Gelsenkirchen. Schalke hat im Frauen-Fußball viele Dinge angeschoben. Abteilungsleiter Boris Liebing sagt, in welchem Bereich S04 noch zulegen muss.
Wenige Tage vor Weihnachten ging bei Boris Liebing das Herz auf. Im Rahmen der Schalker Weihnachtsfeier für die Frauen- und Mädchen-Team kam eine junge Spielerin auf den Abteilungsleiter Frauenfußball zu. „Das Mädchen hat mich gefragt: Du bist doch Boris? Ich möchte mich einfach bedanken, dass ich bei Schalke Fußball spielen darf“, erzählt Liebing.
2020 startete das Frauen-Fußball-Projekt
Im Sommer 2020 hatten die Königsblauen das Projekt Frauen-Fußball ins Rollen gebracht, um mittelfristig Hobbyfußballerinnen eine sportliche Heimat zu bieten. Dreieinhalb Jahre später steht Schalke mit seiner ersten Frauen-Mannschaft auf Platz eins der Landesliga (35 Punkte, 34:10 Tore). Die zweite Mannschaft belegt in der Bezirksliga ebenfalls die Spitzenposition (34 Punkte, 48:12 Tore). Das Nachwuchs-Team rangiert in der Kreisliga Herne/Gelsenkirchen auf Rang vier (24 Punkte, 68:11 Tore). Die B-Juniorinnen sind mit elf Siegen aus elf Partien Spitzenreiter in der Bezirksliga.
„Wir stehen mit unseren Teams richtig gut da und sind mit der Entwicklung absolut zufrieden. Wir sind in der Jugend sehr gut aufgestellt. Dieser Weg ist unser Weg“, sagt Boris Liebing unmissverständlich. Im nächsten Jahr wird Schalke eine neue U15-Mädchen-Mannschaft an den Start bringen. Dazu wird es ein Scouting und ein Sichtungs-Training geben. Die Schalker U11/U13-Mädchen haben in der Kreisliga Recklinghausen/Gelsenkirchen/Herne in sieben Spielen 97 Tore geschossen und sind schlichtweg unterfordert. „Wir haben beim Verband angefragt, dass sie künftig in der Jungen-Kreisliga spielen und da ohne Wertung an den Start gehen. Es bringt uns bei der Talentförderung nichts, wenn wir Spiele 33:0 gewinnen“, skizziert Boris Liebing, der mit seinen Mitstreitern auch über eine U9-Mädchen-Mannschaft nachdenkt.
Spielerinnen, die sich das S04-Trikot im Seniorenbereich überstreifen, bekommen auf Schalke keinen Cent. Auch der komplette Trainerbereich arbeitet unentgeltlich. Liebing: „Alle Trainer sind bei uns alle aus Liebe zu Schalke und derzeit noch unentgeltlich tätig. Das werden wir aber in absehbarer Zeit umstellen, weil man die Tätigkeit irgendwann nicht mehr so nebenbei machen kann.“ Liebing freut sich über die Unterstützung, die der Frauen-Bereich aus dem eigenen Verein erfährt: „Wir nutzen mit unseren Frauen- und Mädchen-Mannschaften die komplette Infrastruktur auf Schalke, bekommen Support aus der Vorstands- und Aufsichtsrats-Etage. Wir haben alles, was wir brauchen. Das ist riesig.“
Sportlich nichts zu meckern
Liebing wäre aber nicht Liebing, wenn er nicht schon über den Tellerrand blicken würde. Bei vorweihnachtlichen Spaziergängen in Timmendorf hat sich der Frauen-Abteilungsleiter den Ostseewind um die Nase pfeifen lassen und sich anschließend Notizen zu seinen Gedanken und Visionen gemacht. Liebing: „Sportlich gibt es bei uns nichts zu meckern, aber dahinter gibt es noch ganz, ganz viel zu tun. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, dass die Mädels auf Schalke an einem Ort zusammenkommen, an dem sie sich wohlfühlen. Die Bedingungen sind gut, die Betreuung ist gut, aber wir können zum Beispiel im medizinischen Bereich noch zulegen. Es hängt sehr viel dran an unserem Frauen-Fußball-Projekt. Ich kann Sachen nicht halb machen, sondern immer nur mit voller Überzeugung. Ich brenne für diese Themen.“
Schalke wächst jedes Jahr
Liebing stellt nicht ohne Stolz fest: „Wir wachsen jedes Jahr. Wie viele Mädchen sich jetzt schon ihren Traum erfüllen, für Schalke zu spielen, ist einfach schön. Im Moment machen wir auf Schalke ganz viel Basisarbeit. Die Früchte dafür werden wir erst in ein paar Jahren ernten.“ Der Traum des Abteilungsleiters Frauen-Fußball ist es, irgendwann einmal ein Frauen-Pflichtspiel in der Veltins-Arena zu bestreiten. „Natürlich haben wir diesen Gedanken im Kopf, in der Arena vor mehreren tausend Zuschauern zu spielen. Wir haben auch schon mal rumgesponnen, aber die Zeitfenster sind relativ eng gesteckt. In der Arena gibt es viele Veranstaltungen, wie nach Weihnachten die Biathlon World Team Challenge, dazu benötigt der Rasen Regenerationszeit. Eigentlich kann man so ein Spiel dann nur im Sommer machen.“
Was Liebing charmant findet...
Dass kürzlich beim Hamburger Stadt-Duell zwischen St. Pauli und dem HSV über 20.000 Fans zum Frauen-Pokalspiel kamen, ist auch Liebing nicht verborgen geblieben. „Das sind natürlich tolle Zuschauerzahlen. Es ist super, dass es solche Highlight-Spiele gibt, aber noch charmanter finde ich, dass die Frauen des 1. FC Nürnberg ihre Heimspiele im großen Max-Morlock-Stadion austragen. Ich habe in dieser Saison fast jedes FCN-Heimspiel im TV gesehen. Der Bereich Fußball der Frauen braucht einfach Sichtbarkeit.“
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