Gelsenkirchen. Dominick Drexler ist einer der wenigen Gewinner in dieser Saison bei Schalke 04. Drei Tage nach dem 2:3 gegen Augsburg redete er Klartext.
Gut schlafen konnte Dominick Drexler in der Nacht von Sonntag auf Montag nicht. Beide Tore hatte er bei der 2:3-Niederlage des FC Schalke 04 gegen den FC Augsburg vorgelegt, und doch ärgerte ihn die vermeidbare Pleite sehr. "Ich bin 32 Jahre alt, ich liebe es, für diesen Verein zu spielen, er ist weltweit der achtgrößte im Zuschauerzuspruch, wie ich gelesen habe", sagte Drexler am Mittwoch in einer Medienrunde. "Aber wenn ich in Überzahl 2:3 gegen Augsburg verloren habe, dann schlafe ich nur drei Stunden. Dann bin ich richtig, richtig unglücklich." Drexler gehört zu den Führungsspielern der Königsblauen. Einer, der sich über die andeutende Krise eine Menge Gedanken macht.
In der Bundesliga ist er ein Spätstarter. Erst im Alter von 27 Jahren feierte er sein Erstliga-Debüt, als er mit dem 1. FC Köln in Wolfsburg mit 1:2 verlor. Vorher war der in Bonn geborene und bei Bayer Leverkusen ausgebildete Drexler auf die 2. und 3. Liga spezialisiert. Für Rot-Weiß Erfurt, den VfR Aalen und Holstein Kiel bestritt er zwischen 2010 und 2017 147 Drittligaspiele (32 Tore, 37 Vorlagen). Für die SpVgg Greuther Fürth, Aalen, Kiel und Köln kam er zwischen 2013 und 2019 120-mal in der Zweiten Liga (26 Tore, 37 Vorlagen) zum Einsatz. Im gestandenen Alter wechselte er vor einem Jahr zum Absteiger Schalke, nachdem er in Köln nur noch Ergänzungsspieler war.
Auf Schalke spielt er nun mit seinem Kumpel Simon Terodde zusammen - und er gehörte schon in der Aufstiegssaison zu denen, die etwas zu sagen hatten. Sein Wort hat Gewicht. Er spricht nicht drumherum, drückt sich dabei aber sehr gewählt aus. Sein aktueller Trainer Frank Kramer spricht stets mit Hochachtung von Drexler, bezeichnet ihn wahlweise als "Straßenkicker" oder auch "Straßenköter". Drexler hat eine feine Technik, kann aber auch dazwischen hauen. Er holt oft Freistöße heraus, provoziert Gelbe Karten, setzt mit Fouls auch mal Zeichen. In Köln am ersten Spieltag führte eins davon zu einer Roten Karte - auch wenn diese unberechtigt war.
Schalke-Profi Drexler über Terodde: "Bin extrem froh"
Im Spiel nach vorn ist er Schalkes Konstante - ein Tor erzielte er selbst, drei legte er sehr klug vor. "In der vergangenen Saison ist mir das 5-3-2-System, so wie wir es gespielt haben, nicht entgegen gekommen, was die Scorerpunkte angeht. Jetzt spiele ich im Zentrum, wo ich selbst meine Stärken sehe", sagte er. Vor allem sein blindes Verständnis mit Terodde kam ihm bei zwei Torvorlagen zugute. "Ich bin extrem froh, mit Simon auf dem Platz stehen zu können, weil ich mich damit identifizieren kann, wie er als Typ ist, was er für Laufwege hat, wie er Fußball sieht. Da ich eher der Vorlagengeber bin, finde ich es überragend, so einen Abschlussspieler zu haben", sagte Drexler.
Für ihn persönlich läuft es gut, wie er selbst erwähnt: "Wenn Scorer oder gute Leistungen abfallen, ist es immer schön. Aber der Verein ist wichtig. Ich will gewinnen." Und nicht die komplette Kritik nach dem 2:3 gegen Augsburg konnte er verstehen: "Wenn wir das Standbild 70. Minute haben: Wir machen das 2:2, die Fans sind da, wir sind in Überzahl. Gegen einen direkten Mitkonkurrenten haben wir alles auf unserer Seite. Bis dahin ist unser Matchplan aufgegangen. Spielen wir das Spiel ab der 70. Minute zehnmal, gewinnen wir achtmal." Dass die Partie doch noch verloren ging, kreidete er nicht Trainer Frank Kramer an. Drexler gab sich selbstkritisch: "Wir haben die Überzahl auf dem Platz schlecht ausgespielt. Da müssen wir Führungsspieler uns an unsere Nase fassen. Da muss mehr von uns kommen, mehr Verantwortung, damit du auf jeden Fall nicht das 2:3 schluckst."
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Dass die Führungsspieler nicht mehr zwingend mit Kramer auf einer Wellenlänge funken, wie es verschiedentlich heißt, wies Drexler energisch zurück: "Wir müssen uns in der Verantwortung sehen und nicht den vielleicht einfacheren Weg sehen und es auf den Trainer schieben. Es ist normal, dass so eine Unruhe aufkommt, ich kann aber versichern, dass es in der Führungsspieler-Etage darum geht, dass wir an uns denken müssen, dass wir noch intensiver miteinander arbeiten, um insgesamt zum Beispiel im Strafraum besser zu verteidigen."
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Die Fans bat Drexler um Geduld: "Bei einem Verein wie Schalke ist immer Druck da, es gibt immer etwas zu kritisieren. Aber am achten Spieltag ist noch keiner auf- oder abgestiegen. Wir brauchen einen langen Atem. Jeder, der sich mit der Saison und der Mannschaft befasst hat, dem muss klargewesen sein, dass es ziemlich hart wird, dass wir ein paar Dellen kriegen." Er deutete an, dass das nicht bei allen Spielern direkt angekommen sei: "Jedem, bei dem ich in der Mannschaft das Gefühl hatte, dass er es nicht verstanden hat, dem versuche ich das immer wieder zu sagen." Und auf schlechte Statistiken sollte niemand viel geben. "Ich bin nicht so der Statistik-Fan, wenn ich ehrlich bin. Klar sind wir ein Riesenverein, aber wir haben jetzt nicht den Kader, um oben anzugreifen", erklärte er.
Nun tritt Schalke in Leverkusen an
Am Samstag, das steht fest, ist Drexler in der Startelf gesetzt, wenn Schalke bei Bayer Leverkusen (15.30 Uhr/Sky) antritt. Der Trainerwechsel komme seinem Team nicht zugute, so Drexler: "Das verändert alles, vor allem Statik und Personal." Dann überlegte er kurz und fügte hinzu: "Aber für uns geht es sowieso in jedem Spiel um alles."