Gelsenkirchen. Bis zum Saisonende ist Dong-gyeong Lee an Schalke 04 ausgeliehen. Sportdirektor Schröder erklärt, welche Überlegungen hinter dem Transfer stecken
Rund 28 Stunden saß Dong-gyeong Lee seit Sonntag im Flugzeug. Dabei hat der 24 Jahre alte Südkoreaner eine Strecke von etwa 20.000 Kilometern zurückgelegt. Der Grund für diese enormen Reisestrapazen? Schalke 04. Am Montag hat Lee einen Leihvertrag bis zum Saisonende beim Zweitligisten unterschrieben. Dafür hat er das Trainingscamp der südkoreanischen Nationalmannschaft verlassen. Schon Montagabend reiste er allerdings zurück nach Dubai, um dem Nationalteam für das Spiel gegen Syrien am Dienstag zur Verfügung zu stehen.
„Es ist offizielle Abstellungsperiode“, erklärt Schalkes Sportdirektor Rouven Schröder den Vorgang. Dass Lee aber trotz des Wechsels und der enormen Reisestrapazen zurück nach Dubai reisen wollte, hat selbst die Schalker überrascht, wie Schröder zugibt. „Als er hier ankam, war er todmüde“, so der Sportdirektor. Und wirklich gelohnt hat sich die erneute siebenstündige Flugreise für den offensiven Mittelfeldspieler nicht. Seine Südkoreaner konnten das Spiel gegen Syrien zwar mit 2:0 gewinnen und das WM-Ticket lösen, Lee kam dabei allerdings nicht zum Einsatz.
Schröder über Neuzugang Lee: "Ein frecher Bursche"
Inzwischen ist der 24-Jährige wieder zurück in Deutschland – und wird auch erst einmal bleiben. Am trainingsfreien Mittwoch hatte er zumindest etwas Zeit, um in der neuen Heimat anzukommen. Nachdem er bislang nur in Südkorea gespielt hatte, ist Schalke für ihn die erste Station im Ausland. „Er hat Respekt vor dieser Aufgabe, klar“, erklärt Schröder. „Aber er ist keine 19 mehr, sondern 24 und hat in seiner Karriere schon einiges erlebt.“ 2019 etwa gewann er mit Ulsan Hyundai die asiatische Champions League. Zusätzlich hat Lee bislang sieben Länderspiele für Südkorea auf dem Konto, 2021 nahm er mit seinem Heimatland an den Olympischen Spielen teil.
Auch interessant
Damit Lee sich in Deutschland bestmöglich zurechtfindet, haben die Schalker extra einen Mitarbeiter für ihn abgestellt, der Koreanisch spricht und ihm so bei Behördengängen und Hürden des Alltags helfen kann. Aber: Der Neuzugang spricht auch passabel Englisch, so dass er sich auf dem Fußballfeld selbst mit seinen Mitspielern verständigen kann. Trotzdem ist den Königsblauen bewusst, dass er eine gewisse Eingewöhnungszeit brauchen wird, um sportlich weiterhelfen zu können. „Wir wollen ihn uns anschauen, ihn heranführen, wissen aber, dass er ein frecher Bursche ist.“
Lee erhöht den Konkurrenzkampf auf Schalke
Wie der 24-Jährige tatsächlich auf Schalke einschlagen wird, können die Verantwortlichen nur erahnen. Zwar wurde der Spieler mehrfach beobachtet, trotzdem ist er eine Unbekannte in der Mannschaft. Die Hoffnung, dass Lee S04 schon bald auf dem Platz helfen kann, ist bei Sportdirektor Schröder groß. In Südkorea überzeugte er in den vergangenen Jahren durch starke Dribblings, Kreativität, gutes Passspiel und „eine linke Klebe“, wie Schröder es formuliert. Elemente, die dem Spiel der Königsblauen zweifelsfrei guttun könnten. Am wohlsten fühlt sich Lee auf der Zehn hinter den Spitzen – also auf einer Position, die im 3-5-2-System mit einem defensiven Sechser und zwei Achtern auf Schalke zuletzt nicht existiert hat. „Das ist ja alles flexibel“, entgegnet Schröder. „Wir sprechen hier nicht von Schachfiguren.“
Den Konkurrenzkampf um die Positionen in der Zentrale wird die Lee-Verpflichtung noch einmal ankurbeln. In Dominick Drexler, Danny Latza, Blendi Idrizi und Rodrigo Zalazar kämpften schon in den vergangenen Monaten gleich vier Spieler um zwei Plätze in der Schalker Startelf. „Ich habe den Eindruck, dass der Junge unbedingt etwas zeigen will“, sagt Schröder über den Neuzugang. Er hofft, dass diese Einstellung auch den Rest der Mannschaft motivieren und beflügeln kann. Gerade in den Schlussphasen von umkämpften Spielen könne er womöglich den Unterschied machen – sei es mit einem Dribbling, einem klugen Pass oder einem Standard. Im engen Kampf um den Aufstieg könnten solche Einzelaktionen die entscheidenden Punkte bringen.
Schalke hat eine Kaufoption für Lee
Sollte Lee auf Schalke tatsächlich überzeugen, stünde auch einer Verpflichtung über den Sommer hinaus nichts im Wege. Ob er auch im nächsten Jahr noch Königsblau trägt, haben die Schalker in jedem Fall selbst in der Hand, denn im Leihvertrag mit Ulsan Hyundai ist eine Kaufoption verankert. „Wenn wir das Gefühl haben, dass er uns nachhaltig weiterbringt, werden wir ihn verpflichten“, stellt Schröder klar. Dreieinhalb Monate hat Lee bis Saisonende noch Zeit, Schalke davon zu überzeugen.