Gelsenkirchen. Sechs Siege aus sieben Spielen - mit Trainer Mike Büskens kehrte Schalke 04 in den Aufstiegskampf zurück. Büskens ist ein besonderer Schalker.
Die Vorbereitungen auf das, was Samstagabend passieren könnte, laufen längst. Die Bier-Vorräte sind gefüllt, Sonderbahnen stünden bereit, Gelsenkirchen rüstet sich für die größte Party seit einem Jahrzehnt – den Wiederaufstieg des FC Schalke 04 in die Bundesliga. Sollte Darmstadt 98 an diesem Freitag nicht in Düsseldorf gewinnen (18.30 Uhr/Sky), könnte Schalke bereits am Samstag mit einem Heimsieg gegen den FC St. Pauli (20.30 Uhr, Sport 1 und Sky) alles klar machen. Mittendrin ist einer, der vor fast genau 30 Jahren ein Schalker wurde: Trainer Mike Büskens.
Auch der 54-Jährige schaut an diesem Freitag nach Düsseldorf, in seine Geburtsstadt. „Unabhängig von meiner Vergangenheit werden sich die Fortunen voll reinhängen“, sagt er. Büskens, der von allen Schalkern liebevoll nur „Buyo“ genannt wird, steht vor seinem vorletzten Spiel als Schalker Cheftrainer, bevor er in seine Rolle als „Co“ zurückkehrt. Als Schalke im Aufstiegskampf im März gescheitert schien, übernahm er für Dimitrios Grammozis – seitdem gewann das Team von sieben Spielen sechs und steht ganz oben. Wie hat Büskens das gemacht?
Bei aller Liebe der Fans: Nicht jeder hatte ihm das zugetraut. Seit vielen Jahren hatte er nicht mehr als Chef an der Linie gestanden, er war nie durch taktisch revolutionäre Ideen aufgefallen. Er galt als Übergangskandidat, bevor in der kommenden Saison ein neuer Trainer den nächsten Anlauf nimmt.
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Schalke: Büskens stellt taktisch erheblich um
Büskens stellte die Mannschaft aber taktisch komplett um: mit Vierer- statt Dreierkette in der Verteidigung, Abwehrchef Ko Itakura und Kapitän Danny Latza im Mittelfeld. Die Grammozis-Lieblinge Victor Palsson und Salif Sané mussten auf die Bank. In einigen Spielen hatte Schalke zudem das nötige Glück. Büskens’ größtes Werk: Durch seine Ansprachen einte er Schalkes Fans, deren Verhältnis zu Grammozis stets kühl geblieben war.
Kaum einer steht so für Schalke und die Stadt Gelsenkirchen wie Mike Büskens. Im Gegensatz zu manch anderen Idolen ist er immer in der Stadt wohnhaft geblieben. Er fährt auch mal mit dem Moped von seinem Haus im Stadtteil Ückendorf quer durch die Stadt zur Arena. Mit seinem Hund ist er oft während der Spaziergänge anzutreffen, er joggt gerne durchs Grüne. Mit seinem Projekt „Mike macht Meter“ – er und Schalke-Fans spenden für jeden zurückgelegten Lauf-Kilometer – unterstützt er lokale Projekte, kürzlich grillte er für Obdachlose. Oft baut er in seine Sätze den Begriff „dieses Emblem“ ein, deutet dann auf das S04-Wappen und erzählt Geschichten über „diesen Verein, den ich so sehr liebe“.
