Gelsenkirchen. Schalkes A-Jugend-Trainer äußert sich zum Abschied von Ex-Kapitän Hansen, den Umgang mit der Komfortzone – und warnt vor zu viel Hype um Talente.
Schalkes Talent-Förderer Norbert Elgert hat in seiner Zeit als U19-Trainer schon viele Spieler kommen und gehen sehen. Der Ex-Profi, der in seine 27. Saison als A-Jugend-Coach bei den Königsblauen einbiegt, weiß, dass sich die Zeit verändert hat und Talente heute viel schneller zu Shooting-Stars katapultiert werden als es in den 80er und 90er Jahren der Fall war.
Jüngstes Beispiel: Mertcan Ayhan. Der 17-Jährige, der in dieser Saison zum Kader von Norbert Elgerts A-Jugend-Bundesliga-Team zählt, verlängerte gerade seinen Vertrag auf Schalke und wird von einigen Experten bereits im Profibereich gesehen.
Schalkes Elgert: „Sein Bruder heißt Kaan Ayhan. Deswegen ist das interessant“
„Wenn die Jungs selbstverständliche Dinge tun, neigt man zum Hypen. Das gab es zum Beispiel bei Donis Avdijaj und auch bei Ahmet Kutucu. Mertcan soll später mal ein Top-Spieler im Profifußball werden“, sagt Elgert und stellt fest: „Sein Bruder heißt Kaan Ayhan. Deswegen ist das interessant. Da heißt es sofort: Der muss hoch, aber so schnell geht es nicht. Erst ein solides Fundament sorgt für Stabilität.“
Elgert kann nicht zuletzt aufgrund der täglichen Trainingsarbeit und der zahlreichen Gespräche, die er mit seinen Nachwuchsspielern im Saisonverlauf in Sachen Weiterentwicklung führt, genau einschätzen, wann der nächste Schritt für Spieler erfolgen sollte. Mit dem gerade in den Profi-Sektor aufgerückten hochveranlagten Assan Ouedraogo (17) etwa hätte der Coach, der in der Knappenschmiede spätere Weltmeister wie Benedikt Höwedes, Manuel Neuer oder Mesut Özil formte, gerne noch weitergearbeitet: „Ich hatte meine Ausbildung mit ihm noch gar nicht beendet.“
Drastische Reaktion beim schlechten Auftritt gegen Frankfurt
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Auch in dieser Saison muss Norbert Elgert wieder viele Puzzleteile zusammensetzen, um daraus eine harmonierende Einheit zu basteln. „Jedes Jahr ist eine Herausforderung“, skizziert der Ex-Wattenscheider. Zuletzt beim Test gegen die U19 von Eintracht Frankfurt (2:4) gab es einen enttäuschenden Auftritt in der ersten halben Stunde, so dass Elgert die komplette Mannschaft vorzeitig auswechselte. Ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, der aber durchaus Wirkung erzielte.
Die eingewechselten S04-Spieler nahmen den Fight an und kämpften sich in eine aussichtslos scheinende Partie zurück. „Ich sage immer wieder: Stay hungry in paradise. Viele kommen in eine Art Komfortzone, da gibt es keine Weiterentwicklung. Ich versuche, die Jungs zu wecken. Und ich bin sicher, dass wir hier Spieler dabei haben, die den Sprung einmal schaffen werden“, sagt Norbert Elgert.
Elgert prophezeit Neu-Paderborner Hansen eine große Zukunft
Defensiv-Leitwolf Mattes Hansen (19) wäre auch ein Kandidat dafür gewesen, sich über die Knappenschmiede für den Schalker Profibereich zu empfehlen, doch der U19-Kapitän brach seine Zelte auf Schalke ab und schloss sich dem Zweitligisten SC Paderborn an. „Ich bin sehr traurig darüber, dass Mattes gegangen ist“, erklärt Norbert Elgert, „wir haben hier zwei Jahre in ihn investiert. Ich behaupte, dass Mattes in zwei, drei Jahren ein Führungsspieler in der 2. Liga sein wird.“
Eine Entscheidung, wer Schalkes U19 in der Saison 2023/2024 als Kapitän anführt, ist bisher noch nicht gefallen. „Wir schauen noch, wer der Mannschaft Halt geben kann“, sagt der erfahrene Trainer, „solche Spiele wie zuletzt gegen Frankfurt geben noch mehr Aufschluss.“
Und dann kommt Norbert Elgert noch einmal zu seinem Paradies-Satz zurück: „Die Jungs haben alles, sie müssen keine Probleme lösen. Nur auf dem Platz, da müssen sie Probleme lösen. Unsere Spieler müssen begreifen, dass wir richtig gut sind, wenn wir als Mannschaft auftreten.“ Am Donnerstag (16 Uhr) kann Schalkes U19 im Test gegen Preußen Münster beweisen, dass der Trend in die richtige Richtung geht.
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