Klagenfurt. Nach überstandener Knieverletzung und der Verlängerung des Vertrages um vier Jahre fühlt sich der peruanische Rechtsaußen richtig gut. Sein Tempo gibt der Mannschaft eine besondere Qualität. Im Trainingslager spielt er nicht nur – er spricht sogar.

Zum Training in der EM-Arena von Klagenfurt kamen die Profis des FC Schalke 04 auch am Montagvormittag auf Fahrrädern. Das Teamhotel am Wörthersee ist nur ein paar Minuten entfernt, da muss der königsblaue Mannschaftsbus gar nicht erst bewegt werden. Für Jefferson Farfan ist so ein zweirädriges Fortbewegungsmittel allerdings ähnlich attraktiv wie eine Kirmesgondel für einen Astronauten. Lamborghini, Ferrari, das sind die Marken, die dem peruanischen Nationalspieler ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Beschleunigung bedeutet für einen wie ihn, dass die Tränen der Begeisterung seitwärts zu den Ohren hin abfließen.

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Und überhaupt: An Tagen, an denen die Bedingungen stimmen, ist er als Rechtsaußen ja schon auf zwei Beinen so flott unterwegs, dass er auch gegen professionelle Radsprinter antreten könnte. Er beherrscht die Kunst, auch in höchstem Tempo nicht die Kontrolle über die Kugel zu verlieren. Das macht ihn einzigartig.

Er weiß das, seinen sportlichen Wert trägt er auch gerne mal zur Schau; man muss schon ein bisschen speziell sein, wenn man sich seinen Namen in geschwungenen Großbuchstaben auf den Rücken tätowieren lässt. Auffälliger Schmuck, teure Uhren, die Autos: Jefferson Farfan versteckt auch seinen Reichtum nicht. Umso stärker fällt der Gegensatz auf, wenn sich der 27-Jährige auf einem Terrain bewegt, auf dem er sich nicht ganz so sicher fühlt. Am Montagmittag sitzt Jefferson Farfan auf der Terrasse des Mannschaftshotels vor einer kleinen Runde von Medienvertretern und tut sich dabei schwerer als vor einem Rudel gegnerischer Verteidiger. Er versteht die Fragen, das lässt er durch Nicken erkennen, doch er traut sich nicht, auf Deutsch zu antworten. Doch selbst, als er Spanisch spricht, ist er kaum zu vernehmen, denn der Dolmetscherin an seiner Seite wendet er sich nur flüsternd zu. Nervös wippt ein Bein auf und ab, der Blick sucht Halt. Er fühle sich gut, lässt er wissen, besser als in der vergangenen Saison, als ihm eine Knieverletzung zu schaffen machte. Nun ja.

Farfan lässt seinen Charakter erkennen

Jefferson Farfan braucht eine Zeit, um warm zu werden. Als er merkt, dass er doch nicht im Zahnarztstuhl sitzt, spricht er auch mal ein deutsches Wort und lässt dabei seinen Charakter erkennen. Er liebt kleine Scherze, deshalb zeigt er bei der Frage, wer der geeignete Kapitän für Schalke sei, wie ein Schuljunge auf und ruft lachend: „Ich!“ Zur Sicherheit lässt er dann aber die Dolmetscherin aufklären, dass er mit diesem Amt definitiv nichts zu tun haben wolle. Jeff bleibt Jeff, sein Ding ist der Fußball und nicht die Diplomatie.

Schalke 04 hat eine anstrengende Saison mit ihm hinter sich. Sportlich war er wichtig, keine Frage, aber hinter den Kulissen nahmen die Verhandlungen um eine Vertragsverlängerung absurde Züge an. Erste Forderungen und spätere Verzögerungen erschienen dem Klub so unverschämt, dass er die Gespräche abbrach. Erst am Saisonende, als Farfans Berater noch immer keinen grenzenlos zahlungswilligen Alternativklub gefunden hatten, kamen die Schalker wieder ins Spiel: Sie streckten sich, und Farfan unterschrieb einen Vertrag bis 2016.

Jefferson Farfan mit Schalke-Trainer Huub Stevens.
Jefferson Farfan mit Schalke-Trainer Huub Stevens. © imago

Bei ihm weiß man schließlich, was man hat. Selbst wenn er sich ab und zu eine Auszeit genehmigt – dieser Hochgeschwindigkeitsfußballer verleiht der Mannschaft eine besondere Note. Und er sorgt auch mal für Spaß bei der Arbeit. Deshalb war die von gnadenloser Humorlosigkeit geprägte Felix-Magath-Ära für ihn wie ein Zwangsdienst in der Vorhölle.

Vier Jahre in Königsblau

Obwohl ihm das Image eines Fußballsöldners anhaftet, hat Jefferson Farfan jetzt schon vier Jahre in Königsblau hinter sich, und für die nächsten vier hat er sich einiges vorgenommen. Er traue sich durchaus zu, selbst auch mehr zu Tore zu schießen, jetzt, da Raúl nicht mehr da ist, lässt er übersetzen. Und dann fügt er überraschend auf Deutsch hinzu: „Dafür muss ich egoistischer werden.“

Sein größtes Ziel aber ist nur bedingt ein persönliches, eher ein gemeinschaftliches: „Ich möchte während meiner Zeit auf Schalke auf alle Fälle einmal Meister werden“, sagt er. Die Fans hätten sicher nichts dagegen, wenn sich dieser Wunsch im Farfan-Tempo erfüllen würde: so schnell wie möglich.