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Dass die Schalker nach zwei schweren, von Corona und dem Abstieg geprägten Jahren wieder an einem Strang ziehen, freut ihn sehr. „Mehr als mein halbes Leben bin ich diesem Klub verbunden“, sagte Büskens. „Jeder Einzelne hat hart dafür gearbeitet, dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Es spiegelt das Bild wieder, was ich 29 Jahre von Schalke gewonnen habe: Dieses Miteinander, das Emotionale, dass es nur Schwarz oder Weiß gibt, kein Grau.“ Er sagte 29 Jahre, weil er das Abstiegsjahr ausklammerte. In der Endphase war er 2021 als Co-Trainer dabei, bekam selbst Schläge ab, als Schalkes Fans nach dem Abstieg vor der Arena randalierten. „Das waren dunkle Momente, die ich mir nie hätte vorstellen können“, sagte Büskens. Nun sei er stolz darauf, dass sich alles wieder geändert habe. Und damit meint er, der sich auch mit dem Nachwuchs und der Klubpolitik beschäftigt, nicht nur das Sportliche: „Ich glaube, dass auch die Beendigung des Gazprom-Deals sehr wichtig war.“
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Schalke: Eurofighter treffen sich am Samstag - ohne Büskens
Büskens, der 2017 von den Mitgliedern in die Ehrenkabine des Klubs berufen wurde, hatte als Spieler den größten Erfolg der Vereinsgeschichte miterlebt – 1997 gehörte er zu den „Eurofightern“, die überraschend den Uefa-Pokal gewannen. Am Samstag kommen zum Silber-Jubiläum die meisten Spieler ins Stadion. Büskens ist nicht unter ihnen, er hat zu tun. „Es ist schön, dass sich dieser einzigartige Triumph zum 25. Mal jährt. Ich bin aber null in die Abläufe eingebunden. Nach dem Spiel wird man schauen, wie lange man sich trifft.“
306 Schalke-Spiele - so lief Büskens' Karriere
Mike Büskens ist ein gebürtiger Düsseldorfer, er wurde bei der Fortuna fußballerisch ausgebildet und zum Profi. Nach 114 Pflichtspielen für die Fortuna (7 Tore, 5 Vorlagen) wechselte der Linksverteidiger 1992 zum FC Schalke 04. In zehn Jahren bestritt er 306 Pflichtspiele für S04 (17 Tore, 14 Vorlagen), gewann mit dem Klub den Uefa-Pokal (1997) und zweimal den DFB-Pokal (2001, 2002). In der Rückrunde der Saison 1999/2000 spielte er auf Leihbasis für den MSV Duisburg (12 Spiele, 1 Tor), nachdem er bei den Königsblauen den Stammplatz verloren hatte. Seine Karriere ließ er in der U23 der Königsblauen als spielender Co-Trainer ausklingen (2002 bis 2005).
2005 musste er wegen einer Sepsis künstlich beatmet werden. Nach einem Riss der Patellasehne und vielen Knie-Operationen beendete er seine sportliche Laufbahn und konzentrierte sich auf seine Trainer-Karriere, die ihn viermal aus Gelsenkirchen wegführte - zweimal zur SpVgg Greuther Fürth (2009 bis 2013, 2015), zu Fortuna Düsseldorf (2013) und Rapid Wien (2016). Bei S04 war er U23-Trainer (2005 bis 2008), Co-Trainer der Profis (2008/09 und seit 2021). Nun ist er zum dritten Mal nach 2008 und 2009 Interimstrainer der Profis. In seinen vereinslosen Phasen saß er bei S04 im Sportbeirat, kümmerte sich um verliehene Spieler und reiste als Repräsentant mit nach China.
Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Gelsenkirchen.
Es ist die Mischung aus Emotionalität und Realismus, die Büskens momentan ganz besonders auszeichnet. Findet auch Sportdirektor Rouven Schröder, der die gewagte Entscheidung getroffen hatte, Büskens noch einmal zum Chef zu machen. „Wir bemühen uns um eine gewisse Balance – Euphorie extern zulassen, intern aber ruhig und sachlich bleiben. Buyo marschiert vorneweg und lebt das“, sagte Schröder.
Im Aufstiegsfall wäre Büskens auch noch der Job als Party-Organisator zuzutrauen – das war er noch nie auf Schalke. Sonst hat er fast alle Aufgaben schon hinter sich: Profi, Co-Trainer, U23-Trainer, Cheftrainer, Mitglied des Sportbeirats und, und, und. Und als Profi war er, der Linksverteidiger, im September 1992 sogar mal Torwart. Als Schalke im Spiel bei Bayer Leverkusen nicht mehr wechseln konnte, ging er ins Tor. Damals wurde aus ihm Buyo – analog zum einstigen Real-Madrid-Torwart.
Nun könnte er Buyo, der Aufstiegstrainer, werden.