Leverkusen. Nach dem 1:0-Erfolg in Leverkusen war Schalke-Torwart Lars Unnerstall der Animateur für Fans und Mitspieler - wie vor eineinhalb Jahren Manuel Neuer an gleicher Stelle. Für den Sieg sorgte der fantastische Jefferson Farfan.
Vor eineinhalb Jahren war Manuel Neuer auf den Zaun der Bay-Arena gestiegen. Der Torwart hatte sich ein Megaphon in die Hand drücken lassen und den Animateur für Fans und Mitspieler gegeben. Der an jenem 27. März 2010 noch von Felix Magath trainierte FC Schalke 04 hatte durch zwei Treffer von Kevin Kuranyi mit 2:0 in Leverkusen gewonnen – und allein die Namen der Protagonisten zeigen, dass aus dieser Zeit nur wenig übrig geblieben ist.
Und doch spielten sich am Sonntag an gleicher Stelle fast die gleichen Szenen ab, nur mit anderen Hauptdarstellern. Diesmal war es Jefferson Farfan, der mit seinem Goldenen Tor in der 83. Minute mit einem perfekten Abschluss nach einem sensationellen Sololauf über 70 Meter das Spiel in Leverkusen zu Schalkes Gunsten entschied, und diesmal war es Lars Unnerstall, der sich gerne von den Fans locken ließ. Der 21-jährige Torhüter kletterte wie damals Neuer auf den Zaun und hatte mächtig Spaß an seiner Rolle als Einpeitscher. Hinter ihm auf dem Rasen tanzte der Rest der Mannschaft ausgelassen Pogo.
Kein Grund für einen Torwartwechsel
Unnerstall hatte nach der Verletzung von Ralf Fährmann und trotz der Verpflichtung von Timo Hildebrand forsch angekündigt, seinen Platz im Schalker Tor nicht kampflos wieder hergeben zu wollen. „Das war mutig von ihm, manchmal setzt man sich damit auch selbst unter Druck“, meinte Manager Horst Heldt. „Aber Lars hat seinen Worten auch Taten folgen lassen.“ Einen Grund für einen Torwartwechsel am Mittwoch im Pokalspiel in Karlsruhe hat Heldt jedenfalls nicht entdecken können, auch wenn es Trainer Huub Stevens mit dem Lob für den Jungen nicht übertreiben wollte: „Natürlich sind wir froh darüber, dass Lars Unnerstall seine Sache gut gemacht hat, aber alle unsere Torhüter werden in Zukunft den Konkurrenzkampf annehmen müssen.“
Unnerstall hatte bei diesem wegweisenden 1:0-Sieg, mit dem sich Schalke auf den dritten Platz vorschob, erstaunliche Nervenstärke bewiesen. Er stand gut, er hielt sicher, er reagierte schnell – und das von Beginn an. Wie konnte er als junger und vor allem unerfahrener Mann nur so ruhig bleiben? Unnerstall grinste und gab eine Erklärung, die kein weiteres Nachfragen erforderte: „Ich komme doch aus dem Münsterland!“
Huub Stevens hatte aber durchaus gute Gründe dafür, den Sieg keinem Einzelnen, sondern allen Spielern gutzuschreiben. „Vor allem die Defensive war hervorragend“, meinte der Niederländer. „Ich habe sie in der letzten Woche noch kritisiert, diesmal aber kann ich nur sagen: super!“ Stevens stellte heraus, dass dieses Kompliment auch an die Angreifer adressiert war, die durch enorme Laufarbeit schon vorne damit begonnen hatten, die Passwege der Leverkusener zuzustellen. Ganz stark präsentierten sich auch Mittelfeld-Abräumer Jermaine Jones und Innenverteidiger Joel Matip.
Und dann war da noch Jefferson Farfan, dessen Selbstbewusstsein aus dem Weltraum zu sehen ist. In der 83. Minute köpfte Kyriakos Papadopoulos den Ball aus dem Strafraum, Farfan drückte Andre Schürrle weg (was die Leverkusener bestraft sehen wollten) und raste dann los. Schalke konterte in Überzahl, Farfan rannte einfach durch in Richtung Tor, er hätte dabei wohl auch eine Büffelherde abgehängt. Zielsicher steuerte der Peruaner beim Abschluss den Ball mit dem rechten Fuß ins linke Eck.
Farfan sitzt am längeren Hebel
„Überragend“, kommentierte Horst Heldt diese Einzelleistung hocherfreut. Langfristig aber weiß der Manager immer noch nicht, woran er bei Farfan ist. Der Vertrag läuft zum Saisonende aus, das neue Schalker Angebot liegt auf dem Tisch, der peruanische Spielerberater rührt sich nicht – „und Jeff lacht immer“. Der umworbene Profi sitzt am längeren Hebel. „Wir behandeln Jeff sehr respektvoll“, sagt Heldt, „aber ich hätte gerne auch mal eine Entscheidung.“
So viel steht fest: Ein Mann mit solchen Qualitäten lässt sich nicht locker ersetzen. Aber das weiß Schalke nicht erst seit Sonntag.