Essen.. Manuel Neuer will offenbar seinen 2012 auslaufenden Vertrag auf Schalke nicht verlängern. Der Nationaltorhüter soll bei Bayern München im Wort stehen. Sollte er schon im Sommer wechseln, würden rund 20 Millionen Euro Ablöse fällig.
Schalke auf Europas Bühne
Vielen Schalke-Fans dürfte es wie ein Deja-Vú vorkommen: Vor dem wichtigen Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Titelverteidiger Inter Mailand (ab 20.45 Uhr im Live-Ticker auf DerWesten) meldet die Bild-Zeitung in ihrer Dienstags-Ausgabe, dass Torwart Manuel Neuer vor dem Absprung stehe. Neuer habe den Schalke-Bossen mitgeteilt, dass er seinen 2012 auslaufenden Vertrag nicht verlängere. Laut Bild steht Neuer bei Bayern München im Wort: Fraglich sei nicht mehr, dass, sondern nur noch wann der Schalker Publikumsliebling an die Säbener Straße wechsele.
Sollte das Schalker Eigengewächs schon im Sommer, also vor Ablauf seines Vertrages, gehen, würde eine Ablöse von rund 20 Millionen Euro fällig. Geld, das die Schalker angesichts ihrer angespannten finanziellen Lage wohl gut gebrauchen könnten. Denn im Sommer 2012 wäre Neuer ablösefrei.
Schalke-Manager Horst Heldt dementiert in der Bild eine mögliche Einigung: "Es gibt keinen Vertrag oder Vor-Vertrag zwischen Schalke und Bayern über den Wechsel eines Spielers." Neuer selbst wird mit den Worten zitiert, dass es "nichts Neues zu diesem Thema" gebe. Und auch Bayerns Sportdirektor Christian Nerlinger antwortet auf die Frage, ob der Vertrag schon im Tresor liege: "Nein, das ist nicht so. Das kann ich nicht bestätigen."
Dass alle Beteiligten blocken, ist nicht verwunderlich. Denn die Statuten der Deutschen Fußball Liga (DFL) besagen, dass Verhandlungen mit Spielern erst ein halbes Jahr vor Vertragsende - im Fall von Neuer also erst im Januar 2012 - erlaubt sind. Es sei denn, Schalke würde einwilligen.
Über einen möglichen Wechsel von Neuer zu den Bayern wird schon lange spekuliert. In der Branche gilt es als ausgemacht, dass die Münchener Neuer spätestens 2012 holen. Die Gerüchte, dass es schon in diesem Sommer soweit sein könne, haben zuletzt durch die Verpflichtung von Jupp Heynckes als Übungsleiter neue Nahrung erhalten. Denn während Noch-Bayern-Coach Louis van Gaal als entschiedener Förderer von Torwarttalent Thomas Kraft gilt, den er nach der Winterpause gegen den Willen der Bayern-Verantwortlichen als neue Nummer eins installierte, steht Neuer auf der Wunschliste des neuen Bayern-Coaches Heynckes ganz oben.
Bei einem Strategie-Treffen vergangene Woche gab Neuer-Fan Heynckes seinen künftigen Vorgesetzten einen klaren Handlungsauftrag. „Der Verein muss jetzt versuchen, das umzusetzen“, fordert Heynckes. „Es wird ausgegeben, was notwendig ist. Was benötigt wird, steht zur Verfügung“, sagte Präsident Uli Hoeneß danach. Angeblich sind die Bayern bereit, 60 Millionen Euro auszugeben, um Heynckes Wünsche zu erfüllen - genug Geld für eine Neuer-Verpflichtung wäre also da.
Doch so sehr sich die Münchener Verantwortlichen den Nationaltorwart Neuer im Bayern-Trikot wünschen, so ablehnend stehen die Bayern-Fans einer möglichen Verpflichtung entgegen. Im März beim Schalker Sieg gegen Bayern im Halbfinale des DFB-Pokals hatten die Fans Manuel Neuer bei jeder Ballberührung ausgepfiffen und sich auf Transparenten gegen den Schalker und für das Münchener Eigengewächs Thomas Kraft stark gemacht („Wir brauchan koan NEUER Torwart, wir ham schon KRAFT“).
Und auch beim Heimsieg gegen Borussia Mönchengladbach am vergangenen Samstag provozierten die Schlachtenbummler Bayern Präsident Uli Hoeneß mit giftigen Gruß-Transparenten: Neuer im Tor "ist für uns wie Trainer Daum oder Manager Lemke für dich" war darauf zu lesen. Zur Erklärung: Daum und Lemke sind Hoeneß' Intimfeinde. Denselben Status hat sich Neuer in der Bayerns Südkurve erworben, als er im April 2009 nach einem Schalker Sieg in München zur Eckfahne lief, sie herausriss und jubelte. Eine Provokation, mit der Neuer den Meisterjubel von Oliver Kahn 2001 imitierte, als die Münchner Schalke in letzter Sekunde die sicher geglaubte Meisterschaft entrissen. Diesen Jubel haben die Bayern-Fans Neuer bis heute nicht verziehen.
Doch die Ablehnung der Bayern-Anhänger scheint Manuel Neuer bei der Wahl seines künftigen Arbeitgebers nicht zu beeinflussen. Während Schalkes Torhüter einem Wechsel ins Ausland zuletzt eine klare Absage erteilte, hat er einen Wechsel zum Rekordmeister nie ausgeschlossen.
Kann der Verein sich 20 Millionen Euro entgehen lassen?
Sollte Manuel Neuer wirklich fest entschlossen sein, seinen Vertrag nicht zu verlängern, liegt der Ball jetzt also im Feld der Schalker Verantwortlichen. Manager Horst Heldt hatte zuletzt immer wieder betont, Schalke werde alles daran setzen, damit das königsblaue Aushängeschild seinen Vertrag verlängere. Entscheidend dürfte jetzt also Schalkes finanzielle Situation werden. Sprich: Die Frage, ob sich der klamme Verein 20 Millionen Euro entgehen lassen kann.
Nach dem Trainer-Karussel könnte einen möglicher Neuer-Transfer jetzt also auch das Torhüter-Karussell in Bewegung setzen. Bayern-Torhüter Thomas Kraft ist für die nächste Saison beim Hamburger SV im Gespräch, wo Frank Rost keinen neuen Vertrag bekommt. Auch ein Tausch Kraft gegen Neuer wäre möglich, wie die Süddeutsche Zeitung spekuliert.
Den Schalker Fans werden solche Überlegungen egal sein: Mit Manuel Neuer würden sie die Schalker Identifikationsfigur der letzten Jahre verlieren. Und dass das pikante Thema gerade vor dem wichtigen Champions League Spiel gegen Inter erneut ins Blickfeld die Öffentlichkeit gelangt, erinnert viele an das Achtelfinal-Rückspiel gegen Valencia: Damals verkündete DerWesten die Trennung von Trainer Felix Magath. Kein Wunder, dass es wie ein Deja-Vú wirkt.
Lesen Sie auch
