Gelsenkirchen. . Mit Schalke gewann Johan de Kock 1997 den Uefa-Pokal. Im Interview spricht er über den historischen Erfolg und das aktuelle Team.

Als Abwehrchef war Johan de Kock einer der Eckpfeiler der legendären Eurofighter von Schalke 04. Inzwischen arbeitet der 57 Jahre alte Niederländer als Ingenieur in einer Baufirma in Utrecht – wenn es aber um die Königsblauen geht, wird de Kock noch immer nostalgisch. So auch im Interview mit der WAZ.

Vor dem Zweitliga-Heimspiel der Königsblauen gegen den FC St. Pauli an diesem Samstag (20.30 Uhr/Sky und Sport1) spricht de Kock über die legendäre Europapokal-Saison 1997, seine Liebe zu Schalke 04 und die tolle Entwicklung der Profis unter Mike Büskens.

An diesem Samstag ist das Hinspiel des Uefa-Pokal-Finales gegen Inter Mailand genau 25 Jahre her. Passend zu diesem Jubiläum treffen sich alle Eurofighter in der Arena. Wie groß ist Ihre Vorfreude?

Johan de Kock: Es kribbelt von Tag zu Tag mehr. Vor allem, weil es für die Schalker Mannschaft sportlich seit dem Trainerwechsel immer besser läuft. Sie sind endlich zurück in der Erfolgsspur. Bei den vergangenen vier Heimspielen war ich im Stadion. Ich habe mitgefiebert und mich sehr über die Siege gefreut. Nur gegen Bremen hätte es besser laufen können.

Wie eng stehen Sie noch mit den anderen Uefa-Pokal-Helden von 1997 in Kontakt?

de Kock: Es gibt eine WhatsApp-Gruppe, in der wir uns regelmäßig austauschen. Der Kontakt ist noch sehr eng und ich freue mich, dass an diesem Samstag wirklich fast alle Eurofighter dabei sind – auch das Trainer- und Betreuer-Team. Fehlen werden aber leider Rudi Assauer und Charly Neumann. Aber ich bin sicher, dass sie zumindest im Geiste dabei sind.

Johan de Kock bejubelt den Sieg im Uefa-Pokal 1997 mit Schalke 04.
Johan de Kock bejubelt den Sieg im Uefa-Pokal 1997 mit Schalke 04. © WAZ

Welche Erinnerungen haben Sie noch an den 1:0-Sieg gegen Inter im Final-Hinspiel heute vor 25 Jahren?

de Kock: Es war ein enges Spiel, viele Torgelegenheiten gab es nicht, weder für uns noch für Inter. Wir waren aber die aktivere Mannschaft und konnten dank des Tores von Marc Wilmots mit einer guten Ausgangsposition ins Rückspiel gehen. Inter hat uns damals wirklich unterschätzt. Kurios war, dass sie sich vor dem Spiel im Stadion gar nicht richtig aufgewärmt haben. Sie dachten scheinbar, Schalke schlägt man auch im Vorbeigehen.

Inter war damals eine Mannschaft voller Weltstars, Schalke der krasse Außenseiter. Wie haben Sie es als Mannschaft geschafft, trotzdem ruhig und selbstbewusst zu bleiben?

de Kock: Der Erfolg dieser unglaublichen Uefa-Pokal-Saison hat uns beflügelt. Gerade in der Defensive standen wir extrem gut, haben im ganzen Wettbewerb zu Hause kein Tor kassiert – das war wirklich außergewöhnlich und ganz nach dem Geschmack von unserem Trainer Huub Stevens. Zusätzlich waren wir immer in der Lage, ein Tor zu schießen, wie auch gegen Mailand.

Zwei Wochen später wurde der Triumph durch den Sieg nach Elfmeterschießen in Mailand perfekt gemacht. Wie oft denken Sie noch heute an diesen 21. Mai 1997 zurück?

de Kock: Ich werde natürlich immer wieder darauf angesprochen und auch zu Hause haben einige Bilder der Feier bei mir einen Ehrenplatz. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich an diesen Tag zurückdenke, denn der Uefa-Pokal-Sieg war das größte, das ich als Sportler erlebt habe. Die Freude war riesig und die Atmosphäre mit den 25.000 Schalke-Fans in Mailand traumhaft schön.

Im Elfmeterschießen waren Sie als fünfter Schütze eingeteilt, mussten dann aber gar nicht mehr ran.

de Kock: Ich war wirklich nervös und längst nicht sicher, dass ich treffe. (lacht) Dass ich im Halbfinal-Hinspiel gegen Teneriffa einen Elfmeter verschossen habe, war noch in meinem Kopf. Eigentlich war ich ein sicherer Schütze, immer selbstbewusst. In Mailand aber habe ich mir viele Gedanken gemacht und mir nur vorgenommen, den Ball hart aufs Tor zu schießen – Augen zu und drauf. Zum Glück hat Marc schon vorher alles klargemacht.

