Gelsenkirchen. Seit vielen Jahren sind die Anhänger von Schalke und Nürnberg freundschaftlich verbunden. Die Harmonie wird aber wieder auf die Probe gestellt.

Die ganz große Wiedersehensfeier fällt vorerst aus. Wegen der verschärften Corona-Lage empfängt Schalke den 1. FC Nürnberg an diesem Freitag (18.30 Uhr/Sky) im kleinen Rahmen, nur 15.000 Fans dürfen in der Arena dabei sein. Da muss selbst die traditionsreiche Fanfreundschaft zwischen Königsblau und „Clubberern“ hinten anstehen. Unter denen, die ihre geplante Busreise ins Ruhrgebiet abblasen mussten, sind auch die „Jahn-Wölfe ‘92 Güntersleben“ aus Unterfranken.

Das Besondere an diesem Fanclub: Er besteht aus Nürnberg- und Schalke-Anhängern. „Wir haben derzeit 67 Mitglieder, darunter etwa 15 Blau-Weiße sowie 50 Nürnberger“, verrät der Fanclub-Vorsitzende Christian Wolf. „Normalerweise fahren wir zu jeder Partie zwischen S04 und FCN. Jetzt hoffen wir halt auf ein tolles Rückspiel am 34. Spieltag, vor vollen Rängen in Nürnberg. Am schönsten wäre es natürlich, wenn anschließend beide Vereine den Aufstieg feiern dürften.“

Fanfreundschaft zwischen Schalke und Nürnberg begann in den 80ern

Doch viele Schalke- oder Club-Anhänger sehen die Terminansetzung der DFL mit gemischten Gefühlen: Schon das Hinspiel gilt als sportlich brisantes Duell im Rennen um die ersten drei Plätze. Im Rückspiel am 15. Mai 2022 könnte es sogar zu einem „Finale“ um den Aufstieg kommen – und damit zum absoluten Stresstest für die traditionsreichste Fanfreundschaft im deutschen Fußball. Christian Wolf bleibt dennoch unbesorgt: „Aus meiner Sicht wird sich diese einmalige Verbindung zwischen Schalkern und Nürnbergern nie zerschlagen lassen – nicht durch den Spielplan und auch nicht durch Corona!“ Dazu sei die Freundschaft viel zu intensiv. „Sie wird natürlich nicht von allen aus vollem Herzen gelebt“, weiß Wolf, „aber doch von sehr vielen Fans.“

Immer wieder haben die Fans von Schalke und Nürnberg gemeinsame Choreografien entworfen - wie hier im Jahr 2011.
Immer wieder haben die Fans von Schalke und Nürnberg gemeinsame Choreografien entworfen - wie hier im Jahr 2011. © firo

Der Legende nach waren es ausgerechnet die Hooligans der Schalker „Gelsen-Szene“, die sich Anfang der 1980er-Jahre mit ihren fränkischen Gegenübern verbrüderten. Nach und nach griff die Freundschaft dann auf „normale“ Anhänger über und ließ ganz neuartige Zusammenschlüsse entstehen: Heute gibt es mehr als ein Dutzend gemischte Schalke- und Nürnberg-Fanclubs. Manch ein Mitglied weiß gar nicht mehr so genau, ob er zum einen oder zum anderen Lager gehört – wie auch Christian Wolf, der von Haus aus eigentlich ein Schalker ist: „Durch meine Tätigkeit als Vorsitzender der ,Jahn-Wölfe ‘92 Güntersleben’ bin ich jedoch auch im Fanbeirat des 1. FC Nürnberg aktiv, so bin ich über die Jahre zum Anhänger beider Vereine geworden.“

Echten Zoff zwischen Schalkern und Nürnbergern hat der 46-Jährige nie erlebt, weder im Stadion, noch im eigenen Fanclub: „Klar, wenn wir zusammen zu einem Club-Gastspiel auf Schalke fahren oder zu einem Schalker Auswärtsauftritt in Nürnberg, gibt es mal Frotzeleien, aber nie etwas Bösartiges.“ Und, das ist Wolf wichtig: Gestichelt werde nur dann, wenn für beide – Schalke wie Nürnberg – nicht allzu viel auf dem Spiel stehe.

Schalke schoss den 1. FC Nürnberg schon in die 2. Bundesliga

Am 34. Spieltag der Saison 2007/08 ging es jedoch um alles, zumindest für die Franken: „Damals stieg der 1. FC Nürnberg nach einer 0:2-Heimpleite gegen Schalke ab“, erinnert sich Wolf. „Auch das haben alle mit Anstand über die Bühne gebracht, schon kurz nach dem Schlusspfiff sang das Stadion wieder: ,Schalke und der FCN!’“ 2013/14 spielte Königsblau abermals „Schicksal“: Schalkes 4:1-Heimsieg gegen Nürnberg am letzten Spieltag beförderte die Gäste in die 2. Liga, welche der Club seither nur noch einmal kurzzeitig hinter sich lassen konnte (während der Saison 2018/19).

Christian Wolf vom Fanclub Jahn-Wölfe '92 Güntersleben, der aus Schalke- und Nürnberg-Fans besteht.
Christian Wolf vom Fanclub Jahn-Wölfe '92 Güntersleben, der aus Schalke- und Nürnberg-Fans besteht. © WAZ

Nun sind beide zweitklassig: der neunmalige Champion Nürnberg und der siebenmalige Meister Schalke – ein Novum im deutschen Profi-Fußball und eine Frust-Situation für die Fanszenen. Auch deshalb erinnert sich manch einer sorgenvoll an das Ligapokal-Halbfinale 2007 zwischen Nürnberg und Schalke (2:4): Beim Stand von 1:4 ertönten damals „Ihr-werdet-nie-Deutscher-Meister“-Rufe aus der Nürnberger Kurve, adressiert an Königsblau. „Da waren ein paar dabei, die dachten, sie sind supertoll“, winkt Christian Wolf ab. „Das Ganze hat sich innerhalb der Kurve sehr schnell geklärt. Der Freundschaft hat es letztlich nicht geschadet.“ Deshalb, so ist Wolf sicher, wird die Fanfreundschaft auch die Konstellation in dieser Saison überstehen.