Essen. Im Umfeld des Auswärtsspiels bei Union Berlin überfallen bewaffnete Schläger Schalke-Anhänger. Fans sind alle Beteiligten nicht. Ein Kommentar.
Wie soll man Menschen nennen, die sich in den Sozialen Netzwerken verabreden, andere Menschen zusammenzuschlagen. Sich dann im Schutz der Nacht auf den Weg machen, Baseball-Schläger und andere Waffen mitnehmen und dann vier Menschen krankenhausreif prügeln? Brutale Schläger? Kriminelle? Beides passt. Eine Bezeichnung haben sie jedenfalls nicht verdient. Die Bezeichnung Fans haben die Personen, die Busse mit Fans des FC Schalke 04 vor deren Abfahrt aus Gelsenkirchen Richtung Berlin überfielen, in keinem Fall verdient.
Niedertracht in den Farben des Fußballs
Vorsatz ist besonders niederträchtig. Dennoch begegnet den Gewalttätern, die sich in den Farben von Fußballvereinen tarnen, die gleiche Nachsicht, die betrunkenen Raufbolden nach einer spontanen Wirtshauskeilerei zuteil wird. Richtig ist das nicht.
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Dass sich alle Beteiligten oft nur halbherzig distanzieren, liegt daran, dass die Übergänge fließend sind: Die Verwandlung vom biederen Sparkassen-Mitarbeiter zum extrovertierten Hardcore-Fan, der keine Mühen scheut, um „seinen“ Verein bei Auswärtsspielen nach vorne zu schreien, und dann zum kaltblütigen Schläger sind es manchmal nur wenige Schritte. Der harte Kern der Gewalttäter sieht sich ohnehin als Kampfsportler, selbstverklärende Streetfighter, die das Fußballstadion und die Deckung diffus Regeln kritisch begegnenden Hardcore-Fans als neuzeitliche Kampfarena nutzen. Profi-Fußball ist für diese Personengruppe bloß eine Bühne für ihre ganz eigene Inszenierung.
Anstand kommt unter die Räder
Das Phänomen ist deshalb so bitter, weil eine verschwindende Minderheit den Ruf der großen Mehrheit friedlicher Fans zerstört. Weil die Grenzen zwischen Jubelchören, grell brennender Inszenierung und Gewaltorgien fließend sind, bleibt der Kampf um die Deutungshoheit in den Stadien offen. Der Anstand, der Respekt vor Menschen, kommt dabei unter die Räder.