Die Schalker Eurofighter feiern den Gewinn des Uefa-Pokals 1997 in Mailand.
Die Schalker Eurofighter feiern den Gewinn des Uefa-Pokals 1997 in Mailand. © getty Images

Sie sprechen die vielen Schalker in Mailand an. Wie haben Sie die Unterstützung damals wahrgenommen?

de Kock: Von den 80.000 Zuschauern im Stadion waren 25.000 aus Gelsenkirchen – und diesen Lärm im San Siro, werde ich nie vergessen. Während des Spiels konnten wir kaum miteinander sprechen, wir haben uns nicht verstanden. Die Schalker haben unfassbaren Krach gemacht.

Auch interessant

Noch heute schwärmen Sie von Schalke 04. Warum sind Sie dem Klub noch immer so eng verbunden?

de Kock: Ich lebe zwar in Utrecht und habe lange für den FC Utrecht gespielt, doch Schalke ist für mich etwas ganz Besonderes. Klar, habe ich für andere Klubs länger gespielt, aber die emotionale Bindung zu Schalke war immer da. Schalke 04 steht für diese Malocher-Mentalität, die gut zu mir passt. Auch ich bin ein Typ, der die Ärmel hochkrempelt und hart arbeitet. Auf dem Platz war ich mir nicht zu schade dafür, meinen Gegenspieler auch mal umzuhauen.

Auf Schalke waren Sie als studierter Straßen- und Wasserbau-Ingenieur auch am Bau der Arena beteiligt. Wie kam es zu dieser kuriosen Doppelbeschäftigung?

de Kock: Als ich mit Rudi Assauer meinen Wechsel nach Schalke ausgehandelt habe, habe ich erzählt, dass ich neben dem Fußball auch als Ingenieur tätig bin. Assauer war begeistert und meinte, es passe sehr gut, denn die Planung der neuen Arena lief bereits auf Hochtouren. Mir war es wichtig, auch diesen Beruf weiter ausüben zu können und wollte beim Stadionbau unbedingt dabei sein. In meinem zweiten Jahr auf Schalke war ich dann tatsächlich in den Bauprozess eingebunden. Wenn meine Teamkollegen nach dem Training nach Hause gefahren sind, bin ich rüber zur Baustelle und habe angepackt. Im Laufe der Jahre hat mein Knie dann immer mehr Probleme gemacht, sodass ich mehr Zeit hatte, auf der Baustelle zu arbeiten.

Neben seiner Tätigkeit als Profi-Fußballer arbeitete Johan de Kock weiter als Ingenieur - und half auch beim Bau der Arena auf Schalke.
Neben seiner Tätigkeit als Profi-Fußballer arbeitete Johan de Kock weiter als Ingenieur - und half auch beim Bau der Arena auf Schalke. © firo

Was genau war Ihr Aufgabengebiet beim Arena-Bau?

de Kock: Vor allem der Straßenbau, der Tiefbau, der Rasenaufbau in der Betonwanne und der Logenaufbau. Als die Arena dann in Benutzung war, habe ich mich bei der Planung zum Verschieben des Spielfelds eingebracht. Dafür habe ich Zeitpläne entworfen, denn damals fanden unter der Woche noch Champions-League-Spiele statt.

Noch bevor die Arena 2001 eröffnet wurde, mussten Sie Ihre Karriere aufgrund von Verletzungen beenden.

de Kock: Bei einem Treffen der Eurofighter durfte ich viele Jahre später zumindest einmal dort spielen. Für ein Pflichtspiel in der Arena hat es für mich leider nicht mehr gereicht – sehr schade. Ich wäre wohl weltweit der erste und einzige Profifußballer gewesen, der in dem Stadion spielt, dass er selbst mitgebaut hat.

Auch interessant

Auch heute spielen die Schalker in der Arena – und könnten dort vielleicht bald den Aufstieg feiern. Glauben Sie an die direkte Rückkehr in die Bundesliga?

de Kock: Ja, ich bin sehr optimistisch. Wenn es gegen St. Pauli zum Sieg reicht, dann wird Schalke aufsteigen, denke ich.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Mannschaft unter Ihrem ehemaligen Teamkollegen Mike Büskens?

de Kock: Auf Schalke bebt es wieder. Mike Büskens hat es geschafft, dass die Mannschaft und die Fans noch enger zusammenrücken. Er lebt die Schalker Leidenschaft vor und das spürt man jetzt auch in der Mannschaft und auf den Tribünen. Die Fans merken, dass das Team immer bis zur letzten Minute kämpft – selbst gegen Bremen, als sie mit 1:4 zurücklag.