Als Anfang Juli des vergangenen Jahres bekannt wurde, dass der FC Schalke 04 Spaniens Fußball-Helden Raúl verpflichten wird, gab es Bedenken. Ein alternder Star, hieß es, wolle nur noch mal viel Geld verdienen. Diese einseitige Meinung hat der 33-Jährige, der vollständig Raúl González Blanco heißt, inzwischen mehrmals mit seinen Leistungen widerlegt. Im Viertelfinal-Rückspiel gegen Inter Mailand erzielte er sein 71. Champions-League-Tor.
Inzwischen sind Sie und Ihre Familie seit neun Monaten in Deutschland. Wie fühlen Sie sich?
Raúl: Ich habe einen professionellen Klub gefunden, der mir viel Vertrauen entgegengebracht hat und bei dem ich viel Unterstützung von den Fans erhalte. Es ist alles sehr persönlich hier. Zunächst war es sehr kompliziert, weil wir den Ort nicht kannten. Aber ich bin sehr froh, dass sich meine Kinder gut integriert haben. Und: Wir haben hier ein ruhigeres Leben als in Spanien. Für die Kinder ist es viel normaler, sie können hier auch auf der Straße herumlaufen.
Mit den Schalker Fans haben sie nach dem Einzug ins Halbfinale der Champions League groß gefeiert. In der Kurve. War das eine neue Erfahrung für Sie?
Raúl: In Spanien ist das nicht normal, das macht man nicht. Und ich wollte das zunächst auch gar nicht. Ich wusste nicht so richtig, was ich da ins Megafon rufen sollte. Aber es war eine superschöne Erfahrung, und ich habe mich gefreut, dass ich die Fans zufriedengestellt hatte. Ich habe mich wie ein Kind gefühlt.
16 Jahre hatten Sie vor Ihrem Wechsel bei Real Madrid gespielt.
Raúl: Das war mein Klub, das war mein Zuhause. Ich habe das gelebt. Aber ich brauchte einfach was anderes. Ein Lebenskreis hat sich dort geschlossen, auf Schalke hat sich ein neuer geöffnet. Ich wollte neue Dinge kennenlernen und muss sagen, dass es sich sowohl professionell als auch persönlich sehr gelohnt hat.
Die Tage in Deutschland hatten sie sich also genauso vorgestellt, wie Sie sie jetzt erleben?
Raúl: (Raúl lacht.) Man macht alles ein bisschen eher, man isst ein bisschen eher. Und hier trainiert man unheimlich viel und viel, viel härter. Für mich ist es wichtig, ständig zu spielen, um mein hohes Niveau zu halten.
Raúl: Dass wir überhaupt ins Halbfinale gekommen sind, ist schon wie eine kleine Trophäe und wiegt mehr, als mit Real Madrid so weit gekommen zu sein. Jetzt haben wir erst einmal Manchester United. Das ist einer der besten Vereine der Fußball-Geschichte. Ich freue mich sehr auf diese Spiele. Und wenn wir unser Niveau aus den Spielen gegen Valencia und Inter halten können, haben wir auf jeden Fall eine Chance. Unsere Mannschaft ist Stück für Stück immer besser geworden, und dass wir so weit gekommen sind, das war eigentlich unmöglich.
Ist es ein Nachteil, das Hinspiel zu Hause zu haben?
Raúl: Man muss eh beide Spiele spielen. Und zu Hause haben wir in dieser Champions-League-Saison bisher immer gewonnen.
Manuel Neuer hat angekündigt, dass er seinen 2012 auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird.
Raúl: Er muss die Entscheidung für sich selbst treffen, und die muss man auch respektieren. Ich hätte gerne weiter mit ihm gespielt, weil er einer der besten Torhüter der Welt ist.
Und wie sieht es mit Ihrem Vertrag aus, der ebenfalls 2012 auslaufen wird?
Raúl: Ich möchte länger bleiben, gerne noch ein weiteres Jahr. Aber das wird der Klub entscheiden.
Denken Sie sogar daran, vielleicht auch nach Ihrer Schalke-Zeit in Deutschland zu bleiben?
Raúl: Das könnte ich mir schon vorstellen. Momentan denke ich aber noch nicht darüber nach. Ich kenne durchaus Spanier, die ein, zwei Jahre nach Deutschland wollten, dann aber 20 Jahre geblieben sind.
Durch den Trainer-Wechsel, Ralf Rangnick für Felix Magath, hat sich einiges verändert. Zum Beispiel haben Sie jetzt einen Dolmetscher auf dem Rasen.
Raúl: Klaus.(Raúl lacht.) Wenn man Zweifel hat, ist es schön, dass er da ist. Aber Fußball versteht man auch so.
Und wie hat sich die tägliche Arbeit verändert?
Raúl: Wir hatten auch unter Felix Magath schon Erfolge. Aber es ist jetzt schon ein bisschen entspannter, und vielleicht können einige mehr erreichen, wenn sie sich nicht mehr so unter Druck gesetzt fühlen.
Zuletzt war zu lesen, dass Spaniens Trainer Vicente del Bosque darüber nachdenke, Sie in die Nationalmannschaft zurückzuholen.
Raúl: Daran glaube ich nicht. Ich glaube, dass meine Nationalmannschafts-Karriere vorbei ist.
Und wenn doch ein Anruf käme?
Raúl: Dann wäre ich natürlich sofort dabei.
Sie scheinen sich, obwohl in Deutschland alles ein bisschen eher anfängt, sehr wohl zu fühlen.
Raúl: Ja. Ich stehe jeden Morgen auf und freue mich zu trainieren. Und den Rest der Zeit verbringe ich mit meiner Familie.
Und am Ende der Saison werden Sie eine Trophäe in den Händen halten?
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