Gelsenkirchen. Cedric Brunner studiert neben dem Fußball Psychologie - wohl auch deshalb hinterfragt der Neu-Schalker sich und seine Leistungen ganz besonders.
Am Ende einer schweißtreibenden Trainingseinheit bei über 30 Grad stand für die Profis des FC Schalke 04 noch ein Abschlussspiel an. In dreimal zehn Minuten sollten die Spieler ihren Trainer Frank Kramer mit Kombinationen, Abschlüssen und geschicktem Verteidigen überzeugen. Mittendrin war auch Cedric Brunner. Der Neuzugang aus Bielefeld verteidigte im weißen Team auf der rechten Seite. Doch der 28 Jahre alte Schweizer hatte am Donnerstag nicht seinen besten Tag, schlug bei einer Ecke über den Ball und verlor einige Zweikämpfe – immer wieder haderte er mit sich. Aus Frust trat er sogar gegen den Torpfosten.
„Ich bin jemand, der eher zu viel nachdenkt“, sagte er nach der Einheit. „Und zu viel Denken hilft im Sport nicht. Ich wäre gern ein bisschen mehr Bauchmensch, daran arbeite ich.“ Und Brunner weiß, wovon er spricht – denn die menschliche Psyche interessiert den Schalker Neuzugang schon lange. Seit einigen Jahren studiert er neben seiner Fußballkarriere Psychologie an einer Fernuniversität, vor allem das Themenfeld der Sportpsychologie begeistert ihn. So sehr, dass er nach seiner Profilaufbahn plant, als Psychologe zu arbeiten.
Schalke-Neuzugang Brunner kann Fußball und Studium gut vereinen
„Gerade im Fußballbusiness gibt es da noch viel Potenzial“, ist Brunner sicher. Denn auch im Jahr 2022 spielen Sportpsychologen in der Bundesliga eine eher untergeordnete Rolle. Die meisten Vereine bieten ihren Profis zwar psychologische Betreuung an, doch genutzt wird diese nur spärlich. Gerade in Drucksituationen kann die richtige mentale Einstellung aber entscheidend sein – all das sind Themen, die den Schalker Neuzugang auch in seiner Freizeit beschäftigen.
Und noch lassen sich Studium und Profikarriere für Brunner „ganz gut vereinbaren“, wie er sagt. „Fußballer haben während der Saison dann doch relativ viel Freizeit. Da kann man ja auch mal etwas Konstruktives machen“, so der Rechtsverteidiger. Aktuell ist Brunner in der Endphase seines Bachelors, noch dieses Jahr will er mit seiner Abschlussarbeit beginnen.
Doch bevor Brunner seinen ersten Universitätsabschluss in der Tasche haben wird, steht für ihn die Bundesliga auf dem Programm. Bei Schalke 04 erwartet den Schweizer der Abstiegskampf – etwas, das er schon aus Bielefeld kennt. „Ich gehe davon aus, dass uns ein harter Kampf bevorsteht“, blickt der 28-Jährige voraus. Auch, weil er weiß, dass im Tabellenkeller um jedes Tor, um jeden Punkt gefightet werden muss.
Für Schalke und Cedric Brunner zählt nur der Klassenerhalt in der Bundesliga
Wie sich Bundesligafußball anfühlt, werden die Schalker schon an diesem Sonntag erfahren, wenn sie am 1. Spieltag beim 1. FC Köln zu Gast sind. Über 50.000 Fans werden die Domstädter lautstark unterstützen – ruhig wird S04 dementsprechend nicht in die Saison starten. „Und das ist gut so“, sagt Brunner. „So bekommen wir direkt mal die volle Breitseite, dann sind wir drin. In Köln ist immer etwas los.“
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Doch ist Schalke 04 wirklich gut genug für die Bundesliga? Kann die Mannschaft von Frank Kramer beim Europapokal-Teilnehmer bestehen? Fragen, die Brunner noch nicht beantworten kann – und auch nicht will. „Vor der Saison weiß man nie genau, wo man steht. Doch das ist doch das Schöne.“ Auch weil die Mannschaft der Gelsenkirchener nach dem Aufstieg noch einmal rundum erneuert wurde (elf externe Neuzugänge) ist es aktuell noch schwer einzuschätzen, wie stark das Team tatsächlich ist.
Klar ist aber: Das Ziel ist zunächst nur der Ligaverbleib. „Je schneller das jedem bewusst wird, umso besser“, sagt Brunner. „Aber ich glaube, die allermeisten haben es kapiert. Und spätestens am Sonntag müssen wir da sein.“