Gelsenkirchen. . Senor Raúl begründet seinen Abschied von Schalke mit dem Wunsch, mehr Zeit für die Familie zu haben. Der Wechsel in den Katar zeichnet sich ab. Schalke wird die Nummer 7 vorerst nicht mehr vergeben. Schalke-Manager Horst Heldt dankte Raúl für „zwei perfekte Jahre“.
Es war eine gedrückte Stimmung im „Schalker“, der Kneipe am Trainingsplatz, in der sich die treuesten Fans versammeln. Auf den Fernsehschirmen wurden die Bilder aus dem Presseraum der Arena nebenan live übertragen. Und als Manager Horst Heldt sagte, Schalke werde das Trikot mit der Nummer 7 „auf unbestimmte Zeit nicht mehr vergeben“, schluchzte ein Anhänger: „Jetzt krieg’ ich doch noch Wasser inne Augen“.
Ein Tag mit ganz viel Pathos. Wie immer auf Schalke bei solchen Anlässen.
Auch im Presseraum der Arena war Schwermut zu spüren, obwohl Senor Raúl Gonzales Blanco ein Lächeln übers Gesicht huschte, als er um 13.08 Uhr aufs Podium kletterte, um seinen Abschied von Schalke zu verkünden. „Die Entscheidung ist mir schwer gefallen, aber dennoch ist sie gut für mich“, sagte er. Und erzählte, was ihn zu diesem Schritt veranlasst habe: Raúl möchte künftig mehr Freiraum für die Familie haben, deswegen werde er in eine Liga außerhalb Europas wechseln, in der die sportlichen Anforderungen dann nicht mehr ganz so hoch seien. „Die Bundesliga ist eine sehr anspruchsvolle Liga, da bleibt einem wenig Zeit für die Familie“, erklärte Raúl. Schalkes Manager Horst Heldt nannte diesen Grund unschlagbar: „Das war das Hauptargument, gegen das wir nicht ankämpfen konnten.“ Denn Schalke sei nächstes Jahr in der Bundesliga und im Europapokal wieder viel unterwegs. Und Raúl will sich mit dann 35 Jahren mehr seinen fünf Kindern und seiner Ehefrau Mamen Sanz widmen: „Ich möchte jetzt ein neues Leben beginnen.“
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Adios Amigo, adios Schalke. „Vielen, vielen Dank“, sagte der Senor – auf Deutsch und diesmal ohne Dolmetscher.
Schalkes Aufsichtsratschef Tönnies reihte Raúl direkt hinter Kuzorra und Szepan ein
Auch Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies war von der Rührseligkeit dieses Tages befallen und reihte Raúl bei den Schalker Legenden direkt hinter Ernst Kuzorra und Fritz Szepan ein – vielleicht lag es daran, dass der Spanier ihn als „Präsident“ bezeichnete. „Abgesehen von den Spielern, die man den Schalker Kreisel nannte, bist du der Superstar, der Glanz nach Schalke gebracht hat“, sagte Tönnies. Manager Heldt dankte für „zwei perfekte Jahre“, und Trainer Huub Stevens lobte Raúl als „richtigen Teamspieler“ – das trifft es wohl gut. Denn als der Spanier dies alles hörte, sagte er in seiner typischen, zumindest äußerlich von großer Bescheidenheit geprägten Art: „Ich hätte noch viel mehr Tore schießen und Titel holen müssen, um Schalke all’ das zurückzugeben, was ich hier an Respekt und Zuneigung erfahren habe.“ Schalke gewann mit ihm den DFB-Pokal, zog ins Halbfinale der Champions League ein und liegt jetzt wieder auf Königsklassen-Kurs. Schön war die Zeit.
Raúl, dem nach eigener Aussage zwei Angebote von Klubs außerhalb Europas vorliegen, wird wahrscheinlich in den Katar wechseln: Dort soll er einen Vier-Jahres-Vertrag und noch viel mehr Dollar-Millionen pro Saison erhalten. Es sei ihm wichtig, erklärte er, dass er weiter Fußballspielen und trotzdem schon „die Weichen für das Leben nach der Karriere stellen“ könne. Im Vorfeld der WM 2022, die im Wüstenstaat Katar stattfindet, gibt es dort viel zu repräsentieren und auch zu verdienen. Und so hat, ganz am Ende der Geschichte, dann doch auch der finanzbewusste Profi in Raúl gesiegt: gegen den Sport-Romantiker, der mit Schalke noch ein allerletztes Mal in der Champions League hätte spielen können.
Auch Libuda und Abramczik trugen auf Schalke die "7"
Am Dienstag, sagte Horst Heldt, habe er „erfahren, dass die Entscheidung feststeht“ – geahnt hatte er es schon vorher. Ein Denkmal hat Schalke seither zwar noch nicht errichtet – symbolisch aber steht zumindest der Sockel: Dass die 7 nicht mehr vergeben wird, ist von überragender, manche meinen sogar übertriebener Bedeutung. Die 7 trugen schon andere Schalker Legenden. Stan Libuda beispielsweise, oder Rüdiger Abramczik. Bei der Jahreshauptversammlung 2013 soll Raúl zudem von den Mitgliedern in die Ehrenkabine gewählt werden – die Zustimmung dürfte bei 100 Prozent liegen. Und im Jahr 2013 soll Raúl dann noch ein Abschiedsspiel auf Schalke bekommen – dass es dann nur einen passenden Gegner geben kann, versteht sich von selbst. Hoffentlich hat Real Madrid Zeit...
In acht Tagen, am 28. April, geht es in der Arena ganz profan gegen Berlin – dann wird Raúl beim letzten Heimspiel dieser Saison vor den eigenen Fans verabschiedet. Er könnte sich auf diesen großen Tag freuen, doch am Donnerstag wirkte Raúl so, als fürchte er sich davor. „Das wird schwierig, sehr emotional“, sagte Raúl. Nicht nur für ihn.
Raul verlässt Schalke 04