Gelsenkirchen. Knapp 4000 Fans verfolgten am Donnerstag das erste Training von Felix Magath in Schalke. Ein freundlicher Empfang. Magath sagte aber auch ganz deutlich, was ihm an Schalke bisher nicht gefällt.
Es hatte alles so gut angefangen am Morgen. Als Felix Magath nach der ersten, knapp zweistündigen Trainingseinheit in die Kabine ging, hielt er in der Hand einen riesigen Luftballon an einer Schnur. So einen, wie ihn sich verliebte Turteltauben auf der Kirmes schenken: In knallroter Farbe und mit Herzchenform. Ein Schalke-Fan hatte Magath den Luftballon als Willkommensgruß überreicht. Knapp 4 000 Anhänger waren gestern Morgen nach Schalke gekommen, darunter sogar zwei Fußball-Freunde im grünen Trikot von Magaths vorherigem Verein VfL Wolfsburg. „Eine solche Zuschauer-Resonanz war ich gar nicht mehr gewöhnt”, sagte Magath scheinbar erstaunt. So viel Höflichkeit dem neuen Arbeitgeber gegenüber hielt auch der 55-Jährige für angebracht.
Beim Training hielt sich Magath zurück, ließ zunächst seine Assistenten machen, allen voran den offenbar unerbittlichen Konditionstrainer Werner Leuthard. Der Chef machte sich lieber Gedanken. „Irgendwie war mir die Stimmung ein bisschen verhalten, bei den Spielern und im Umfeld”, berichtete Magath später von seiner Warte als Beobachter aus. Zwar blies der Schalke-Trompeter während des Trainings zweimal laut zur Attacke, was auch Magath ein Schmunzeln entlockte. Aber richtige Stimmung auf und außerhalb des Platzes, fördernd für die Leistung, die stellt er sich doch anders vor. Schalke war Magath viel zu ruhig.
22 Spieler waren bei der ersten Einheit am Vormittag auf dem Rasen – es fehlte zum Beispiel Heiko Westermann, der davon ausgegangen war, aufgrund der Länderspielreise mit der Nationalmannschaft nach der Saison einen verlängerten Urlaub zugestanden bekommen zu haben. Doch nicht so bei Magath: Drei Wochen Urlaub müssten einem Profifußballer im besten Alter reichen, hatte der neue Boß entschieden. Dummerweise war dies den Spielern aufgrund einer ärgerlichen internen Kommunikationpanne aber nicht mitgeteilt worden. Westermann verpasste somit das erste Training – Magath zitierte ihn aus dem Urlaub zur zweiten Einheit am Nachmittag herbei.
Magath wird in Schalke keinen Stein auf dem anderen lassen: Das sagt er allerdings nicht so direkt mit dem Presslufthammer, sondern in seiner subtilen Art. Als beste Beispiele mögen fürs Erste Albert Streit und Carlos Grossmüller herhalten, die gestern wieder mit den Profis trainieren durften. Eigentlich sollte es doch so sein, dass sich die im Vorjahr zu kurz gekommenen Spieler bei dem neuen Trainer umso mehr reinhängen würden, argumentierte Magath. Doch am Vormittag habe er dies nicht erkennen können, berichtete der Trainer. Deshalb bekamen sie ihren ersten Watsch'n vom neuen Chef – öffentlich, damit sie das auch in der Zeitung lesen können. Als schlechte Nachricht wollte Magath das aber nicht stehen lassen: „Das ist ein Hinweis an die beiden, dass sie es so besser nicht versuchen, wie sie es heute gemacht haben.” Insofern sei es doch sogar eine gute Nachricht, lächelte er.
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Das mit den Steinen, die Magath in Schalke nicht aufeinander lässt, ist übrigens sogar wörtlich zu nehmen: Bei seiner ersten Inspektion hat er festgestellt, dass ihm das ganze Gelände in Schalke viel zu weitläufig ist – so liegen ihm Geschäftsstelle und Kabinentrakt zu weit auseinander. Ändern kann er das natürlich nicht sofort, aber auch da wird Magath für Veränderungen sorgen. Schließlich ist er in Schalke ja nicht nur Trainer, sondern auch Manager.
Felix Magath hat Schalke gestern das erste Mal ganz offen vor Augen gehalten, was ihm alles nicht gefällt: Ein erster Watsch'n vom großen Boss. „Es war immer ein Problem des FC Schalke in der Vergangenheit, dass hier zu viel geredet und zu wenig gearbeitet wurde. Dafür bin ich ja hier, um das umzudrehen”. Es sei in diesem Klub bisher alles zu eingefahren gewesen, sagt er und erklärt seinen Aktionismus ganz simpel: „Hier muss sich auch mal was tun.”