Gelsenkirchen. . Im Interview spricht Schalkes Kapitän Danny Latza über den emotionalen Aufstieg, seine persönlichen Rückschläge und den Stolz der Stadt.
Am Sonntag könnte Danny Latza (32) der erste Schalke-Kapitän seit 1958 sein, der wieder eine Schale im Empfang nimmt – zwar „nur“ die Meisterschale der 2. Bundesliga, aber immerhin. Dafür brauchen die Königsblauen beim Spiel in Nürnberg (15.30 Uhr/Sky) nur einen Punkt.
Obwohl Kapitän Latza bei den Franken gelbgesperrt fehlt, hat er sich vor dem vorerst letzten Zweitligaspiel der Schalker Zeit für ein Interview mit dieser Redaktion genommen. Dabei spricht er über seine Tränen am Aufstiegstag und Rückschläge.
Herr Latza, noch am Freitag haben Sie in den Sozialen Medien ein Video veröffentlicht, dass Sie nach dem Aufstieg als Vorsänger in der Nordkurve zeigt. Was bedeuten Ihnen diese Momente?
Danny Latza: Diesen Aufstieg in der Arena zusammen mit unseren Fans erleben zu können, war unbeschreiblich. Bis heute kann ich kaum in Worte fassen, was da passiert ist und was in mir vorging. Ich war total emotional, es herrschte die pure Freude und pure Erleichterung. Von uns allen ist ein großer Ballast abgefallen. Diese Bilder werden für immer bleiben. Ich denke, wir werden alle noch ein paar Wochen brauchen, um das alles zu realisieren und zu verarbeiten.
Gibt es einen speziellen Moment vom Samstag, den Sie nie vergessen werden?
Latza: Der Moment des Abpfiffs war speziell. Da wussten wir, dass wir es geschafft haben. Wir haben das erreicht, wofür wir die ganze Saison gearbeitet haben. Schon zu Saisonbeginn hatten wir alle diesen Traum, der jetzt Realität geworden ist. Für mich persönlich war diese Saison ein Auf und Ab. Ich hatte Verletzungen, musste mich zurückkämpfen.
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Ihr Teamkollege Simon Terodde ist beim Anpfiff direkt weinend zu Boden gegangen.
Latza: Ich hatte schon vor dem Abpfiff Tränen in den Augen. Nach Schlusspfiff bin ich erst wild durch die Gegend gerannt, bin zur Bank gelaufen und habe dann wieder geweint. Ich wusste gar nicht, wohin mit mir. Es war ein Emotionskarussell, das ich so noch nicht erlebt habe.
Sie sind mit acht Jahren in die Jugend von Schalke 04 gewechselt. Was hätte Ihr achtjähriges Ich gesagt, wenn ihm damals jemand erzählt hätte, dass Danny Latza Schalke 2022 als Kapitän zum Bundesliga-Aufstieg führen wird?
Latza: (lacht) Es hätte auf jeden Fall gewollt, dass ihm versichert wird, dass genau das passieren wird. Schalke war für mich schon immer etwas ganz Besonderes. Mein Wunsch war schon immer, mit Schalke etwas Besonderes zu erreichen, was mich mit dem Verein verbindet. Dass es in der ersten Saison nach der Rückkehr so gut funktioniert, ist ein wahr gewordener Traum. Natürlich ist der Aufstieg für jeden aus der Mannschaft emotional – für mich als Gelsenkirchener Junge aber vielleicht noch bedeutender.
Ist der Aufstieg der größte Erfolg Ihrer Karriere?
Latza: In Mainz hatte ich auch spezielle Momente, aber mit dem Aufstieg auf Schalke habe ich noch einen draufgelegt. Ich wollte den Fans und der ganzen Stadt unbedingt etwas zurückgeben, sie wieder stolz machen, nachdem hier in den vergangenen Jahren so viel gelitten wurde. Ich denke, das ist uns durch den Aufstieg gelungen.
Als Kapitän könnten Sie am Sonntag womöglich als erster Schalker seit 1958 wieder eine Meisterschale in Empfang nehmen. Auch, wenn es nur die der 2. Bundesliga ist.
Latza: (lacht) Der Aufstieg ist das Wichtigste. Aber jetzt haben wir die Chance auf diesen Titel und werden alles dafür tun, die Schale nach Hause zu bringen.
Zur Geschichte Ihrer Saison gehören auch einige Rückschläge durch Verletzungen. Wie schwer war diese Spielzeit für Sie persönlich?
