Gelsenkirchen. Ein Formular des FC Schalke 04 sorgte für viel Wirbel. Nun räumt der Klub einen Fehler ein - obwohl er formal alles richtig gemacht hat.
Ein kurzes Schreiben des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 an seine Karteninhaber sorgte am Mittwoch in den sozialen Netzwerken für Aufregung. Es trägt die Überschrift "Härtefallantrag". Doch was steckt dahinter?
Schalke hält sich ans Gesetz
Durch die Geisterspiele während der Corona-Pandemie können viele Fans ihre bereits gekauften Tickets nicht nutzen. Sie haben aber das Recht auf Entschädigung. Die meisten Bundesligisten bieten mehrere Möglichkeiten wie Gutscheine für Fanartikel oder eine Gutschrift für die Dauerkarte der kommenden Saison. Aber es ist bei den meisten Klubs auch möglich, sich sofort das Geld bar zurückerstatten zu lassen, ganz unbürokratisch. Die Schalker hingegen bieten diese Möglichkeit nicht. Das allerdings entspricht geltendem Recht: Das "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht" bietet auch Sportveranstaltern die Möglichkeit, Gutscheine statt einer Entschädigung auszugeben. Erst nach dem 31. Dezember 2021 muss der Restwert des Gutscheins ausgezahlt werden - und nur bei einem Härtefall früher.
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Die Schalker stellen den Karteninhabern einen Gutschein zur Verfügung, sofern sie dies wollen und auf ihren Anteil nicht freiwillig verzichten. Im Antrag steht es so: "Den Restwert seines Gutscheins kannst Du Dir ab dem 1. Januar 2022 auszahlen lassen. Wenn dies aufgrund Deiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist, kannst Du eine Auszahlung natürlich auch vorher verlangen. Damit der FC Schalke 04 in seiner Vereinsfamilie einheitlich und fair mit den Härtefallanträgen vorgehen kann, benötigen wir genaue Informationen von Dir." Unter der Zeile "Warum benötigst Du das Geld unbedingt jetzt?" können die Inhaber dann ihre Gründe kundtun.
Schalke räumt Fehler ein
Die Schalker bestätigten auf Anfrage dieser Redaktion, dass das Formular echt ist. Nicht jeder erhält sein Geld zurück, sondern nur diejenigen, die einen Grund dafür benennen. Der müsse aber nicht ausführlich verschriftlicht werden, ein Drei-Wort-Satz wie zum Beispiel "Ich bin arbeitslos" genüge. Einfach nur die Ergebnisse der vergangenen elf Spiele aufzuführen - das ist kein Härtefall.
Am Abend räumte der Klub auf seiner Homepage dann einen Fehler ein: Man habe "unpersönliche und wenig empathische Formulierungen verwendet – dafür entschuldigen sich der Verein und die Mitarbeiter des Service Centers bei allen Fans in aller Form. Das hätten wir besser formulieren können und müssen." Der Klub werde "jeden Antrag von Fans, die aus wirtschaftlichen Gründen auf eine sofortige Rückerstattung des Ticketpreises angewiesen sind, wohlwollend bearbeiten wird. Es wird niemand Belege einreichen müssen".
Scharfe Kritik der Fans
Zuvor hatte es scharfe Kritik vom Supportersclub gegeben, der Interessenvertretung passiver Mitglieder des Klubs. "Was hat euch geritten, dies in dieser Form, Art und Weise zu tun?", hieß es in einem offenen Brief als Reaktion auf den Härtefallantrag. "Ihr seid nicht die Schufa, ihr seid keine Bank die Kredite vergibt, ihr seid nicht die AfA und zahlt Hartz IV aus! Welches Recht nehmt ihr euch eigentlich heraus? IHR seid die Bittsteller! IHR seid die Bettler!"
Die Verbraucherzentrale allerdings hat formal nichts am Schalker Antrag auszusetzen. "In meinen Augen entspricht das Formular jedenfalls insoweit der gesetzlichen Gutscheinregelung, als dass Verbraucher nur in Härtefällen die vorzeitige Rückzahlung des Geldes verlangen können, wenn die Eintrittskarte vor dem 8.3.2020 gekauft wurde", teilte Rechtsanwalt Thomas Bradler auf Anfrage dieser Redaktion mit. Allerdings ergänzte Bradler: "Die Beweislast für das Vorliegen eines Härtefalls trägt der Verbraucher, so dass das Einfordern von Belegen direkt bei der Antragstellung vielleicht nicht gerade kundenfreundlich, man könnte bei Zweifeln an den Schilderungen des Verbrauchers auch später Belege nachfordern, aber auch nicht rechtswidrig sein dürfte."
Beschwerden über die Schalker Praxis gab es auch in den sozialen Netzwerken. Raphael Brinkert, Inhaber einer Sportmarketing-Agentur und Schalke-Anhänger, schrieb bei Twitter: "Ihr fahrt den Verein mit Ansage gegen die Wand. Sportlich. Wirtschaftlich. Kommunikativ. Es ist zum Fremdschämen." Ein Tweet des Twitter-Nutzers @hannoderbus erhielt bis Mittwochabend knapp 3200 Likes. Dort ist ein Foto des Antrags zu sehen und der Kommentar: "geht euch einen scheißdreck an!"