Da muss man differenzieren. Für die U 19 als Deutscher Meister war es nicht selbstverständlich, nach all den altersbedingten Abgängen das Erbe zu übernehmen. Das war ein schweres Stück Arbeit für Trainer Norbert Elgert, aber nun sind sie sehr, sehr gut in der Spur. Das Selbstvertrauen kam letztlich durch die positiven Ergebnisse.

Und die U 17?

Menze: Da liegt es vornehmlich an der Qualität der Spieler sowie des Trainers. Aber machen wir uns nichts vor: Ein Selbstläufer ist es nicht, auch diese Mannschaft trainiert sich nicht von alleine, da braucht man auch als Coach ein glückliches Händchen.

Der ja bekanntlich nun zur Ersten wechselte und man nun wieder auf Nachfolgesuche ist.

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Menze: Wir suchen eine interne Lösung, dazu stehe ich mit Oliver Ruhnert, unserem Sportlichen Leiter, in ständigem Kontakt. Es gibt einige Lösungsmöglichkeiten. Wir dürfen uns vom souveränen Tabellenplatz nicht verleiten lassen: Dies ist keine einfache Mannschaft, mit echten Typen, die kann keiner von der Straße trainieren.

Wann wird die Lösung gefunden sein?

Menze: Wir werden nichts überstürzen, hoffen aber, zum Trainingsstart Anfang Januar fündig geworden zu sein.

Bliebe noch der älteste Unterbau in der Regionalliga, der sogar um die Chance spielt, in die Dritte Liga aufzusteigen.

Menze: Da war der entscheidende Schritt, dass nun gute Trainer mit guten Spielern arbeiten können, was vor allem ein Verdienst unserer Scouting-Abteilung ist.

Wenn doch die Jugend das Kapital der Zukunft ist, dann steht der FC Schalke 04 aber vor wohlhabenden Zeiten, oder?

Menze: Da bleibt erst noch abzuwarten, wer wirklich den Sprung in den bezahlten Fußball schafft. Denn Talent allein reicht nicht. Da sind noch andere Faktoren entscheidend: Leistungsbereitschaft plus Klarheit in der Birne plus Umfeld plus im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein plus ein Trainer, der einem das Vertrauen schenkt. Somit nehmen wir die erfolgreiche Hinrunde gerne als Abfallprodukt mit, aber nicht als das Hauptkriterium.

Es fällt auf, dass die Meisterspieler aus der U 19 es doch schwer haben, sich in der U 23 ihren Stammplatz zu erkämpfen.

Menze: Die Phase zwischen der U 19 und der U 23 sehe ich als Übergangsbereich. Hier brauchen die Spieler Minimum ein halbes Jahr bis zu einem dreiviertel Jahr, ehe sie ihr ganzes Leistungsvermögen abrufen. Das ist völlig normal.

Wiederum ist zu bemerken, dass die wirklich großen Talente aus der U 19 gar nicht den Umweg über die U 23 gehen, sondern sofort ihren Weg zu den Profis machen, siehe zuletzt Julian Draxler.

Menze: Tatsächlich sind das die Außergewöhnlichen, auf sie trifft es zu. Wie auch bei Mesut Özil, Benedikt Höwedes oder Manuel Neuer. Sie alle haben ihre Chance genutzt, aber die Jungs wurden oben auch gebraucht, das darf man dabei nicht vergessen. Das spricht natürlich für den Mut der betreffenden Trainer, aber auch für das ganz hohe Niveau in der U 19.

Woran Norbert Elgert ja schon seit vielen Jahren einen ganz erheblichen Anteil hat.

Menze: Dass Norbert Elgert seinen Vertrag erneut verlängern wird, darüber bin ich sehr froh.

Dass in der Jugend ganz vorzügliche Arbeit geleistet wird, das weckt natürlich auch die Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz. So wurde das nächste Riesentalent, der 17-jährige Max Meyer, erst jüngst mit einem Fördervertrag bis 2015 gebunden. Was passiert denn, wenn ein europäischer Spitzenklub mit einem hoch dotierten Vertrag winkt?

Menze: Seit 1999 sind wir gebrannte Kinder, da hat uns Arsene Wenger Moritz Volz nach Arsenal gelockt. Dafür gibt es nun diese Förderverträge, die juristisch in ihrer Bedeutung mit einem Lizenzspielervertrag auf Augenhöhe sind.

In Sachen Torhüter-Talente läuft es nicht ganz so glücklich: Nach Patrick Rakovsky (Nürnberg) und Lukas Raeder (Bayern) scheint mit dem 18-jährigen Hendrik Bonmann (RWE) das nächste große Talent verloren gegangen zu sein. Bonmann hat beim BVB einen Dreijahresvertrag bekommen und soll zum Nachfolger Roman Weidenfellers aufgebaut werden. Bonmann wurde vor eineinhalb Jahren aufgrund seiner damaligen geringen Körpergröße in Schalke aussortiert. Ein Fehler?

Menze: Solche Dinge passieren, die sehe ich als nicht so tragisch an. Damals war es nun mal eine Momentaufnahme, wo wir das Für und Wider abwägen mussten. Da wusste man noch nicht, in welche Richtung der Zug fährt. Im Übrigen ist es ein perfektes Beispiel, wie richtig es war, den Spielbetrieb der U 16 wieder aufzunehmen, damit solche Dinge nicht mehr passieren. Nebenbei bemerkt, führt die U 16 außer Konkurrenz auch die Westfalenliga an, gegen zum Teil ältere Gegenspieler.