Latza: Ich hatte wahrscheinlich genug Verletzungen für sechs Spielzeiten – die habe ich alle in dieser Saison mitgenommen. Hoffentlich bleibe ich im Gegenzug zumindest im nächsten Jahr verschont. (grinst). Sehr bitter war, dass ich mich schon im ersten Spiel verletzt habe. Die Euphorie und Vorfreude, endlich auf Schalke eine wichtige Rolle spielen zu dürfen, war bei mir riesig. Dann direkt monatelang auszufallen, war wirklich schwer für den Kopf. Danach habe ich dann ein paar schwächere Spiele gemacht und es kam Kritik auf – auch damit musste ich leben. Aber ich habe mich davon nicht unterkriegen lassen und mich immer wieder zurückgekämpft. Egal, ob nach den Muskelverletzungen oder meiner Blinddarm-OP. Zumindest war ich dann im Endspurt fit und konnte die Mannschaft auch wieder auf dem Platz führen. Das ist für mich ein versöhnlicher Abschluss.
Vor der Saison haben Sie bei uns im Interview erklärt, dass Sie auf Schalke ein Anführer sein und Verantwortung übernehmen wollen. Konnten Sie dieser Rolle trotz der vielen Ausfälle gerecht werden?
Latza: Ich glaube, in der Kabine hatte ich immer einen hohen Stellenwert – auch, wenn ich nicht spielen konnte. Natürlich sollte der Kapitän im Idealfall in jedem Spiel auf dem Platz stehen, um dann wirklich zu führen, wenn es darauf ankommt – etwa in schwierigen Situationen nach Rückständen. Das konnte ich oft leider nicht leisten. Trotzdem habe ich meine Reha immer auf Schalke gemacht und war trotz meiner Verletzungen nah an der Mannschaft. Obwohl ich nicht aktiv eingreifen konnte, wollte ich in der Kabine präsent und für die Jungs da sein.
Verletzungen waren bei Ihnen ein großes Thema. Gab es in den vergangenen Monaten Phasen, in denen Sie an Ihrem Körper gezweifelt haben?
Latza: Ich wusste, dass ich immer auf meinen Körper hören muss, aber daran gezweifelt, es noch einmal zurückzuschaffen, habe ich nie. Leider hatte ich in meiner Karriere schon einige Verletzungen und habe deshalb eine gewisse Erfahrung mit diesen Situationen. Natürlich war auch ich nach den Diagnosen niedergeschlagen, trotzdem bin ich jemand, der recht schnell wieder positiv in die Zukunft blickt. Der Kopf spielt eine sehr große Rolle und es wäre fatal, alles schwarzzumalen. Mit negativer Einstellung fällt man im Zweifel noch länger aus. Egal, wie schlimm die Situation für einen persönlich wirkt: Es geht immer weiter und es gibt immer Dinge, die Hoffnung machen.
Sie haben die zwischenzeitliche Kritik an Ihren Leistungen angesprochen. Was hat dieser Gegenwind mit Ihnen gemacht?
Latza: Kritik gehört zum Profifußball dazu. Schon vor meiner Rückkehr zu Schalke wusste ich, dass die Medien hier auch mal härter urteilen als anderswo. Aber nach schlechten Spielen muss ich mit Kritik in den Medien rechnen. Wenn die Kritik gerechtfertigt ist, nehme ich sie ernst und befasse mich damit. Doch wichtig ist, sich davon nicht herunterziehen zu lassen, sondern wieder aufzustehen und es besser zu machen. Es ist wichtig, sich immer zu hinterfragen – auch in guten Phasen.
Mit Blick auf die gesamte Saison: Was waren die Schlüsselmomente zum Aufstieg?
Latza: (überlegt lange) Es ist schwer, einzelne Momente herauszupicken. Mitentscheidend war unsere gute Serie am Saisonende. Daraus haben wir extrem viel Selbstvertrauen gezogen. Wichtig war, dass wir auch enge Spiele wie das Heimspiel gegen Heidenheim oder in Sandhausen gewonnen haben. So haben wir das Momentum auf unsere Seite gezogen. Wir haben viel investiert und wurden dafür belohnt.
Sehen Sie Schalke gerüstet für die Bundesliga?
Latza: So weit denke ich noch gar nicht. Ich genieße noch den Moment und hoffe, dass die Jungs am Sonntag die Meisterschale holen. Am Montag gibt es dann noch die Aufstiegsfeier mit den Fans, auf die ich mich freue. Danach geht es für mich in den Urlaub und ich schaue, was der Rouven so aus dem Hut zaubert. (lacht)
Welche persönlichen Ziele haben Sie in Ihrer Karriere noch?
Latza: Das wichtigste ist, gesund zu bleiben. Ich will so viele Spiele machen wie möglich und mit der Mannschaft erfolgreich sein. Wir alle wollen Schalke in der Bundesliga stabilisieren. Das wird eine große Aufgabe.