Essen. Borussia Mönchengladbach hat Schalke 04 in den vergangenen Jahren vorgemacht, wie seriöse Vereinspolitik aussieht. Ein Kommentar

Damals, in der grauen Vorzeit des Fußballs, also im Januar 2020, hatte Schalke 04 doch tatsächlich Borussia Mönchengladbach mit 2:0 besiegt. Gladbach war in jenem Spiel nahezu chancenlos, Schalke schielte Richtung Champions League. Aus Sicht von heute: unvorstellbar.

Seitdem hat Schalke kein einziges Spiel mehr gewonnen, zehn Monate später halten sich diese beiden Vereine in komplett verschiedenen Welten auf. An einem Tag, an dem Schalke engagiert auftritt und offensiv gute Ansätze zeigt, reicht Gladbach eine durchschnittliche Leistung zu einem deutlichen 4:1-Erfolg. Wer so amateurhaft verteidigt wie die Schalker und nicht mal an einem seiner etwas besseren Tage punktet, der wird am Ende absteigen.

Gladbach behielt die Übersicht, während Schalke hoch hinaus wollte

Der 1. FC Köln hat am Samstag überraschend seinen ersten Saisonsieg gefeiert – bei Borussia Dortmund! Kann man sich einen solchen Coup derzeit von Schalke 04 vorstellen? Es geht rasant bergab mit diesem Traditionsverein, bei dem in den vergangenen Jahren ganze Serien verheerender Entscheidungen getroffen wurden.

Borussia Mönchengladbach hat Schalke 04 in den vergangenen Jahren vorgemacht, wie seriöse Vereinspolitik aussieht. Während Gladbach klug kalkulierte, Sportdirektor Max Eberl vertraute und auch in unruhigen Zwischenphasen weder Kopf noch Nerven verlor, wollte der FC Größenwahn 04 ganz hoch hinaus. Es wurde mehr Geld ausgegeben als eingenommen – stets in der Hoffnung, diese unvernünftige Planung durch das Erreichen internationaler Wettbewerbe kaschieren zu können. Das musste schiefgehen.

Gladbachs Sportchef Eberl ist stolz auf die Strukturen bei der Borussia

An Gladbach kann Schalke nun sehen, wie es auch hätte laufen können. In zehn Jahren wurde die Borussia vom Abstiegskandidaten zum Champions-League-Teilnehmer. „Und zwar aus eigener Kraft“, wie Max Eberl in einem Spiegel-Interview betonte. „Ohne Mäzen, ohne Finanzinvestor, ohne Scheich, ohne Werk im Rücken.“

Schalke reagierte auf seine falschen Strategien stets mit Personalwechseln in der sportlichen Führung. Jetzt steht der nächste auf der Kippe, Sportvorstand Jochen Schneider hat beim Aufsichtsrat und bei Fans Kredit verspielt. Aber er will kämpfen. Dass er in dieser Extremsituation nicht davonläuft, verdient Respekt.