Mittersill. Danny Latza ist nicht länger Kapitän bei Schalke. Wer sein Nachfolger wird, ist offen – doch an Kandidaten mangelt es nicht. Ein Überblick.

Als Danny Latza am Sonntagabend im Speisesaal des Teamhotels „Schloss Mittersill“ das Wort ergriff, wurde es still. In ruhigem Ton teilte Latza seinen Teamkollegen mit, dass er das Amt des Mannschaftskapitäns von Schalke 04 niederlegen wird.

„Viele Jungs waren überrascht, schockiert“, beschreibt Gerald Asamoah die Szenerie. Als Leiter der Lizenzspielerabteilung war er dabei und wurde vor Latza schon einige Stunden zuvor über den Entschluss informiert – wie die gesamte sportliche Führung auch.

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S04: Gründe für Latzas Rücktritt sind offensichtlich

Die Gründe für Latzas Rücktritt als Kapitän liegen auf der Hand. Sportlich wird der 33 Jahre alte Mittelfeldspieler auch in seinem dritten Vertragsjahr keine zentrale Rolle auf dem Platz spielen. Diskussionen darüber, ob der gebürtige Gelsenkirchener tatsächlich noch der geeignete Mann für die Binde sei, wären vorgezeichnet. Schon in den vergangenen Wochen wurde über seine Ablösung spekuliert. Weiteren Spekulationen wollte Latza zuvorkommen.

Danny Latza spürt, dass ein neuer Impuls guttut

Die Entscheidung sei ihm nicht leichtgefallen, erklärte der Routinier am Sonntag. Kapitän von Schalke 04 gewesen zu sein, sei für ihn ein riesiges Privileg gewesen. Aber: Latza habe gespürt, dass „der Mannschaft ein neuer Impuls guttun“ würde. Für ihn persönlich dürfte es durch diese Entscheidung in den kommenden Wochen und Monaten ruhiger werden – doch die Diskussionen um einen Nachfolger werden erst jetzt so richtig Fahrt aufnehmen. Denn wer neuer Kapitän wird, ist völlig offen.

Alles im Blick: Cheftrainer Thomas Reis macht sich Gedanken, wer Schalke als neuer Spielführer in die Zweitliga-Saison führt. Foto: Tim Rehbein/RHR-FOTO
Alles im Blick: Cheftrainer Thomas Reis macht sich Gedanken, wer Schalke als neuer Spielführer in die Zweitliga-Saison führt. Foto: Tim Rehbein/RHR-FOTO © Tim Rehbein/RHR-FOTO | RHR-FOTO

Schalke: Reis bestimmt den neuen Spielführer selbst

Klar ist: Trainer Thomas Reis wird den neuen Spielführer selbst bestimmen. Von Wahlen der Mannschaft hält der 49-jährige Ex-Bochumer nur wenig. „Der Trainer muss ein Gefühl dafür haben, wer ein Typ ist, der die Mannschaft anführen kann“, erklärt Gerald Asamoah. Doch wer wird der neue Kapitän? An Kandidaten mangelt es nicht, doch perfekt passt kein Profi des aktuellen Kaders ins Profil – alle Anwärter haben Makel.

Passen würde etwa Ralf Fährmann. Der 34-Jährige ist mit kurzen Unterbrechungen seit 20 Jahren im Verein und die Identifikationsfigur schlechthin. Unter Trainer Domenico Tedesco war er von Sommer 2017 bis 2019 sogar schon einmal Kapitän. Aber: Reis ist eigentlich kein Fan davon, einen Torwart zum Kapitän zu machen. Er bevorzugt Feldspieler, da sie mehr Einfluss auf dem Platz haben – ein Keeper hingegen ist an seinen eigenen Strafraum gebunden und kann nur selten eingreifen.

Dominick Drexler kommt für das Amt in Betracht

Als einer der Wortführer der Mannschaft kommt auch Dominick Drexler als Kapitän infrage. Schon im Vorjahr galt der offensive Mittelfeldspieler als „heimlicher Kapitän“. Mit seinen 33 Jahren hat er zudem genug Erfahrung und ist bekannt dafür, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Ohne Frage: Drexler ist ein Anführer und womöglich Favorit auf das Kapitänsamt.

Dominick Drexler (r) käme für die Leader-Rolle bei den Königsblauen in Frage. Foto: Tim Rehbein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Dominick Drexler (r) käme für die Leader-Rolle bei den Königsblauen in Frage. Foto: Tim Rehbein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ © dpa | Tim Rehbein

Sein Manko: Zu 100 Prozent war er unter Thomas Reis im Vorjahr nicht gesetzt. Nur dreimal spielte er über 90 Minuten. Aus einem ähnlichen Grund ist auch Simon Terodde kein idealer Kandidat. Auch er ist zweifelsfrei einer der Köpfe der Mannschaft. Aber: Mit Sebastian Polter (31) wird er um einen Stammplatz kämpfen – dabei ist längst nicht sicher, dass Terodde auch regelmäßig in der Startelf stehen wird. Ihm droht möglicherweise die Bank – und dort soll der neue Kapitän nicht sitzen. Außenseiterchancen auf das Kapitänsamt hat deshalb Cedric Brunner.

Brunner ist einer der Lieblingsschüler von Reis

Der 28 Jahre alte Schweizer ist einer der Lieblingsschüler von Trainer Reis. Als einer der wenigen Profis wird er in der kommenden Saison gesetzt und unumstritten sein. Während seiner ersten Schalke-Saison hat er sich zu einer festen Größe auf Schalke entwickelt. Problem bei ihm: Er ist ein eher ruhiger Vertreter und ist weniger ein „natürlicher Leader“ als Terodde, Fährmann oder Drexler. Der Schweizer ist deutlich unscheinbarer. Sogar ein Neuzugang ist im Rennen: Ron Schallenberg.

Neuzugang Ron Schallenberg gab zuletzt beim SC Paderborn als Spielführer den Takt an. Foto: Tim Rehbein/RHR-FOTO
Neuzugang Ron Schallenberg gab zuletzt beim SC Paderborn als Spielführer den Takt an. Foto: Tim Rehbein/RHR-FOTO © FUNKE Foto Services | RHR-FOTO

Schalke 04: Zu hohe Kapitäns-Bürde für Schallenberg?

Der 24-Jährige hat in jedem Fall Erfahrung als Kapitän. Schon bei seinem Ex-Klub SC Paderborn trug er in den vergangenen beiden Saisons die Binde. Schallenberg gilt als echter Anführer. Doch noch ist völlig offen, ob er auch auf Schalke als Führungsspieler überzeugen kann. Nach nur zwei Wochen im Verein ist es zu früh, dahingehend ein Urteil zu fällen. Zur Wahrheit gehört auch: Ein Riesen-Klub wie Schalke 04 ist für Schallenberg noch neu. In Paderborn war er mehr Ruhe gewohnt. Die Erwartungshaltung an den neuen Mittelfeldmann ist ohnehin groß – die Kapitänsbinde würde den Druck auf Schallenberg noch weiter erhöhen. Die Binde könnte für ihn zur Bürde werden.