Gelsenkirchen. Ein bisschen muss Heiko Westermann schmunzeln: Dass es so schnell geht und Schalke nach dem Absturz im Vorjahr jetzt schon wieder Spitzenspiele bietet – „wer hätte das gedacht?” Ein Interview mit Schalkes Kapitän vor dem Spiel am Sonntag gegen den Hamburger SV.
Herr Westermann, erklären Sie uns das Geheimnis von Felix Magath.
Heiko Westermann (lächelt): Man sieht auf dem Platz, dass wir wieder eine Einheit sind und Siegeswillen an den Tag legen. Und dabei spielt natürlich auch Felix Magath eine große Rolle.
Aber das allein kann es ja nicht sein. Letzte Saison stürzte Schalke leidenschaftslos ins Mittelfeld ab, jetzt steht die Mannschaft unter viel schwierigeren Bedingungen auf Platz drei…
Westermann: Es gibt sicher viele Gründe. Einer davon: Wir sind fit. Das Training ist sehr intensiv, wir machen mehr als andere Mannschaften. Trotzdem haben wir noch lange nicht den Fitnesszustand erreicht, den der Trainer erwartet. Dazu kommt die Disziplin: Der Trainer verlangt von uns Dinge, die wir zu 100 Prozent erfüllen sollen. Kämpferisch gelingt uns das schon sehr gut, spielerisch sind wir noch nicht ganz so weit.
Bei allem Respekt vor Magath: Auch Fred Rutten und Mirko Slomka hatten die Erwartung, dass die Mannschaft die Vorgaben zu 100 Prozent umsetzt.
Westermann: Für mich als Spieler ist es immer schwer, Trainer miteinander zu vergleichen. Dazu kann und will ich nicht viel sagen.
Welche Rolle spielt es, dass Felix Magath aufgrund seiner Erfolge quasi einen Nimbus der Unbesiegbarkeit verkörpert und dieses Selbstvertrauen auf die Spieler überträgt?
Westermann: Zunächst einmal holen wir uns das Selbstvertrauen dadurch, dass wir die Spiele gewinnen. Das ist das Entscheidende. Aber Magaths Erfolge sprechen natürlich für sich. Er hat alles durchgemacht und einen riesengroßen Erfahrungsschatz. Das ist sein Vorteil.
Es scheint, dass gerade jungen Spielern unter seiner Regie Flügel wachsen …
Westermann: Erstmal muss man ein Auge dafür haben, diese Spieler in die Bundesliga zu holen. Christoph Moritz und Lukas Schmitz waren ja zunächst für die zweite Mannschaft vorgesehen. Jetzt spielen sie in der Bundesliga und machen sich keine großen Gedanken darüber. Es gehört natürlich auch der Wille dazu, sich ständig zu verbessern. Diesen Willen bringen die Jungs mit.
Marcelo Bordon wird bald 34 Jahre alt: Auch er scheint unter Magath noch mal richtig Lust zu haben…
Westermann: Marcelo ist für mich seit Jahren der beste Innenverteidiger der Bundesliga. Aber in dieser Saison setzt er wirklich noch einen drauf. Ich ziehe den Hut vor ihm, was er in seinem Alter leistet.
Wie ist der Umgang mit Felix Magath? Hat man zu Beginn nicht großen Respekt vor so einer Persönlichkeit?
Westermann: Da kann ich nur für mich sprechen: Ich habe mich vorher mit Marcel Schäfer unterhalten, mit dem ich gut befreundet bin. Er hat ja unter Magath in Wolfsburg gespielt. Aber klar ist: Felix Magath ist schon eine besondere Person.
Kann er in der Kabine laut werden?
Westermann: Kein Kommentar zu dem, was in der Kabine passiert.
Wie hat es Magath geschafft, dass sich die Finanzkrise des Vereins bisher nicht auf die Leistungen niedergeschlagen hat?
Westermann: Wie gesagt - kein Wort über interne Dinge. Aber ganz ehrlich: Wir haben als Mannschaft auch nie großartig darüber geredet. Wir haben versucht, dieses Thema von uns fern zu halten. Denn wir können ja doch nichts daran ändern, außer guten Fußball zu spielen und dem Verein auf diese Art zu helfen.
Am Sonntag hat Schalke gegen den HSV ein echtes Spitzenspiel: Ist Schalke auch schon wieder eine Spitzenmannschaft?
Westermann: Von mir aus kann man uns Spitzenmannschaft nennen. Wir wissen jedoch genau, was uns noch fehlt: Spielerisch haben wir noch viel Luft nach oben. Wir spielen ja die Gegner nicht an die Wand, sondern leben von anderen Dingen. Dass unter den Fans wieder Euphorie herrscht und sie ein bisschen träumen, ist doch schön. Die Stimmung auf Schalke ist so gut wie lange nicht mehr.
Ganz nüchtern: Was ist in dieser Saison wirklich drin?
Westermann: Wir sind mit hohen Erwartungen in die Saison gegangen, wollen unter den ersten Fünf mitspielen und am Ende einen Platz für die internationalen Wettbewerbe schaffen. Das ist klar. Aber wer hätte gedacht, dass es so schnell geht, bis wir wieder oben stehen?