Gelsenkirchen. Jakob Fimpel hatte Respekt vor der Aufgabe als U23-Trainer beim FC Schalke 04. Der 33-Jährige setzt auf eine Mischung zwischen Spaß und Ernst.

Jakob Fimpel zählt zur Riege der jungen, modern denkenden Trainer. Der 33-Jährige schaffte mit der U 23 des FC Schalke 04 in der vergangenen Saison den Klassenerhalt in der Regionalliga West und steht mit dem jungen Team jetzt auf Platz vier. Fimpel ist kein Typ, der sich dafür selbst auf die Schulter klopft. Er will sein Team und sich stetig verbessern und den nächsten Schritt machen.

Fußball bedeutet für den ehemaligen Aalener enorm viel. Er saugt alle möglichen Infos auf und trägt Schalke fest in seinem Herzen, „auch wenn ich eigentlich aus dem Süden komme“, wie er mit einem Zwinkern betont. Im WAZ-Interview spricht Jakob Fimpel über seine Ziele, die Schalker Wucht, seine Familie und die Profi-Perspektiven seiner Talente.

Herr Fimpel, Sie sind mit 33 Jahren bereits Trainer eines Fußball-Regionalligisten. Liegt in Ihrer Schublade eigentlich eine Art Karriereplan?

Jakob Fimpel (lacht): Einen detaillierten Karriereplan gibt es bei mir nicht. Mein Ziel war es immer, durch die Aufgabe, der ich gerade nachgehe, zu verbessern und mich bestmöglich an die Anforderungen anzupassen. Auf Schalke habe ich die Chance, Cheftrainer der U 23 zu werden, ergriffen.

Sie zählen ähnlich wie Bayern-Coach Julian Nagelsmann, der bei RB Leipzig mit 33 Jahren bereits die Qualifikation zur Champions League eintütete, zur Generation der jungen Fußball-Trainer. Nagelsmann kommt schon mal mit dem Skateboard oder mit der Harley zum Training. Wie viel Show gehört für Sie dazu?

Dass Julian Nagelsmann mit dem Skateboard zum Training kommt, höre ich zum ersten Mal (lacht). Ich interessiere mich sehr für Fußball, habe unter anderem die Biografie von Real Madrids Trainer Carlo Ancelotti oder Manchesters langjährigem Coach Alex Ferguson gelesen, aber einige Dinge bekommt man dann doch nicht mit.

Ancelotti ist ein gutes Stichwort: Er klingelte kürzlich bei seinem Spieler Antonio Rüdiger und wurde auf eine Grillwurst eingeladen. Können Schalker U23-Spieler auch bei Ihnen klingeln?

Natürlich können sie bei mir klingeln (grinst). Wenn die Jungs wollen, können sie gerne zum Grillen vorbeikommen. Einige Spieler wohnen bei mir sogar um die Ecke, und ein bisschen Spaß muss zwischendurch auch sein.

Sportlich lief es zwischenzeitlich nicht ganz so rund. Die U 23 ist viermal ohne Sieg geblieben. Bleibt da Zeit für Spaß?

Es kommt auf die Mischung an. Wenn man von Erfolg zu Erfolg eilt, muss man antizyklisch arbeiten und darf nicht meinen: Alles läuft von allein. Wenn es von den Ergebnissen her nicht so nach Wunsch läuft, darf man aber auch nicht alles sofort in Frage stellen. Wir haben unsere Statistiken und unseren subjektiven Eindruck: Die Leistungen an sich waren keineswegs enttäuschend, sondern nur die Ergebnisse. Man muss sich dann wieder Selbstvertrauen holen und es erneut probieren.

Was bedeutet Schalke 04 für Sie?

Schalke ist etwas Besonderes, ein geiler Verein, der mich auch früher schon interessiert hat, obwohl ich aus Süddeutschland komme. Ich fand damals die Schalker Spieler Emile Mpenza oder Lincoln super. Über die Jahre, die man hier arbeitet, geht man noch einmal mehr mit. Schalke hat eine Riesenpower. Das ist nach wie vor unser größtes Pfund – auch, wenn wir mit jungen Spielern sprechen, die wir für uns gewinnen wollen.

Sie haben viele Jahre im Schalker Nachwuchsbereich gearbeitet und sind vor ein paar Monaten in einer sportlich schwierigen Lage zur U 23 aufgerückt. Was ging Ihnen da durch den Kopf?

Ich hatte Respekt vor dieser U 23-Aufgabe und war erleichtert, als wir den Klassenerhalt alle gemeinsam geschafft haben. Das war ein Kraftakt und ganz wichtig für unsere weitere Planung. Mein Vorgänger Torsten Fröhling hat mir damals eine gute Gruppe hinterlassen, die Jungs waren topfit. Und wir haben dann die erforderlichen Ergebnisse eingefahren.

Jakob Fimpel im Gespräch mit WAZ-Redakteur Thomas Tartemann (rechts). Hinten: Schalke-Sprecherin Jette Hinkers.
Jakob Fimpel im Gespräch mit WAZ-Redakteur Thomas Tartemann (rechts). Hinten: Schalke-Sprecherin Jette Hinkers. © Ingo Otto / FUNKE Foto Services | Ingo Otto / FUNKE Foto Services

Wie sieht Ihre Trainerhandschrift aus?

Defensiv versuche ich, den Jungs eine klare Struktur mitzugeben. Wir wollen intensiv sein. Bei den Trainingsinhalten gehen wir aber auch ins Kreative, es geht um das Herausspielen von Chancen. Nach einem Ballverlust will ich schnell wieder mit meiner Mannschaft den Ball haben, damit wir das Spiel bestimmen können. Generell ist mir ein 4:3 lieber als ein 1:0.

Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial?

Wir können im Ballbesitz noch viel besser werden. Auch beim Herausspielen von klaren Chancen können wir zulegen. Bisher ist das, was wir machen, ganz ordentlich, aber wir könnten noch dominanter auftreten.

Mit Sidi Sané, dem Bruder von Bayern-Star Leroy Sané, haben Sie einen vielbeachteten Offensivspieler dabei, der zuletzt beim 4:2 gegen Fortuna Düsseldorfs Reserve ein sehenswertes Tor erzielt hat. Können Sie heute schon erkennen, dass Sidi in zwei Jahren Bundesligaspieler sein wird?

Gerade im U 23-Bereich hat jeder Spieler eine Grundqualität. Dabei kommt es auf die Fähigkeit des Spielers an, daraus mehr zu machen, sich abzuheben. Jetzt kommt die Phase, in der es sich für die U 23-Spieler entscheidet: Schaffst du es, dein Potenzial im Seniorenbereich auf den Platz zu bringen? Alle stehen jetzt an dieser Schwelle. Die Frage ist: Wer schafft es, da herauszustechen? Ein paar unserer Jungs durften zuletzt mit der Lizenzmannschaft trainieren und beim Testspiel gegen Gütersloh auflaufen. Frank Kramer und sein Team schauen genau hin. Es geht darum, den Jungs in diesen Einheiten und Spielen weiteren Schliff zu geben.

In Ihrem Regionalliga-Team bekommen umgekehrt auch Profis wie Leo Greiml, Ibrahima Cissé, Kerim Calhanoglu oder Memo Aydin Wettkampfpraxis. Daraus resultieren Bankplätze für U 23-Spieler. Ein schwieriger Spagat für Sie als Trainer?

Das Grundverständnis für solche Situationen muss bei jedem U 23-Spieler vorhanden sein. In Ordnung ist es für einen Spieler persönlich natürlich nie, wenn er nicht dabei ist und stattdessen auf der Bank Platz nehmen muss. Aber wir haben hier ein tolles Trainerteam, bieten Extra-Einheiten und positive Elemente an. Das kann ich den Jungs versprechen: Auch durch die Trainings kommen sie Schritte nach vorne.

"Schalke ist etwas Besonderes, ein geiler Verein", sagt Jakob Fimpel. © Ingo Otto / FUNKE Foto Services | Ingo Otto / FUNKE Foto Services

Wenn man online in Ihrer Vita nachforscht, findet sich bis auf Einsätze in Aalens U 19 oder für die Seniorenmannschaft von Lindenthal-Hohenlind relativ wenig über Ihre Stationen.

Ich habe beim VfR Aalen in der U 19 gespielt und auch bei den Profis unter den damaligen Trainern Jürgen Kohler, Rainer Scharinger oder Edgar Schmitt mittrainiert. Weil der VfR-Kader sehr groß war, gab es für mich nach oben jedoch keine Chance. Ich habe in Aalen noch in der U 23 gespielt, mir aber dort meine zweite Meniskusverletzung im rechten Knie zugezogen. Ich bin ein sehr ehrgeiziger Spieler gewesen, aber irgendwann musste eine Entscheidung her: Ich wollte als Trainer weiter im Fußball dabei bleiben und bin dann während des Studiums noch in der sechsten Liga aktiv gewesen.

Wie kommt man mit Anfang 20 auf die Idee, Trainer zu werden?

In Aalen bin ich als A-Jugendlicher Coach der U 15-Mannschaft gewesen und konnte den Jungs ein paar technische Sachen und ein paar Finten zeigen. Das hat mir Spaß gemacht. Während meines Sportstudiums in Köln haben sich dann weitere Möglichkeiten ergeben. Damals lief ein DFB-Scouting-Projekt unter der Leitung von Stefan Nopp. Es gab dadurch Kontakt zu Sven Demandt, der die U 23 von Borussia Mönchengladbach trainiert hat. Ich habe für Borussias U 23 dann die Videoanalyse gemacht, bin danach als Co-Trainer im Nachwuchsbereich des 1. FC Köln tätig gewesen.

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Und dann sind Sie bei Schalke gelandet.

Mein Vorteil bei den Gesprächen mit Mathias Schober und Oliver Ruhnert war sicherlich, dass ich schon Erfahrung als Analyst und Co-Trainer hatte. So viel andere Auswahl gab es damals nicht (lacht).

Mit Willi Landgraf, bei dem Sie zunächst Assistenzcoach in der U 15 waren, verbindet Sie eine besondere Bindung.

Willi und ich, das passt einfach. Er ist menschlich einfach top. Das haben wir schon im ersten Telefonat gemerkt. Als ich nach einem Schalke-Training wieder zu mir nach Hause nach Köln fahren wollte, meinte er zu mir: Was fährst du denn immer nach Hause? Du kannst bei mir unterkommen. Damals hatte ich noch keine Wohnung in Gelsenkirchen.

Bei U 23-Heimspielen hört man Sie an der Bande schon mal das eine oder andere spanische Wort sprechen. Wie kommt das?

Meine Frau Florencia, die ich bereits mit 15 Jahren kennengelernt habe, ist Argentinierin. Unsere Tochter Juana ist sieben Jahre alt. Wir sprechen zu Hause auch viel Spanisch. Ich hatte die Sprache als Fach in der Schule, habe sie anschließend weiter gelernt. Das hat mir auch bei meinem dreimonatigen Praktikum beim argentinischen Profiklub Independiente geholfen. Nach Boca Juniors und River Plate ist das der drittgrößte Klub in Argentinien. Ich konnte mir dort von der Jugend bis zum Profibereich alles anschauen.