Mittersill. Schalke geht mit Trainer Frank Kramer in die neue Saison. Seit drei Wochen ist er aktiv. Fans und Trainer gewöhnen sich langsam aneinander.

Schon nach wenigen Sekunden hatte Frank Kramer genug gesehen. Energisch unterbrach der Trainer des FC Schalke 04 eine Übung. Giftige, aggressive Zweikämpfe wollte er sehen, die Spieler trabten aber nur. „Das muss scheppern!“, brüllte Kramer laut über den ganzen Platz in Mittersill. „Nicht einfach nur hinlaufen, sondern richtig durchstarten in den Zweikampf!“ Frank Kramer – wie ist der eigentlich? Immer so aufbrausend? Eigentlich ganz lieb? Ein paar Hundert Schalker beobachten in Mittersill stets die Einheiten – und noch fällt ihnen eine Einordnung schwer.

Schalke hat zuletzt viele Trainer erlebt

Einer, der Kramer schon länger kennt, ist Cedric Brunner, Schalke-Zugang. Beide arbeiteten bei Arminia Bielefeld zusammen. Brunner ist erst selbst erst seit sechs Tagen da, muss sich vor der eindrucksvollen Bergkulisse der Kitzbüheler Alpen noch zurechtfinden. Jemanden zu kennen, sei da von Vorteil, sagt er – vor allem, wenn es der Trainer ist. „Den Trainer zeichnet aus, dass er jeden Tag immer Vollgas gibt und von den Spielern dasselbe erwartet. Er ist mit vollem Herzen dabei“, sagte Brunner. Auch menschlich wäre er okay: „Er ist immer offen für ein Gespräch. Ich habe noch keinen getroffen, die sich nicht gut mit ihm verstanden hat.“

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Trainer haben die Schalker viele erlebt in den vergangenen Jahren – und die verschiedensten Typen. Da gab es David Wagner, der sich wie ein Feldherr in den Mittelkreis stellte und seine Co-Trainer die Übungen erklären ließ. Oder Dimitrios Grammozis, der regelmäßig unterbrach und seinen Assistenten wenige Aufgaben übertrug. Kramer ist eine Mischung. Er joggt regelmäßig über den Platz und greift punktuell ein. Er kritisiert mal laut, mal leise. Bei den einzelnen Übungen lässt er seinen Assistenten den Vortritt – zum Beispiel Mike Büskens.

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Büskens, der Schalke mit acht emotionalen Siegen in den letzten neun Saisonspielen zurück in die Bundesliga geführt hatte, hat aktuell keine Probleme mit der zweiten Reihe. Kramer sucht die Nähe des Aufstiegstrainers – aber nicht, um Kumpanei vor den Fans zu demonstrieren. Die Beiden kennen sich schon lange, sind mit der aktuellen Rollenverteilung glücklich.

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Ein Blick auf Kramers Trainingskleidung verrät, dass er keinen Schnickschnack benötigt. Das kommt an. Er trägt schwarz-weiße Fußballschuhe, Marke „Copa Mundial“, wie in den 70ern. Auch ein Mann großer Worte ist er nicht, er ist keiner, der jemals eine hohe Einschaltquote garantieren würde. Seine Ansagen sind bescheiden, so wie es das aktuelle Schalke gern sieht – die großspurigen Ankündigungen gehören auf allen Ebenen des Klubs erst einmal der Vergangenheit an. „Wir wollen am Feinschliff arbeiten, uns aufeinander abstimmen“, sagte er über die Ziele des Trainingslagers – so sachlich wie es nur eben geht.

Matondo-Wechsel bringt Schalke 04 viel Geld

Für ihn ist Mittersill eine Schalke-Nachhilfe. In Fürth, Düsseldorf und Bielefeld – seinen bisherigen Stationen – gab es nicht so viel Ballyhoo. Auf Schalke bekommt er es mit 32 Profis im Trainingslager zu tun, jeden Tag mit neuen Transfergerüchten. Ein Wechsel ist seit gestern abgeschlossen – Rabbi Matondo (21) wechselt zu den Glasgow Rangers nach Schottland. Schalke erhält rund drei Millionen Euro, wenn alle Erfolgsboni ausgezahlt werden – und das gilt in Vereinskreisen als realistisch. Der elfte Zugang in diesem Transfersommer ist ebenfalls im Anflug: Am späten Mittwochabend oder Donnerstagmorgen soll Alex Kral zum Schalke-Team stoßen.

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Und mit so vielen Fans hatte Kramer in seiner Karriere noch nie zu tun. Bisher beschränkten sich die Berührungspunkte auf Autogrammstunden nach den Trainingseinheiten, direkte Kontakte gab es kaum. Nun begegnen er und die Profis am Donnerstag bei der Blau-Weißen Nacht den etwa 1000 mitgereisten Schalke-Fans – das ist stets ein ganz spezielles Zusammentreffen im Mittersill.

Ist er dem ganzen Trubel gewachsen? Das ist offen – aber er und die Fans beginnen, sich aneinander zu gewöhnen, auch wenn es etwas länger dauert. Bisher hinterlässt Kramer einen sehr guten, vorbereiteten Eindruck. Doch er weiß genau: Die richtigen Prüfungen kommt aber erst, wenn die Saison begonnen hat.