Gelsenkirchen/Karlsruhe.. Als Co-Trainer des KSC trifft Zlatan Bajramovic diesen Samstag auf Schalke. Im Interview blickt er auf seine Zeit bei S04 zurück.

Als Profi spielte Zlatan Bajramovic drei Jahre für Schalke 04 in der Bundesliga. „Nie habe ich in meiner Karriere in einer besseren Mannschaft gespielt“, erinnert sich der heute 42-Jährige zurück, der inzwischen Co-Trainer des Karlsruher SC ist – dem kommenden Gegner der Königsblauen.

Im WAZ-Interview spricht Bajramovic über seinen Trainerjob, das Spiel gegen Schalke 04 und er blickt auf seine Zeit in Gelsenkirchen zurück, die reich an Höhepunkten war.

Herr Bajramovic, war Ihnen schon immer klar, dass Sie Trainer werden wollen?

Zlatan Bajramovic: Als die Verletzungsprobleme gegen Ende meiner aktiven Laufbahn immer größer wurden, war mir klar, dass ich auf dem Rasen bleiben will. Ich muss aber zugeben, dass die Anfangszeit als Trainer nicht einfach war. Fast die komplette Arbeit findet vor dem Spiel statt. Während der 90 Minuten habe ich als Trainer kaum noch Einfluss und diese fehlende Kontrolle hat mich am Anfang sehr viele Nerven gekostet. Inzwischen habe ich aber riesigen Spaß.

Unterschätzt man als aktiver Profi die Arbeit eines Trainers?

Bajramovic: Definitiv, man verbringt als Trainer viel mehr Zeit auf dem Vereinsgelände. Viel entscheidender ist aber, dass man sich ununterbrochen Gedanken über die Mannschaft macht – auch zu Hause. Christian Eichner und ich telefonieren ständig, um unsere Ideen miteinander zu teilen.

Was genau sind Ihre Aufgaben als Co-Trainer von Christian Eichner?

Bajramovic: Christian und ich sind nur zu zweit, ich bin der einzige Co-Trainer, weshalb der Austausch sehr eng ist. Wir treffen nahezu alle Entscheidungen zusammen, klare Aufgabenfelder sind schwer zu benennen. Wir kümmern uns beide um alles, was wichtig ist. Trotzdem ist Christian der Frontmann, der bei Pressekonferenzen auf dem Podium sitzt und an der Linie steht – und das macht er überragend. Im Zweifel hat er als Chef das letzte Wort, aber als Team funktionieren wir sehr gut.

Zlatan Bajramovic (hinten) ist beim Karlsruher SC Co-Trainer von Christian Eichner.
Zlatan Bajramovic (hinten) ist beim Karlsruher SC Co-Trainer von Christian Eichner. © firo | Unbekannt

Zusammen mit Eichner haben Sie den KSC vor zwei Jahren als Abstiegskandidat übernommen. Wie haben Sie es geschafft, für Ruhe und Stabilität in Karlsruhe zu sorgen?

Bajramovic: Unsere Art passt gut zur Mannschaft. In der täglichen Arbeit schaffen wir es meiner Meinung nach, Spaß und harte Arbeit zu kombinieren. Das Team hat diese Kombination gut angenommen und unsere Aufgabe als Trainerteam ist es, die gute Stimmung und Arbeitsatmosphäre aufrechtzuerhalten.

In der Liga steht der KSC auf dem neunten Rang. Geht der Blick eher nach oben oder nach unten?

Bajramovic: Vor zwei Wochen hätten wir noch über den Abstiegskampf gesprochen, jetzt stehen wir gefestigt in der mittleren Tabellenregion. Man hat in den vergangenen Wochen gesehen, wie schnell es in der 2. Bundesliga gehen kann. Wir versuchen, das Beste aus unseren Mitteln herauszuholen. Wenn alles passt, sehe ich uns im gesicherten Mittelfeld der Liga, in schlechteren Phasen müssen wir aber aufpassen, nicht unten reinzurutschen.

Ex-Schalke-Profi Zlatan Bajramovic.
Ex-Schalke-Profi Zlatan Bajramovic. © firo | Unbekannt

Aber an einem guten Tag können Sie auch Schalke schlagen – wie im Hinspiel. Was macht Ihnen Hoffnung auf eine erneute Überraschung?

Bajramovic: Diese verrückte Zweite Liga macht mir Hoffnung. Spätestens als ich gesehen habe, dass Ingolstadt Nürnberg mit 5:0 schlägt, war mir klar, dass wirklich alles möglich ist. Wir freuen uns auf das Spiel und sind froh, dass wir nach zwei wichtigen Siegen ohne viel Druck vor 15.000 Fans auf einen so großen Gegner treffen. Wir haben nichts zu verlieren.

Was ist die Formel, um Schalke zu besiegen?

Bajramovic: Ich will jetzt nicht zu viel verraten. (lacht) Aber wir haben natürlich eine genaue Idee, wie wir das Spiel angehen wollen. Einen Plan wird aber auch Schalke haben. Es wird auf eine gute Tagesform ankommen. Klar ist aber: Wir kommen mit Selbstvertrauen und wollen uns nicht verstecken.

