Gelsenkirchen. Der langjährige Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes beendet seine Karriere. Reaktionen von Norbert Elgert über Christian Heidel bis Joachim Löw.

Sein sportliches Ende beim Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 ärgert Benedikt Höwedes noch immer. Und das begründete er ausführlich in seinem Rücktritts-Interview im Spiegel. "In der Saison vor meinem Abschied", erzählte Höwedes, "habe ich mich für jedes Spiel fit spritzen lassen, um trotz eines Leistenbruchs auflaufen zu können. Es gab Druck von Vereinsseite und vom Trainer. Natürlich war es deshalb nicht meine beste Saison. Erst anschließend habe ich mich operieren lassen. Und dann kommt ein neuer Trainer, es geht in die neue Spielzeit, und plötzlich bin ich weg vom Fenster. Das hat mich kalt erwischt, weil ich mich immer sehr für die Werte dieses Klubs eingesetzt habe, für Verlässlichkeit und Vereinstreue."

Höwedes über Schalke-Abschied: "Die Fans standen hinter mir"

Damals in der Verantwortung: Trainer Domenico Tedesco und Sportvorstand Christian Heidel. Er ließ den Weltmeister zu Juventus Turin ziehen. Auf Nachfrage dieser Redaktion sagte Heidel zu Höwedes' Karriereende: „Ich habe Benni Höwedes immer sehr geschätzt. Seinen Wechsel nach Turin habe ich bedauert, aber Benni wollte damals unbedingt zu Juventus. Ich wünsche Ihm von Herzen alles Gute für die kommende Zeit nach dem Fußball."

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Höwedes bezeichnet die Zeit rund um seinen Abschied aus Schalke als "volle Breitseite". "Ich wusste, dass es in dem Geschäft knallhart zugeht, aber ich hatte immer nur die Sonnenseite kennengelernt. Ich kann ja verstehen, wenn eine Klubführung nicht mehr mit einem Spieler plant. Aber ich habe Schalke verkörpert, die Fans standen hinter mir."

Höwedes über Schalke: "Anders führen als einen Retortenklub"

Arbeiteten ein Jahr auf Schalke zusammen: Ex-Sportvorstand Christian Heidel (l.) und Benedikt Höwedes.
Arbeiteten ein Jahr auf Schalke zusammen: Ex-Sportvorstand Christian Heidel (l.) und Benedikt Höwedes. © imago

Mit der Vereinspolitik der Königsblauen ist der langjährige Kapitän nicht einverstanden. "Der Fußball hat sich brutal entwickelt. Und sich dabei immer weiter distanziert von den normalen Fans. Früher kamen in Schalke in den Ferien schon mal 5000 Leute zum Training, heute allenfalls ein paar Hundert. Da geht etwas verloren. Schalke 04 ist für viele Menschen immer noch ein Lebensinhalt, einen solchen Verein muss man anders führen als einen Retortenklub." Das ist eine klare Ansage an die aktuelle Klubführung.

Einer, der sich wünscht, dass Höwedes noch einmal zu Schalke zurückkehrt, ist sein ehemaliger Trainer Norbert Elgert. Schalkes U19-Coach sagte in einer Mitteilung der Königsblauen: "Menschlich ist Benni 1A - zuverlässig, integer und stark werteorientiert. Er war und ist Schalker durch und durch. Ich wünsche ihm von Herzen das Allerbeste. Ich hoffe, dass er irgendwann wieder zu uns nach Hause kommt." Als Spieler hätten Höwedes Führungsqualitäten, Siegeswille und ein ausgeprägter Teamgeist ausgezeichnet.

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Sein langjähriger Mitspieler Gerald Asamoah freut sich darüber, dass Höwedes seine Karriere "gesund beenden" dürfe. Und Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider sagte: "Er wird für immer einen besonderen Platz in der Geschichte von Schalke 04 einnehmen."

Bundestrainer Löw: "Er hatte Mentalität"

Auch Bundestrainer Joachim Löw zollte Höwedes Respekt: "Benedikt Höwedes ist einer der Spieler aus der U21-Europameister-Generation, die 2009 den Titel gewann. Schon damals konnte man sehen, dass er einer ist, der alles gibt, der einen unbedingten Siegeswillen hat. Er hatte Mentalität", sagte Löw. "Spieler dieser Generation hatten dann ja auch einen entscheidenden Anteil am WM-Sieg fünf Jahre später in Brasilien, wo Benni alle sieben Turnierspiele absolviert hat. Auf ihn war Verlass. Er ist eine sehr reflektierte Persönlichkeit und auch unglaublich interessiert an Themen, die über den grünen Rasen hinausreichen. Ich wünsche ihm für seine Zukunft nur das Beste."

Oliver Bierhoff ergänzte, man habe Höwedes "nicht nur wegen all seinen sportlichen Qualitäten enorm geschätzt, sondern auch aufgrund seiner positiven und loyalen Art. Er hatte stets eine hohe Verbundenheit mit der Nationalmannschaft – das zeigte sich etwa auch im Juni 2019, als er unsere neue Mannschaft rund um das EM-Qualifikationsspiel gegen Estland in Mainz im Teamhotel besuchte", sagte der Direktor Nationalmannschaften und Akademie. "Nationalspieler ist man immer – das lebt Benedikt Höwedes. Genau wie für André Schürrle werden auch für Benni bei seinem weiteren Lebensweg unsere Türen immer offen sein."