Gelsenkirchen. . Jefferson Farfan hat seine Karriere beendet. Auf Schalke bleibt er jedoch unvergessen. Ex-Teamkollege Ralf Fährmann schwelgt in Erinnerungen.
Ob Paradiesvogel, Top-Stürmer, Skandalnudel oder Flügelflitzer – über Jefferson Farfan kann man sagen, was man will. Klar ist allerdings: Langweilig wurde es mit dem Peruaner nie. Egal, ob auf oder neben dem Fußballplatz. Das werden all seine ehemaligen Teamkollegen bestätigen, gerade beim FC Schalke 04, wo Farfan den Großteil seiner Profikarriere verbracht hat.
Mit 38 Jahren hat „La Foquita“ (die kleine Robbe), wie er in seiner Heimat genannt wird, seine aktive Laufbahn vor einigen Tagen offiziell beendet. Zuletzt spielte er noch bei seinem Heimat- und Herzensklub Alianza Lima. Sieben Jahre und damit die Blütezeit seiner Karriere hat Farfan allerdings im Ruhrpott verbracht und das königsblaue Trikot getragen. 53 Tore und 69 Vorlagen konnte er in seinen 228 Pflichtspielen für Schalke beisteuern – was ihn zu einem der erfolgreichsten Schalker in diesem Jahrtausend macht.
Noch heute blickt man in strahlende Gesichter, wenn man sich in Gelsenkirchen zu Jefferson Farfan umhört. „Er war ein toller Teamkollege, ein Spaßvogel, aber auch ein Genie auf dem Platz“, erklärt Ralf Fährmann im Gespräch mit der WAZ. Sieben Jahre teilte er sich mit Farfan die Kabine. Spontan fallen dem Torwart zu Farfan zwei Dinge ein. „Sein breites Lachen und sein dicker Arsch“, sagt Fährmann mit einem Lachen.
Schalkes Farfan konnte Spiele im Alleingang entscheiden
Und das meint der Ur-Schalker gar nicht despektierlich – im Gegenteil. Denn auf dem Rasen war Farfan ein wahrer Meister darin, seinen wuchtigen Körper einzusetzen. „Den hat er bei Zweikämpfen immer reingestellt, um den Ball zu behaupten“, erläutert Fährmann seine Antwort.
Auch interessant
Genau so erzielte Farfan auch das wohl schönste Tor seiner Schalke-Zeit. Im Auswärtsspiel bei Bayer Leverkusen drückte er seinen Gegenspieler mit seinem Hinterteil geschickt am eigenen Strafraum weg und zündete dann den Turbo. Mehr als 80 Meter raste der Rechtsaußen über den Platz, um dann den 1:0-Siegtreffer für S04 zu erzielen. Elf Jahre ist das inzwischen her. Farfans Sprintstärke war außergewöhnlich und brachte ihm bei den Königsblauen einen weiteren Spitznamen ein: „Düsen-Jeff“.
„Klar, er war ein Paradiesvogel, ein Freigeist, aber auf dem Platz konnten wir uns auf ihn verlassen“, schwärmt Fährmann von seinem ehemaligen Teamkollegen. Auf Defensivaufgaben verzichtete der Peruaner gern auch mal, doch das hat man ihm auf Schalke verziehen, denn die Mannschaft wusste: Dieser Farfan war ein besonderer Spieler. Einer, der Spiele im Alleingang entscheiden kann. Von dieser Kategorie gab und gibt es nicht viele in der Bundesliga. „Er konnte aus Scheiße Gold machen“, formuliert es Ralf Fährmann treffend.
Unvergessene Tore und Eskapaden von Jefferson Farfan auf Schalke
Unvergessen sind auf Schalke auch seine Tore in den Revierderbys gegen Borussia Dortmund oder etwa sein Freistoßtor im Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Valencia. Das Bild der heutigen S04-Ikone prägen aber nicht nur sportliche Highlights. Auch einige Fehltritte neben dem Platz sind Teil der Geschichte von Jefferson Farfan. Immer wieder sorgte er für Schlagzeilen und medialen Wirbel – und natürlich gab es kaum eine Transferperiode ohne Gerüchte über einen Farfan-Abgang.
Besonders mit Ex-Trainer Felix Magath geriet Farfan immer wieder aneinander. Die fast schon militärischen Trainingsmethoden des deutschen Disziplinfanatikers passten nicht zur südamerikanischen Lockerheit, die Farfan ausstrahlte. Ein Trainingsweltmeister war er nie.
Auch Pünktlichkeit zählte nicht zu den großen Stärken von Jefferson Farfan. Und so kam es vor, dass er seinen Urlaub auch mal eigenmächtig um einige Tage verlängerte. Wie im Januar 2011, als der Offensivmann zu spät aus Peru zurückkehrte und sogar den Abflug der Mannschaft ins Trainingslager verpasste. Schon darüber war Magath alles andere als glücklich. Als dann noch Bilder des feiernden Farfan von einer Party auftauchten, während die Kollegen bereits in der Türkei schwitzten, wütete der Trainer. Die Folge: eine damalige Rekordstrafe von 125.000 Euro.
„Wir können glücklich sein, dass ein Spieler wie Jeff so lange auf Schalke geblieben ist
Als er kürzlich im peruanischen Fernsehen von seinem Dauerzwist mit Magath erzählte, konnte er längst darüber lachen. Wohl auch, weil Jefferson Farfan auf eine Traum-Karriere zurückblicken kann. Aus ärmlichen Verhältnissen hat er es bis in die Champions League, mit seinem Heimatland Peru (102 Länderspiele) sogar zur WM geschafft. Neben Schalke spielte er auch für die PSV Eindhoven, Al-Jazira (Vereinigte Arabische Emirate), Lokomotive Moskau sowie Alianza Lima. Selbst seine Titelsammlung ist üppig – trotz sieben Schalke-Jahren. In den Niederlanden, Peru, Russland und den Emiraten gewann er insgesamt elf nationale Meistertitel, mit Königsblau 2011 immerhin den DFB-Pokal.
„Wir können glücklich sein, dass ein Spieler wie Jeff so lange auf Schalke geblieben ist“, sagt Ex-Teamkollege Fährmann. Für den 34-jährigen Torwart zählt Farfan sogar zu den besten Mitspielern seiner Karriere. „Klar, ich habe auch mit Raúl und dem Hunter (Klaas-Jan Huntelaar) gespielt, aber auch er gehört zu dieser Kategorie.“
Dass Farfan kein Trainingsweltmeister war, war für Schalke vielleicht sogar eine glückliche Fügung, denkt Fährmann. Der Torwart ist sicher: „Wenn Jeff noch ein bisschen ehrgeiziger gewesen wäre, wäre er nicht so lange bei uns geblieben, sondern hätte bei einer der Top-5-Mannschaften der Welt gespielt.“
So reichte es für Jefferson Farfan „nur“ für Schalke, wo seine Sprints, seine Tore – aber auch seine Eskapaden unvergessen bleiben