Gelsenkirchen. . Der Bundestrainer hat Schalkes Top-Talent in das erweiterte Aufgebot für die Europameisterschaft berufen. Es ist ein kluger Vorgriff auf die Zukunft. Ein Kommentar.

Der David Odonkor des Jahres 2012 heißt Julian Draxler. So überraschend wie damals die Nominierung der Dortmunder Rasen-Rakete in das WM-Aufgebot von 2006 kam diesmal die Berufung des hochtalentierten Schalkers. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied. Damals war es eine Maßnahme, die aus der Not geboren wurde. Hätte Jürgen Klinsmann ein gesunder Sebastian Deisler zur Verfügung gestanden, wäre über David Odonkor nie diskutiert worden. Diesmal ist das Aufgebot qualitativ hochwertiger besetzt, und die Hinzunahme von Julian Draxler ist bereits ein kluger Vorgriff auf die Zukunft.

Das Kriterium „zu jung“ gibt es bei Löw nicht

Draxler, das muss man betonen, könnte derzeit immer noch für Schalkes A-Junioren spielen. Den sportlich Hochbegabten zu fördern und zu fordern und dabei die richtige Balance zu finden, das ist die Kunst. Den Schalkern ist das gut gelungen, Trainer Huub Stevens hat den Jungen nicht verheizt. Jetzt steht die nächste Entwicklungsstufe an. Raúl geht, Draxler kann im Idealfall dessen Position übernehmen. Er wird sie aber anders interpretieren. Mehr als Zehner, als Spielmacher im klassischen Sinn. Torgefahr nicht ausgeschlossen.

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Sollte ihm auch dieser Schritt gelingen, wird nach der EM ohnehin mit ihm auch in der Nationalmannschaft zu rechnen sein. Für Löw gab es das Kriterium „zu jung“ auch schon bei Mario Götze nicht, den er ebenfalls schon als A-Jugendlichen ins internationale Rennen warf. Der Perspektivspieler Julian Draxler kann und soll in den nächsten Wochen im Kreis der DFB-Elite vieles lernen, und diese Lehrzeit wird sich garantiert auszahlen: für Draxler und für Löw.

Im Normalfall ist Julian Draxler momentan noch einer der Streichkandidaten für die bevorstehende EM. Wenn es dazu kommen sollte, dass er nicht zum endgültigen Aufgebot zählt, muss es ihn nicht weiter schmerzen. Falls sich aber ein anderer offensiver Mittelfeldmann noch verletzen sollte, wäre es ganz sicher auch kein Risiko, den jungen Schalker schon zu dieser Europameisterschaft mitzunehmen. Er hat in der Bundesliga hinlänglich bewiesen, dass er vor schweren Aufgaben kein Nervenflattern bekommt.