Gelsenkirchen. Schalkes holländischer Neuzugang Thomas Ouwejan spricht über Teamspirit, Auslands-Erfahrung, Druck und zwei besondere Träume. Ein Interview.
Thomas Ouwejan (24) gilt beim FC Schalke 04 schon nach wenigen Wochen als guter Griff. Der Leihspieler des AZ Alkmaar hat sich seinen Platz auf der linken Abwehrseite gesichert und steht bei den Fans wegen seiner gefährlichen Standards hoch im Kurs. „Ich fühle mich wohl auf Schalke“, sagt Ouwejan im Interview mit dieser Redaktion.
Herr Ouwejan, Sie sind jetzt seit einigen Wochen bei Schalke 04 und sind bisher in allen sechs Pflichtspielen von Beginn an zum Einsatz gekommen. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Thomas Ouwejan: Für mich war es schön, nach Schalke zu kommen. Ich wurde mit offenen Armen empfangen und konnte viele neue Eindrücke gewinnen. Hinter uns liegt eine sehr intensive Vorbereitung. Ich muss gestehen: So eine intensive Vorbereitung kannte ich in der Form vorher nicht (lacht). Insbesondere unser Heimsieg gegen Fortuna Düsseldorf tat uns sportlich sehr gut. Die vergangenen Wochen waren nicht immer einfach. Umso wichtiger war dieser Sieg – für uns und unsere Fans. Wir wissen auch, dass wir weiter an uns arbeiten müssen. Es gilt in den nächsten Spielen mindestens genauso gut, wenn nicht besser aufzutreten.
Schalke 04 befindet sich in einem großen Umbruch. Ist dieser Aspekt für neue Spieler wie Sie vielleicht sogar ein Vorteil?
Ouwejan: Wenn man als einziger Neuzugang zu einem Verein kommt, kann es mitunter schwierig sein. Man stößt zu einer Mannschaft mit einem vorhandenen Teamgefüge und muss sich erst einmal zurechtfinden. Wenn jedoch viele neue Mitspieler hinzukommen, ist es etwas leichter, schnell Bindungen aufzubauen.
Bisher ist eine Jubelszene aus der noch jungen Saison besonders im Gedächtnis geblieben: Beim 3:1 über Fortuna Düsseldorf gab es eine Riesen-Jubeltraube aus Spielern und Sportdirektor Rouven Schröder. Jubeln Sie jetzt immer so?
Ouwejan: (lacht) Ich weiß nicht, ob wir jetzt immer so jubeln und ob jeder immer auf den Torschützen springt. Das 3:1 gegen Düsseldorf war ein sehr schöner Moment für uns alle. Da ist dann die ganze Freude herausgekommen.
Beim 1:4 in Regensburg haben Sie mit Schalke genau das andere Extrem erlebt. Hat Sie das verwundert, gegen einen vermeintlich „Kleinen“ so hoch zu verlieren?
Ouwejan: Mit meinem Stammverein AZ Alkmaar hatten wir in den Niederlanden auch Spiele, in denen es nicht nach Plan lief und in denen wir gegen einen vermeintlichen Underdog verloren haben. Wir müssen uns vorwerfen, in Regensburg keine gute Leistung abgeliefert zu haben. Aus so einem Spiel können wir für die Saison lernen. Der Heimsieg gegen Fortuna Düsseldorf war umso wichtiger für uns
Hat sich bei Schalke schon ein Mannschaftsgeist entwickelt?
Ouwejan: Ich finde, dass wir einen guten Teamspirit haben. Wir stehen füreinander ein und helfen uns gegenseitig. So muss das sein.
Sie haben vor Ihrem Schalke-Wechsel schon einmal im Ausland gespielt. Was ist aus Ihrer Zeit bei Udinese Calcio hängen geblieben?
Ouwejan: Ich habe für Udinese 15 Spiele in der Serie A gemacht. Das war eine sehr intensive, aber auch glückliche Zeit für mich. Gerade im taktischen Bereich habe ich dort eine Menge gelernt. Unser Team bestand aus vielen Südamerikanern, Spaniern, vier Niederländern einigen Dänen und Norwegern. Italienische Spieler gab es auch, aber das waren nicht sehr viele. Das war eine sehr interessante Mischung mit vielen guten Spielern im Team.
Wie haben Sie sich untereinander verständigt?
Ouwejan: Ich habe die italienische Sprache gelernt. Die Teamkollegen und Mitarbeiter haben nicht viel Englisch gesprochen, nur mit Trainer Luca Gotti konnte man sich auf Englisch unterhalten. Wenn ich heute zu meinem Stamm-Italiener ins Restaurant gehe, dann bestelle ich meine Getränke und Speisen auf Italienisch. So bleibe ich in Übung (lacht).
Wie klappt es mit der deutschen Sprache?
Ouwejan: In der Schule hatte ich ein Jahr Deutsch, aber das ist schon eine Weile her. Ich verstehe fast alles, was gesagt wird, nur mit dem Sprechen dauert es noch ein wenig. Vieles lerne ich, wenn wir uns in der Kabine oder auf dem Platz unterhalten. Manche niederländischen und deutschen Begriffe ähneln sich. Meine Teamkollegen üben das Sprechen auch mit mir, sie stellen dann ganz bewusst Fragen auf Deutsch und ich versuche auch auf Deutsch zu antworten.
Kennen Sie eigentlich die typischen Holland-Witze, in denen es oft um das Klischee mit den Wohnwagen geht?
Ouwejan: Ich kenne keine Wohnwagen-Witze. Es ist auch nicht so, dass jeder in Holland mit einem Wohnwagen über die Autobahn fährt. Ich selbst habe zum Beispiel keinen (lacht).
Kennen Sie Witze über Deutsche?
Ouwejan: Ein paar vielleicht. Das geht meist in die Richtung: Hart arbeiten, wenig lachen. Das sind aber auch meistens Klischee.
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Fühlen Sie sich besonders unter Druck gesetzt, weil Sie als Leihspieler bei Schalke sind? Ihr Vertrag bei AZ Alkmaar läuft noch bis Sommer 2024.
Ouwejan: Druck gibt es doch immer, wenn man höherklassig Fußball spielt. Ich sehe das nicht als Problem. Für einen Leihspieler kann es zusätzlich hart sein, aber damit beschäftige ich mich aktuell nicht.
Bei Ihrer Ausleihe wurde auch eine Kaufoption mit Alkmaar vereinbart. Können Sie sich vorstellen, auch länger als ein Jahr bei Schalke 04 zu bleiben?
Ouwejan: Ja, das kann ich durchaus. Ich fühle mich wohl auf Schalke. Vielleicht geht mit dem S04 auch mein Bundesliga-Traum in Erfüllung.
Sie haben für Oranje von der U17 bis zur U21 sämtliche Junioren-Auswahlmannschaften durchlaufen. Haben Sie den Traum im Hinterkopf, irgendwann einmal für die A-Nationalelf auf dem Rasen zu stehen?
Ouwejan: Selbstverständlich ist die Elftal ein Traum von mir.