Essen. Der Schalker Simon Terodde ist mit 153 Treffern Torschützenkönig der Zweiten Liga. Sein Wert für das Team und den Klub ist enorm. Ein Kommentar.
Fußballprofis müssen auch mal Egoisten sein, das bringt so ein von den Scheinwerfern der Öffentlichkeit ausgeleuchteter Beruf zwangsläufig mit sich. Trotz der Bedeutung von Werten wie Teamgeist und Mannschaftsdienlichkeit geht es auch darum, den eigenen Wert zu steigern. Ein Angreifer, der eine Chance auf ein Tor erkennt, sucht gewöhnlich den Abschluss, nicht selten beklagt sich ein besser postierter Mitspieler über den ausgebliebenen letzten Pass.
Drexler gönnte seinem Schalker Mitspieler Terodde das Tor
Als auf Schalke am Sonntag Dominick Drexler aussichtsreich vor dem Ingolstädter Kasten auftauchte, hätte sich niemand darüber beschweren dürfen, wenn er draufgehalten hätte. Aber er passte den Ball quer nach innen. Weil er wollte, dass Simon Terodde das Tor macht. Das Tor, das Schalkes Mittelstürmer zum Torschützenkönig der Zweiten Liga aufsteigen ließ – ein Rekord, den Simon Terodde wohl schon in Kürze nicht mehr mit Dieter Schatzschneider teilen wird.
Bereits Drexlers Verhalten verdeutlichte, dass Terodde im Team auch menschlich wertgeschätzt wird. Das zeigten ihm die Mitspieler besonders, als sie ihn in die Luft warfen wie nach einem Titelgewinn. Bei den Königsblauen weiß man aber auch: Der erhoffte Aufstieg lässt sich nur mit Simon Terodde verwirklichen, der Torjäger darf nie lange ausfallen. Die Mannschaft, ja der ganze Klub ist in dieser Saison von ihm abhängig.
Terodde ist leider schon 33 – sonst wäre er sogar für Flick interessant
Wäre dieser Instinktfußballer 23 und nicht schon 33, würde sich die halbe Bundesliga um ihn reißen. Und auch Bundestrainer Hansi Flick käme nicht an dem Mann vorbei, der genau den Spielertypen verkörpert, der im deutschen Fußball seit dem Rücktritt von Weltmeister Miroslav Klose fehlt.
Bleibt die Frage, warum ein so zuverlässiger Torlieferant in der Bundesliga nur mäßig erfolgreich unterwegs war. Die Antwort: In der Zweiten Liga wurde das Spiel stets auf ihn ausgerichtet, Stuttgart und Köln aber änderten nach den Aufstiegen, an denen er größten Anteil hatte, ihre Spielweise: Vorsicht löste Mut ab, defensives Denken ersetzte offensive Power. Simon Terodde war der Leidtragende.
Schade, dass ihn nie ein Klub aus dem vorderen Feld der Bundesliga verpflichtete. Der Neuner der alten Schule hätte bestimmt bewiesen, dass sein Potenzial nicht an der oberen Grenze der Zweiten Liga endet.