Gelsenkirchen. Schalkes Aufsichtsrats-Vorsitzender Axel Hefer plädiert für eine Neuverteilung der TV-Gelder. In unserem Interview erklärt er die Gründe.

Seit anderthalb Jahren führt Axel Hefer (45) den Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04. Er spricht von einem langfristig angelegten Projekt, wie hier im ersten Teil des Interviews nachzulesen ist.

Ihre Rede bei einer Mitgliederversammlung dürfte diesmal nicht viele neue Ideen enthalten, da Sie so viel von Langfristigkeit des Projekts sprechen. Neu ist, dass Sie für eine Umverteilung der TV-Gelder kämpfen, dass Traditionsvereine anders bedacht werden. Warum?

Hefer: Wir wollen den Verein aus eigener Kraft wieder zum Erfolg führen. Was wir dazu neben richtigen Entscheidungen brauchen, ist fairer Wettbewerb. Aus meiner Sicht gibt es eine wesentliche Benachteiligung von einzelnen Vereinen. Der Grund, warum Zeitungen gekauft werden, Abos abgeschlossen werden und DAZN und Sky hohe Summen überweisen, ist eine Gruppe von Vereinen, die das Interesse regen. Es ist nicht einzusehen, warum Vereine, die in Hinblick auf Einschaltquoten keinen Mehrwert generieren, quersubventioniert werden.

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Wenn es aber ein kleinerer Verein aus schwachem Umfeld schafft, sich hochzuarbeiten, dann wäre er künftig doppelt benachteiligt.

Hefer: Die Fernsehgelder werden gezahlt, damit es Einschaltquoten gibt. Wer generiert den Wert der Einschaltquote? Wenn ein kleiner Verein eine hohe Quote schafft, ist das okay. Fakt ist, dass sowohl sportliche Qualität als auch Tradition die Quoten generieren. Und das muss berücksichtigt werden.

Sie führen im Hauptberuf ein großes, international tätiges Unternehmen. Ist Schalke noch attraktiv für solche Unternehmen?

Hefer: Absolut. Schalke ist einer der drei größten Vereine in Deutschland und nach wie vor einer der größten weltweit. National ist Schalke eine der attraktivsten Sponsoringplattformen. International würde natürlich etwas mehr internationale Spielzeit helfen.

Gerade die Verteilung der Champions-League-Gelder macht es schwieriger, noch einmal heranzukommen. Wie lange kann Schalke noch dabei zuschauen? Je länger es dauert, desto größer wird die Schere.

Hefer: Das ist kein Schalke-spezifisches Problem. Aus meiner Sicht ist die Premier League allen anderen Ligen enteilt, sie hat einen enormen finanziellen Vorteil, ist in der Auslandsvermarktung deutlich erfolgreicher als andere. Dann gibt es in jeder Liga eine kleine Anzahl von Vereinen, die immer Champions League spielt und viel Geld verdient. Das führt dazu, dass diese Ligen immer langweiliger werden. Mein jüngster Sohn ist neun Jahre alt, und kennt nur einen Deutschen Meister.

Irgendwann ist die Lücke zum Beispiel zu Bayern München, Borussia Dortmund und RB Leipzig nicht mehr zu schließen.

Hefer: Es wird schwieriger, sich nach ganz oben hochzuarbeiten. Wir wollen aus eigener Kraft wieder europäisch spielen. Wenn wir unsere Strategie langfristig und erfolgreich umsetzen, ist das zu 100 Prozent realistisch. Ob man in der aktuellen Struktur auch Deutscher Meister werden kann, ist eine ganz andere Sache.

2014 stand Horst Heldt bei der Mitgliederversammlung auf dem Podium und hat gesagt: „Wir wollen die Voraussetzung schaffen für eine Deutsche Meisterschaft“. Das werden Sie nicht mehr sagen…

Hefer: Ich weiß auch nicht, ob ich es 2014 gesagt hätte (lacht). Es stellen sich im Fußball grundsätzliche Fragen. In 34 Spielen im normalen Ligabetrieb hat derjenige mit den größten finanziellen Mitteln und dem höchsten Kaderwert die größten Chancen, zu gewinnen. Wenn man zum Beispiel Play-offs spielt, ist diese Wahrscheinlichkeit geringer. Ändert man nichts an der Struktur der Ligen, sollte man den Spielmodus derart ändern, dass das Zufallselement im Ausspielen der Meisterschaft gestärkt wird.

Da werden Ihnen viele Traditionalisten aufs Dach steigen.

Hefer: Absolut. Das ist nicht populär. Die Frage ist: Möchte man an der Tradition festhalten oder nochmal zehn Jahre denselben Deutschen Meister haben?