Gelsenkirchen. Marcin Kaminski ist auf Schalke gesetzt. Der Abwehrspieler kann einen Bestwert vorweisen. Lob gibt es von Landsmann und S04-Legende Tomasz Hajto.
Begibt man sich auf die Suche nach einer Definition für den Begriff „Dauerbrenner“, nennt der Duden gleich drei verschiedene Bedeutungen: Einen Ofen, der „ohne Brennstoffzufuhr weiterbrennt“, ein Film oder Theaterstück „mit besonders langanhaltendem Erfolg“ oder einen „langen, leidenschaftlichen Kuss“. Ohne Frage trifft all das nicht auf Marcin Kaminski zu. Ein Dauerbrenner ist der 29 Jahre alte Pole bei Schalke 04 dennoch. Zumindest aus fußballerischer Sicht.
Marcin Kaminski ist auf Schalke gesetzt
Denn als einer von nur neun Feldspielern in der 2. Bundesliga stand Kaminski in allen 17 Partien der Hinrunde über die komplette Spielzeit auf dem Feld – allein das unterstreicht den Wert, den Kaminski für die Schalker Mannschaft hat. Ob bei Nebel in Heidenheim, in einer vollen Arena in Gelsenkirchen oder am Rande eines Hamburger Volksfestes am Millerntor auf St. Pauli: In der Dreier-Abwehrkette von Trainer Dimitrios Grammozis führt auf der linken Seite kein Weg an Kaminski vorbei.
Ex-Schalke-Profi Hajto mit Lob für Marcin Kaminski
„Er spielt sehr konstant, hat auch zwei wichtige Treffer erzielt“, lobt Ex-Schalke-Profi Tomasz Hajto im Gespräch mit dieser Zeitung. Der inzwischen 49 Jahre alte Pole verfolgt die Entwicklung seines Landsmannes genau. „Wenn er das Vertrauen spürt, dann ist er wertvoll. Ich schaue jedes Schalke-Spiel und ich muss sagen, dass Marcin seine Sache bisher sehr gut macht.“
Vor allem das Pass- und Kopfballspiel von Kaminski imponiert Hajto. „Er hat einen sehr guten linken Fuß, spielt lange Bälle, die nahezu immer beim eigenen Mann ankommen. Auch sein Kopfballspiel ist gut.“ Doch perfekt ist das Spiel des 29-Jährigen noch nicht. Das wurde bei den Niederlagen gegen Regensburg (1:4) und den FC St. Pauli (1:2) deutlich. Gegen den Herbstmeister aus Hamburg war er in direkten Duellen mit dem physisch starken Stürmer Guido Burgstaller chancenlos.
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„Körperlich muss er noch etwas zulegen, er muss robuster, stärker werden“, weiß Hajto als ehemaliger Innenverteidiger (201 Bundesligaspiele). „Er muss sich durch eine bessere Physis auch gegen Verletzungen schützen. In der Vergangenheit ist er leider oft und sehr lange ausgefallen.“
Kaminski: Siegtreffer in Hannover als bisheriges Schalke-Highlight
So auch beim VfB Stuttgart, wo er sich im Sommer 2019 das Kreuzband gerissen hatte – in seinem ersten Pflichtspiel nach seinem Wechsel von Fortuna Düsseldorf zu den Schwaben. Es war für Kaminski der Auftakt in eine schwere Zeit beim VfB, wo er zwischen 2019 und 2021 nur 15 von 74 möglichen Pflichtspielen machte. „Das war nicht einfach für mich“, sagte Kaminski zuletzt bei Sky. „Aber jetzt bin ich umso glücklicher, dass ich hier bin, spielen kann und zeigen kann, was ich drauf habe.“
Erst vor Anfang des Monats sagte er in einem Interview rückblickend: „Ich habe meine Chance genutzt.“ Zeigen konnte sich Kaminski schon mit gelungenen Aktionen in der Offensive. Sein persönliches Highlight: Der 1:0-Siegtreffer in Auswärtsspiel gegen Hannover 96. Nach Annahme per Hacke schloss er sehenswert in den Winkel ab – und das in der fünften Minute der Nachspielzeit. Schalke explodierte und die Fans schlossen den Polen noch ein bisschen mehr in ihr Herz. „Es freut mich, dass wieder ein polnischer Spieler auf Schalke unter Vertrag steht und eine wichtige Rolle einnimmt“, erklärt Hajto, der zwischen 2000 und 2004 ein Anker in der Schalker Defensive war und mit den Königsblauen zweimal den DFB-Pokal gewinnen konnte.
Von ähnlichen Erfolgen sind die Schalker als Zweitligist derzeit zwar weit entfernt, doch Tomasz Hajto traut seinem Landsmann dennoch zu, in Gelsenkirchen seine Spuren zu hinterlassen. „Marcin ist jetzt in einer anderen Zeit auf Schalke. Aber klar: Auch jetzt besteht die große Chance, sich mit dem direkten Wiederaufstieg in die Herzen der Fans zu spielen.“
Schalkes Kaminski träumt von der Nationalmannschaft
Ein bisschen mehr Anerkennung wünscht sich Kaminski künftig auch von Nationaltrainer Paulo Sousa. Seit zweieinhalb Jahren wurde Kaminski nicht mehr in die polnische Auswahl berufen. Eine Tatsache, die den Linksfuß wurmt. Die Nationalmannschaft habe er „immer im Kopf“, betonte er gegenüber dieser Zeitung zu Saisonbeginn. Als „schwer, aber nicht unmöglich“ schätzt Hajto die Chancen einer Kaminski-Rückkehr in die Nationalelf ein, denn gerade im Abwehrzentrum sieht er die Polen gut besetzt. „Marcin muss auf Schalke einfach weitermachen, dann wird er über kurz oder lang wieder ein Thema bei Nationaltrainer Paulo Sousa sein – am besten auch aufsteigen.“
Ob den Schalkern dieses Kunststück nur ein Jahr nach dem Abstieg gelingt, macht Hajto auch vom Ausgang des kommenden Auswärtsspiels beim Hamburger SV an diesem Samstag (20.30 Uhr/Sky) abhängig. „Es ist richtungsweisend“, sagte der Ex-Schalker, der inzwischen als TV-Experte in seiner Heimat tätig ist. Aus seiner aktiven Zeit weiß Hajto wie wichtig es ist, mit einem Erfolgserlebnis in die Winterpause zu gehen. „Wenn du aber das letzte Spiel verlierst, dann kann es passieren, dass du viel überlegst, viel grübelst, einfach den Kopf nicht freibekommst. Ich hoffe, dass Schalke in Hamburg siegt“ sagt er. Den Aufstieg aber wünscht er Schalke „von Herzen“.