Wo sehen Sie die Stärken der Schalker?

Bajramovic: Schalke ist in allen Mannschaftsteilen gut. In Ouwejan haben sie einen echten Standardspezialisten, der die Bälle messerscharf hereinbringen kann. Zusätzlich auch die nötige Kopfballstärke bei den Abnehmern. Schalke ist individuell extrem gut besetzt und muss es im Normalfall unter die ersten drei schaffen. Dass sie gegen uns punkten, wollen wir aber natürlich verhindern.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf Ihre aktive Zeit bei Schalke zurück?

Bajramovic: Nie habe ich in meiner Karriere in einer besseren Mannschaft gespielt als damals auf Schalke. Das Mannschaftsgefüge war unglaublich gut und wir hatten echte Charaktere und Anführer, die man heute nur noch sehr selten sieht. Besonders war, dass sich die vielen großen Namen alle dem Team untergeordnet haben. Ich hätte mir zwar einen anderen Abschied gewünscht, aber bis dahin lief alles super.

Einst gemeinsam auf Schalke: Zlatan Bajramovic mit Trainer Mirko Slomka und Manuel Neuer (von links).
Einst gemeinsam auf Schalke: Zlatan Bajramovic mit Trainer Mirko Slomka und Manuel Neuer (von links). © firo | Unbekannt

Bis auf die verpasste Meisterschaft 2007.

Bajramovic: Wenn mich meine Spieler auf meine Zeit als Profi ansprechen, denke ich immer mal wieder an diese verpasste Chance. Es ist noch immer ärgerlich, weil der Titel schon greifbar war. Wir waren Tabellenführer und haben dann zwei Derbys in Bochum und in Dortmund verloren. Das tat extrem weh.

Wie konnte es passieren, dass Sie den Titel doch noch aus der Hand gegeben haben?

Bajramovic: In Derbys kann leider immer alles passieren. Ich erinnere mich noch gut an das Spiel in Bochum. Wir waren die bessere Mannschaft und haben durch ein Tor von Kevin Kuranyi geführt. Leider hatten die Bochumer einen Theofanis Gekas in Top-Form und ihre Chancen genutzt.

An welchen Moment Ihrer Schalke-Zeit erinnern Sie sich besonders gern zurück?

Bajramovic: In der Hinrunde der Vizemeister-Saison 06/07 haben unsere Fans im Heimspiel gegen den FC Bayern für 19 Minuten und vier Sekunden gestreikt und uns nicht angefeuert. Als diese 19 Minuten gerade rum waren, hat Levan Kobiashvili zum 2:0 getroffen und die Arena ist komplett explodiert. Das werde ich nie vergessen. Das 7:4 gegen Bayer Leverkusen war auch einmalig.

Ex-Schalke-Profi Zlatan Bajramovic (rechts) mit der Grätsche gegen Michael Ballack.
Ex-Schalke-Profi Zlatan Bajramovic (rechts) mit der Grätsche gegen Michael Ballack. © firo | Unbekannt

Sie haben damals sogar getroffen.

Bajramovic: Bei so vielen Toren durften doch fast alle mal. (lacht) Auf dieses Spiel werde ich häufiger angesprochen als auf jedes andere. Scheinbar ist das Best-of-Video von damals noch ziemlich beliebt. Es war einfach cool und es hat unglaublich viel Spaß gemacht, da auf dem Platz zu stehen. Damals hat es mich aber wahnsinnig gemacht, dass wir zweimal mit drei Toren geführt haben, das Spiel dann aber immer wieder eng geworden ist.

Welcher Ihrer damaligen Teamkollegen hat Sie besonders beeindruckt?

Bajramovic: (überlegt lange) Vergleiche unterschiedlicher Positionen sind extrem schwierig. Aber unsere damalige Mannschaft hatte so viele Unterschiedsspieler. Marcelo Bordon und Mladen Krstajic waren tolle Verteidiger und haben trotzdem perfekte Diagonalbälle geschlagen. Rafinha hatte immer eine fußballerische Lösung, Christian Pander seine unglaublichen Freistöße, Kevin Kuranyi hat als Stürmer unglaublich gut mitverteidigt, Lincoln geniale Pässe gespielt, Gerald Asamoah diese brutale Einstellung – das sind alles Qualitäten, die man heute in der Bundesliga kaum noch sieht.

Ihr Vertrag auf Schalke wurde im Sommer 2008 nicht verlängert, während sie verletzt waren. Wie haben Sie das damals empfunden?

Bajramovic: Die Art und Weise hat mir wehgetan. Viele andere Klubs haben langzeitverletzten Spielern zumindest noch mal einen Ein-Jahres-Vertrag angeboten – von Schalke kam aber leider nichts, obwohl ich meine Knochen für den Verein hingehalten habe und teilweise angeschlagen gespielt habe. Das war enttäuschend.