Gelsenkirchen. Schalke hat schon 14 Gegentore nach Standardsituationen kassiert – viel mehr als alle anderen. Woran das liegt. Wie es Baum jetzt abstellen will.

Schalkes Trainer Manuel Baum hat „die Woche der Wahrheit“ ausgerufen. Drei Bundesligaspiele sind es noch bis Weihnachten, in denen Schalke punkten muss: Die Woche beginnt am kommenden Sonntag (15.30 Uhr/ Sky) mit dem Spiel beim FC Augsburg und wird fortgesetzt mit einem Heimspiel-Doppelpack gegen den SC Freiburg (16. Dezember) und gegen Arminia Bielefeld (19. Dezember). Drei Spiele im Abstiegskampf, in denen Schalke vor allem das abstellen muss, was die Mannschaft zuletzt immer zurückgeworfen hat: Kein anderer Bundesligist hat in dieser Saison so viele Gegentore nach Standardsituationen kassiert wie Schalke 04.

Manchmal reicht dem Gegner ein Bauerntrick gegen Schalke

Wie leicht sich die Königsblauen nach ruhenden Bällen, also nach Ecken und Freistößen, immer wieder mit einfachen Tricks überrumpeln lassen, zeigt zum Beispiel das letzte Auswärtsspiel vor knapp zwei Wochen in Mönchengladbach (1:4). Damals hatte Schalke nach einer ordentlichen ersten Halbzeit Hoffnung geschöpft, den 1:2-Pausenrückstand noch egalisieren zu können, doch in der 52. Minute war der Ofen nach einem Standard-Gegentor aus: Gladbachs Patrick Herrmann chippte einen Freistoß aus dem Halbfeld an den Schalker Fünfmeterraum. Dort verlor Kilian Ludewig das Kopfballduell gegen Matthias Ginter, der den Ball in die Mitte zu Alassane Plea ablegte – ein einfacher Bauerntrick. Zwar konnte Frederik Rönnow den Schuss von Plea noch abwehren, doch im Nachsetzen vollstrecke Marcus Thuram zum 3:1, womit Schalke „der Stecker gezogen“ war (Mark Uth). Mit einem leicht einstudierten Spielzug hatten sich die Königsblauen überrumpeln lassen und kassierten ihre nächste Pleite.

Schalkes Matthew Hoppe verliert das Kopfballduell gegen Julian Baumgartlinger. Eine „Eins-gegen-Eins-Situation, die wir im Sechzehner verloren haben“, sagt der Trainer.
Schalkes Matthew Hoppe verliert das Kopfballduell gegen Julian Baumgartlinger. Eine „Eins-gegen-Eins-Situation, die wir im Sechzehner verloren haben“, sagt der Trainer. © dpa | Guido Kirchner

Die Gegner wissen mittlerweile, wie anfällig Schalke da ist. Auch Bayer Leverkusen nutzte zuletzt beim 3:0-Sieg auf Schalke zwei Eckbälle für die ersten beiden Tore: Ging dem 1:0 durch das Eigentor von Malick Thiaw noch ein Foulspiel des Gegners voraus, so standen sich die Schalker beim 2:0 durch Julian Baumgartlinger selbst im Weg: „Da stehen wir zu zweit an einem Mann und blocken uns gegenseitig weg“, schimpfte Trainer Manuel Baum. Der Coach ist mittlerweile fassungslos, wie „billig“ Schalke die Gegentore kassiert.

Vor dem Spiel am Sonntag in Augsburg sagt Baum deswegen: „Gerade das Thema Standardsituationen ist etwas, woran wir einfach weiter arbeiten müssen.“ Die Zahlen geben ihm da recht: Schalke hat in dieser Saison schon 14 Gegentore nach Standards kassiert – laut dem Fachmagazin Kicker kommt kein anderes Team in der Bundesliga auf mehr als deren acht! Ein erschütternder Vergleich, der die insgesamt 31 Gegentore in zehn Spielen einigermaßen erklärt.

Was Schalke beim Verteidigen der Standardsituationen vor allem fehlt, macht Baum an den ersten beiden Toren gegen Leverkusen fest: „Wenn wir die Tore eins und zwei nehmen, wirkt es so, als wenn wir da mit 95 Prozent in die Zweikämpfe gehen.“ Aber das würde in der Bundesliga halt nicht reichen. Angesprochen waren Malick Thiaw und Matthew Hoppe – zwei junge Spieler, die in der vergangenen Saison noch in der U19 gespielt haben und die sich noch an die Härte der Bundesliga gewöhnen müssen. Baum: „Wir haben in diesen Mann-gegen-Mann-Situationen einfach nicht gut verteidigt. Wenn wir die gewinnen, entstehen die Tore nicht. Denn es war ja keine Variante, die uns ausgespielt hat, sondern es war schlichtweg zweimal eine Eins-gegen-Eins-Situation, die wir im Sechzehner verloren haben.“

Baum will künftig so viele Ecken vermeiden

Aber es gibt halt auch die vom Gegner einstudierten Varianten – wie den eingangs erwähnten Gladbacher Bauerntrick. „Bei Standards kommen immer mehrere Sachen zusammen“, weiß Schalkes Trainer. Und weil seine Mannschaft da im Augenblick so anfällig ist, geht es jetzt auch darum, die Fouls und Ecken, die zu den ruhenden Bällen führen, am besten weitgehend zu vermeiden: „Es ist wichtig, dass wir versuchen, keine Standards für die Gegner zu kreieren.“

Was der nächste Gegner Augsburg bei Standards in petto hat, kann Manuel Baum auch aus eigener Erfahrung abschätzen: Er war bis April 2019 selbst Trainer in Augsburg – damals brachte allerdings noch der frühere Schalker Philipp Max (heute PSV Eindhoven) die Bälle gefährlich vors Tor. „Standardsituationen sind bei jedem Gegner ein großes Thema“, warnt Baum. Nur auf Schalke geht der Schuss in dieser Saison meistens nach hinten los.