Gelsenkirchen. Teil 10 der Schalke-Serie: Peters über den Grund, warum Stevens 2002 ging. Und über einen Transfer, bei dem Möllemann ungewöhnlich aktiv war.

Rudi Assauer war nicht gut im Abschiednehmen. Verdiente Spieler, die jahrelang ihre Knochen für den Verein hingehalten hatten, hielt der Manager gerne noch länger auf Schalke – vor allem aus Dankbarkeit, aber auch, weil er glaubte, die alten Haudegen wären gut für den Geist in der Kabine. Das gipfelte darin, dass Assauer zur Saison 2001/ 2002 den 32 Jahre alten Marc Wilmots von Girondins Bordeaux zurückholte, der Schalke ein Jahr zuvor wegen der Möller-Verpflichtung verlassen hatte. Peter Peters sieht im Nachhinein hierin den Grund, warum Trainer Huub Stevens im Sommer 2002 auf Schalke Schluss machte.

Sein erster Abschied von Schalke: Huub Stevens ging 2002 als DFB-Pokalsieger. Hier bei der Feier im Steigenberger mit Ehefrau Toos.
Sein erster Abschied von Schalke: Huub Stevens ging 2002 als DFB-Pokalsieger. Hier bei der Feier im Steigenberger mit Ehefrau Toos. © firo | firo

Schalke hatte noch einmal ein gutes Jahr, im Mai 2002 gewann die Mannschaft zum zweiten Mal in Folge den DFB-Pokal. Stevens hatte aber schon im Winter entschieden, nach der Saison zu Hertha BSC zu wechseln – nach fast sechs Jahren auf Schalke an der Seite von Assauer. „Wir haben versucht, ihn zum Bleiben zu überreden, aber Huub war nicht mehr zu überzeugen“, berichtet Peter Peters: „Aus meiner Sicht spielte dabei Assis Loyalität zu den älteren Spielern eine Rolle.“

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Stevens spürte, wann ein Spieler über seinen Zenit war. Schon 1997 nach dem Uefa-Cup-Sieg war es in den folgenden Jahren abwärts gegangen. Nach der Vier-Minuten-Meisterschaft von 2001 war die Wilmots-Rückkehr wieder kein Zeichen für einen Fortschritt, obwohl Peters versichert, alle auf Schalke seien dafür gewesen, den alten Eurofighter nach dem Jahr in Frankreich erneut zu engagieren. „Aber ich glaube, tief im Herzen war Huub damit nicht glücklich.“

Stevens ging nach so langer Zeit, und auch auf anderer Ebene markierte das Jahr 2002 in Peters’ Empfinden einen Umbruch. Der damalige Geschäftsführer sagt: „Es war der Anfang vom Ende der Ära Möllemann auf Schalke“.

Möllemanns ungewöhnlicher Einsatz

Im Sommer zuvor hatte Möllemann, damals noch der Vorsitzende des Aufsichtsrates und inzwischen von Clemens Tönnies abgelöst, sich sehr dafür eingesetzt, dass Schalke den Stürmer Victor Agali von Hansa Rostock verpflichtete – die Ablösesumme war mit knapp fünf Millionen Euro für damalige Verhältnisse überaus stattlich. Möllemanns Engagement für diesen Transfer war ungewöhnlich, normalerweise überließ er solche Dinge der sportlichen Leitung. Dass er sich diesmal aktiv in die Verhandlungen einmischte, schien den Schalkern aber zunächst plausibel, weil Agalis Berater ein Freund von Möllemann war. Und der nigerianische Angreifer war von vielen Vereinen umworben – Schalke bekam wohl auch dank Möllemann den Zuschlag.

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Stutzig wurden sie auf der Schalker Geschäftsstelle erst, als es um das Bezahlen der Ablösesumme ging und die Rostocker mitteilten, ihnen würde nur ein kleiner Teil davon zustehen: Der Löwenanteil ginge an Agalis Ausbildungsverein in Nigeria. Schalke erschien diese Nummer reichlich dubios, und damit die Millionen nicht in irgendwelchen Kanälen versickern konnten, entschied man: „Wir hinterlegen das Geld auf einem Treuhandkonto.“

Jürgen W. Möllemann (rechts), hier mit Franz Beckenbauer auf Schalke.
Jürgen W. Möllemann (rechts), hier mit Franz Beckenbauer auf Schalke. © Imago

Jahre später bekam Peter Peters in seinem Büro Besuch von der Staatsanwaltschaft, die den Schalker Geschäftsführer als Zeuge befragte und ihm auch den Kontoauszug von besagtem Treuhandkonto für die Agali-Millionen vorlegte.

Aus dem Auszug sei hervorgegangen, dass ein Teil dieses Geldes, man spricht von einer Viertelmillion Euro, womöglich gar nicht dort angekommen ist, wo es vorgesehen war. Dem Verdacht zufolge könnten damit sogar die berühmten Flugblätter bezahlt worden sein, die der damalige nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Möllemann am 17. September 2002 im Bundestagswahlkampf mit einer Auflage von über acht Millionen Stück an alle Haushalte in NRW verteilen ließ. Möllemann äußerte sich darin zum Nahost-Konflikt – sogar die eigene Partei distanzierte sich von ihm. Am Tag nach der Wahl gab Möllemann sein politisches Amt auf.

Was das mit Schalke zu tun hatte, erfuhr Peter Peters erst, als ihm die Staatsanwaltschaft den Auszug vom Treuhand-Konto aus dem Transfer von Victor Agali zeigte. Möllemann starb am 5. Juni 2003 bei einem Fallschirmsprung.