Gelsenkirchen. Nils Zander, U-16-Nationalspieler des FC Schalke 04, sucht sein Fußball-Glück bei Manchester City. Dort soll Zander schnellstmöglich an den Kader des englischen Premier-League-Klubs herangeführt werden.
Vorgestern hätte Nils Zander eigentlich seine Leistungs-Feststellungsprüfung Sport an der Gesamtschule Berger Feld absolvieren müssen, aber ein ärztliches Attest (Schambein-Entzündung) befreite ihn davon. Dennoch wird der 16-Jährige nun die Fachoberschul-Reife nach der zehnten Klasse erlangt haben, bevor er der Heimat den Rücken kehrt.
Der U-16-Nationalspieler und Jugendspieler des FC Schalke 04 wechselt zur neuen Saison in die Jugendmannschaft von Manchester City, soll dort aber schnellstmöglich an den Kader des englischen Premier-League-Klubs mit den großen Ambitionen und dem dicken Geld herangeführt werden. Gerne hätten wir ihn selbst nach seinen Zielen und Träumen vor seiner Abreise nach England befragt, doch der junge Mann zog „das nächste Attest”. Auf Anraten seines Beraters ließ Zander mitteilen, er gäbe keine Auskünfte mehr. Hintergrund: Manchester hätte eine vereinsinterne Suchmaschine laufen, die Texte im Internet mit seinem Namen automatisch ausspuckt. Und am Tag, als sein Wechsel bekannt wurde, wären allein 600 Storys (viele in England) über ihn publiziert worden. Was beim Verein nicht gut angekommen wäre.
In der Gesamtschule Berger Feld, in der „Eliteschule des Fußballs”, kommt etwas anderes nicht gut an: „Ich finde es absolut bedauerlich, dass der Verein nicht in der Lage war, so einen tollen Spieler zu halten, auch wir haben da eine Menge Arbeit reingesteckt”, sagt Arthur Preuß, Fußball-Koordinator der Eliteschule.
Als Uwe Scherr, seit Ende März Sportlicher Leiter der Schalker Nachwuchsabteilung, die Verhandlungen mit Nils' Vater und einem Vertrauten der Familie aufnahm, war nichts mehr zu machen, die Tinte unter dem Vertrag mit Manchester schon trocken. „Man hat mir gesagt, hätte man sich 14 Tage eher unterhalten, wäre es wohl nicht zum Wechsel gekommen, aber die Familie hat sich hier im Verein wohl nicht entsprechend gewürdigt gefühlt”, mutmaßt Scherr. Finanzielle Gründe hätten im übrigen nicht den Ausschlag gegeben. Aber es hat auch noch nie jemand das Gegenteil zugegeben.
Polizeibeamter als Scout
Schalkes Chef-Scout wundert sich über nichts mehr, wenn er über die Auswüchse im Nachwuchsbereich berichtet. Neulich habe in seinem Büro ein „Berater” eines 13-Jährigen gestanden und wollte mit ihm über die sportliche Zukunft seines Schützlings „verhandeln”. Inzwischen ist Chato Paterson, ein Kongolese, zu Bayer Leverkusen gewechselt. „Der Berater ist auch noch ein deutscher Polizeibeamter, womit er hervorheben wollte, wie seriös er ist”, mokiert sich Scherr noch heute und sagt: „Das ist Menschenhandel.”
Nun sucht also Nils Zander, das große Schalker Jugendtalent, sein Glück auf der Insel. Und ist hoffentlich erfolgreicher als die Negativbeispiele der Vergangenheit: Moritz Volz war vor zehn Jahren der erste Deutsche, der mit 16 Jahren bei Schalke abgeworben wurde und bei Arsenal London von der internationalen Karriere träumte. Der weitere Werdegang: Ausgeliehen zum FC Fulham, inzwischen weiter gereicht an den Zweitligisten Ipswich Town. Oder Torhüter Pascal Formann, mit 17 vom MSV Duisburg zu Nottingham Forest gewechselt, längst wieder daheim und gerade mit dem BV Cloppenburg aus der Regionalliga abgestiegen. Zur Zeit auf Vereinssuche. „Nils ist ein Schüler, wie man ihn sich wünscht, mit hoher Eigenmotivation”, sagt Arthur Preuß. Kann ihm auf der Insel sicher nicht schaden.