Gelsenkirchen. Mit Augenmaß arbeitet Schalke 04 daran, finanziell wenigstens konkurrenzfähig zu bleiben. Doch es gibt noch viele Hürden. Ein Kommentar.

Es ist verständlich, dass Christina Rühl-Hamers den Geschäftsbericht des FC Schalke 04 für das Jahr 2021 mit einem Lächeln präsentierte. Einerseits geht es ihr darum, in schwierigen Zeiten den etwa 160.000 Mitgliedern und Millionen Fans die Zuversicht zu geben, dass der Klub aus eigener Kraft eine Zukunft hat. Und es ist durchaus eine beachtliche Leistung, trotz des Abstiegs und der Pandemie die Gesamtverbindlichkeiten um 33,5 Millionen Euro gesenkt zu haben. Die finanzielle Planung geschieht mit Augenmaß, die Reduzierung des Personaletats von 80 auf 20 Millionen Euro war eine beachtliche Leistung. Es wird nur Geld ausgegeben, das der Klub auch eingenommen hat. Klingt selbstverständlich, war es auf Schalke aber selten.

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Aber bei genauerem Blick auf die Zahlen fällt auf: Es wäre falsch, sich von diesen Werten blenden zu lassen. Der Rucksack, so hatte Rühl-Hamers das vor einigen Monaten ausgedrückt, ist immer noch vollbepackt mit dicken Brocken. Den Gipfel des Berges Schuldenabbau können die Schalker noch nicht einmal sehen.

Schalkes Verbindlichkeiten: Anleihen, Kredite, Transfer-Schulden

Noch immer muss Schalke 183,5 Millionen Euro Finanzverbindlichkeiten abtragen - und wie diese aufgeteilt sind, das zeigt, mit welchen Mitteln Schalke in den vergangenen Jahrzehnten kurzfristig zu Geld gekommen war. Ein großer Brocken sind zum Beispiel noch nicht zurückgezahlte Unternehmens-Anleihen, ein anderer Brocken Kredite für inzwischen gestoppte Bauvorhaben oder zum Ausgleich der Corona-Verluste. Etliche Millionen-Transfersummen sind noch nicht abbezahlt, teilweise von einstigen Hoffnungsträgern, die längst nicht mehr das königsblaue Trikot tragen. Eine Rückkaufverpflichtung für einen Anteilsverkauf wurde nicht gezogen. Innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten sind die einzelnen Summen nicht zu begleichen. Im Gegenteil. Das dauert.

Vor allem, wenn Schalke über einen längeren Zeitraum in der Zweiten Liga spielen sollte, wird es nicht gelingen, so schnell von der horrenden Summe herunterzukommen. TV-Einnahmen würden weiter sinken, Ticket- und Merchandising-Einnahmen wahrscheinlich ebenso. Kurzfristig gelingt es Schalke wahrscheinlich, die Verluste durch die Trennung von Ex-Hauptsponsor Gazprom durch neue Geldgeber abzufedern. Doch nahezu jeder neue Sponsor dürfte mittelfristig den Aufstieg erwarten.

Schalkes Tafelsilber: Catering- und Marketingrechte

Vom Tafelsilber des Klubs wurde aber bereits ein Großteil veräußert - für den Verkauf einer Esports-Lizenz gab es beispielsweise 26,5 Millionen Euro, für Spielertransfers im Jahr 2021 38,5 Millionen Euro. Auch eine Überbrückungshilfe des Bundes für Corona-Ausfälle gibt es nur einmal. Was bleibt noch, wenn Schalke erneut in größte Not geraten würde? Die Ausgliederung der Profiabteilung wäre aktuell nicht sinnvoll, da keine große Summe zu erzielen wäre. Für jeweils zweistellige Millionen-Summen könnten Catering- und Marketingrechte verkauft werden. Höhere Transfererlöse sind maximal noch mit Amine Harit, Ozan Kabak und Malick Thiaw zu erzielen. Das war's.

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Bis 2024 soll die Rückkehr in die Bundesliga gelingen. Sämtliche Szenarien in diesem Zeitraum, versichert der Klub, seien konservativ durchgerechnet. Es kann alles gut gehen: Der Aufstieg gelingt, das Stadion darf wieder dauerhaft zu 100 Prozent gefüllt werden, Sonderveranstaltungen in der Arena finden statt, zusätzliche Sponsoren füllen die Kassen, für Harit und Kabak zahlen kaufkräftige Klubs hohe Ablösesummen. Es kann aber auch schief gehen. Der Worst Case: Der Aufstieg misslingt, es gibt auch in der kommenden Saison Geisterspiele, Harit und Kabak bleiben erneut lange auf der Gehaltsliste und Schalke sackt in der Tabelle der Zweiten Liga ab.

Schalke sollte auf die erste Möglichkeit hoffen.