Gelsenkirchen.
Das neue Gesicht von Schalke: Es zeigt die pure Jugend. Doch im Gespräch wirkt Julian Draxler schon bemerkenswert reif für seine 17 Jahre. Der Schüler aus Gladbeck spricht über sein erstes halbes Jahr im Profifußball, ein Angebot von Juventus Turin und einen Satz, der ihm in den Mund gelegt wurde: „Ich würde nie zum FC Bayern gehen.“ Seinen Vertrag in Schalke hat er bis 2016 verlängert.
Auf Ihrer Homepage geben Sie den Gewinn der Westdeutschen Meisterschaft mit der U15 als bisher größten Erfolg Ihrer Karriere an. Verläuft alles so rasant, dass Sie mit dem Eintragen der Erfolge gar nicht nachkommen?
Julian Draxler (lächelt): Nein, daran liegt es nicht. Meine neue Homepage ist gerade in Bearbeitung. Das wird in kurzer Zeit geändert werden.
Manager Horst Heldt hat gesagt, dass Sie das neue Gesicht von Schalke 04 werden sollen. Jede Menge Verantwortung für einen, der 17 Jahre jung ist…
Draxler: Die Verantwortung ist natürlich groß, aber bei mir überwiegt die Freude, dass der Verein mir so viel Vertrauen schenkt. Das möchte ich zurückzahlen. Eine Belastung ist das für mich überhaupt nicht.
Sie sind jetzt seit einem halben Jahr Profi. Ist es so, wie Sie es erwartet haben?
Draxler: Ja, in etwa schon. Es ist sehr viel passiert, mit der Champions League, der Trainer-Entlassung und dem Pokalsieg.
Anfangs gab es den Wirbel um Ihren Schulabbruch…
Draxler: Ich hatte nie damit gerechnet, dass das so hohe Wellen schlagen würde. Aber im Nachhinein kann man vielleicht sogar sagen, dass es mir gut getan hat, weil ich die Schule ja dann doch fortgeführt habe. Die elfte Klasse werde ich jetzt auf jeden Fall schaffen. Und danach versuche ich, mein Fach-Abi zu machen.
In der Schule haben Sie als Schalke-Star sicher jetzt viele neue „Freunde“...
Draxler: Unter meinen engsten Freunden hat sich zum Glück nichts verändert – für die bin ich immer noch der gleiche Julian. Aber es sind schon ein paar Leute von außen dazu gekommen, die auf einmal sagen: Weißt du noch, wir kennen uns doch von früher.
Wie real war es für Sie, als ein Verein wie Juventus Turin plötzlich sehr viel Geld für Sie bezahlen wollte?
Draxler: Das war schon verrückt. Ich hatte das zunächst überhaupt nicht mitbekommen. Ein Freund schickte mir eine SMS: Auf einer Internet-Seite stünde, dass Juventus Turin sieben Millionen Euro für mich geboten hätte, Schalke aber abgelehnt habe. Für mich war klar, dass da irgendjemand in einem Forum Mist erzählt hat. Aber als ich dann meinen neuen Vertrag in Schalke unterschrieben habe, hat mir Horst Heldt bestätigt, dass da wirklich was dran war. Doch die Frage eines Wechsels hat sich natürlich überhaupt nicht gestellt, weil ich mich auf Schalke super wohl fühle.
Bei einem Fan-Treffen haben Sie einmal sogar gesagt: „Ich würde nie zum FC Bayern gehen“. Sagen Sie das in diesem Gespräch auch?
Draxler: Also, ich muss das mal klarstellen. Den Satz selbst habe ich so nie ausgesprochen, der wurde mir nur in den Mund gelegt. Bei dem Fan-Treffen wurde ich gefragt, ob ich denn eines Tages wie Manuel Neuer auch zum FC Bayern gehen würde. Und meine Antwort war: „Als Schalker Fan habe ich natürlich früher auch gerne das Lied von den Toten Hosen gesungen.“ Im Moment kann ich es mir wirklich überhaupt nicht vorstellen, beim FC Bayern zu spielen.
Hat das damit zu tun, dass es noch zu früh wäre, oder damit, dass Sie sich Schalke so verbunden fühlen?
Draxler: Mit beidem. Zum einen schlägt mein Herz wirklich nur für Schalke, und zu Bayern gibt es schon eine sehr große Rivalität. Aber bei Manuel Neuer hat man gesehen, dass man sich in einer Fußballer-Karriere auch ständig weiterentwickelt. Und wer weiß heute schon, was in zehn Jahren ist?
Für Manuel Neuer kam eines Tages der Zeitpunkt, an dem ihm Titel doch wichtiger waren als Schalke.
Draxler: Das muss jeder für sich selbst entscheiden, aber ich bin überzeugt, dass ich meine Ziele auch mit Schalke erreichen kann. Ich glaube fest daran, dass ich in meiner Karriere als Spieler mit Schalke die Meisterschale hierhin holen werde.
Borussia Dortmund hat den Titel in diesem Jahr geholt. Wie halten Sie es als Schalker Junge mit der Rivalität zu Schwarz-Gelb?
Draxler: Mir wurde die Rivalität ja praktisch in die Wiege gelegt. Ich kann nicht sagen, dass ich große Sympathie für den BVB empfinde, aber es bleibt bei mir auf einer sportlichen Ebene. Den sportlichen Erfolg der Dortmunder muss man schon neidlos anerkennen.
Dortmund schwärmt von Mario Götze. Sie sind noch jünger und haben sich – wenn man das Alter vergleicht – sogar früher ins Rampenlicht gespielt.
Draxler: Solche Vergleiche sind schwierig. Man weiß nicht, ob ich in meiner zweiten Saison, in der Mario durchgestartet ist, vielleicht auch mal einen kleinen Durchhänger haben werde. Insgesamt wünsche ich mir aber eine Entwicklung wie bei Mario: Er ist Deutscher Meister, was ich auch unbedingt erreichen will, und er ist Nationalspieler, was irgendwann auch mein Ziel ist.