Düsseldorf. Steven Skrzybski trifft als Leihspieler mit Düsseldorf auf Schalke.  Er spricht über Wiedersehen, Geisterspiele und Verhalten in Corona-Zeiten.

Fortuna-Leihspieler Steven Skrzybski ist seit dem Kindesalter großer Schalke-Fan. Wenn er heute Abend (20.30 Uhr) mit den Düsseldorfern im Bundesliga-Heimspiel auf seine große Liebe Schalke 04 trifft, dann schaltet er jegliche Zuneigung wie auf Knopfdruck für 90 Minuten aus. „Ich gebe alles für meinen aktuellen Klub Fortuna. Für uns steht eine Menge auf dem Spiel“, sagt der 27-Jährige.

Herr Skrzybski, Sie sind ein herzlicher, offener, kommunikativer Typ, der gerne Kontakt zu Mitmenschen hat. Wie schwer fällt Ihnen die Umstellung, in Corona-Zeiten Abstand halten zu müssen?

Steven Skrzybski: Es ist schwierig. Die tägliche Begrüßung fällt jetzt komplett anders aus. Das normale Guten-Tag-Sagen, das Plauschen von Angesicht zu Angesicht fehlt mir schon. Man muss sich selbst bremsen und auf Abstand bleiben, das schafft an sich eine seltsame Atmosphäre. Manche Leute tragen zusätzlich zu den Gesichtsmasken auch noch Handschuhe. Das sieht alles mitunter aus, als würde man einen Endzeit-Film schauen. Ich hoffe einfach, dass wir irgendwann zur Normalität zurückkehren können.

Wie lief das Quarantäne-Trainingslager mit Fortuna Düsseldorf ab?

Skrzybski: Die Fortuna hat das alles gut organisiert. Wir waren in einem Hotel in der Nähe untergebracht, hatten dort eine Tischtennis-Platte und einen Billard-Tisch. Für Abwechslung war gesorgt, es ist nicht langweilig geworden. Das hat sich letztlich angefühlt wie eine normale Trainingswoche. Am Anfang war es natürlich sehr speziell, weil man auf alle Vorgaben genau achten musste. Aber mit der Zeit hat sich das alles eingespielt.

Hoffnung, dass die Leute auf andere Gedanken kommen

Ihre Eltern wohnen in Berlin. Wann haben Sie Ihre Familie zuletzt gesehen?

Skrzybski: Das ist schon etwas her. Das letzte Mal haben wir uns im Winter gesehen. Wahrscheinlich wird es bis zum Sommer, wenn die Saison beendet ist, dauern, bevor wir alle wieder zusammenkommen. Im Moment telefonieren wir viel, machen viel über Facetime. Aber es ist eben nicht das Gleiche, als wenn man sich wirklich trifft. Bei meiner Frau und mir betrifft es jetzt nur die direkte Verwandtschaft, aber andere Menschen in Altenheimen sind noch weitaus schlimmer dran. Sie durften wochenlang wegen der Corona-Pandemie keinen Besuch empfangen. Da fühlt man mit.

Steven Skrzybski traf am 5. Oktober 2019 in der Wanne-Eickeler Mondpalast-Arena mit der U 23 des FC Schalke 04 in der Regionalliga auf den Wuppertaler SV und sorgte beim 3:0-Sieg für das 1:0.
Steven Skrzybski traf am 5. Oktober 2019 in der Wanne-Eickeler Mondpalast-Arena mit der U 23 des FC Schalke 04 in der Regionalliga auf den Wuppertaler SV und sorgte beim 3:0-Sieg für das 1:0. © Stefan Rittershaus

Der Wiederbeginn der Bundesliga sorgt zum einen für Abwechslung von der Corona-Thematik, andererseits aber auch für Kritik, eine Sonderstellung einzunehmen. Wie sehen Sie das?

Skrzybski: Ich freue mich natürlich, dass ich als Profi bei Fortuna Düsseldorf wieder meinem Beruf nachgehen kann. Ich habe auch die Hoffnung, dass die Leute durch Fußball auf andere Gedanken kommen – und wenn es nur für zwei Stunden ist. Es soll nicht so rüberkommen, dass wir mit dem Fußball eine Sonderrolle einnehmen und uns die Gesellschaft vollkommen egal ist. Das trifft definitiv nicht zu. Der Fußball versucht wie viele andere Bereiche gerade auch, wieder einen Schritt in Richtung Normalität zu gehen. Leider in der aktuellen Phase vor leeren Zuschauerrängen.

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Ein gutes Stichwort: Sie haben zuletzt beim 2:2 im Derby gegen den 1. FC Köln zwei Treffer vorbereitet, aber im menschenleeren Kölner Stadion gespielt. Was macht das mit Ihnen?

Skrzybski: Es ist ein seltsames Gefühl. Du hörst im Stadion alles. Jeden Ruf, jede Ballberührung. Es gibt fast keine Atmosphäre. Klar ist man sich bewusst: Wir spielen ein Derby. Aber es ist nicht dasselbe, als wenn du vor 50.000 Fans spielst. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich freue mich extrem auf den Tag, an dem die Fans wieder ins Stadion dürfen. Die Zuschauer werden heiß sein wie noch nie zuvor. Bis es so weit ist, müssen wir die Zeit überbrücken.

Steven Skrzybski: „Ich habe jahrelang für meinen Schalke-Traum gekämpft“

Wie schwer fällt Ihnen persönlich die Motivation in einem Geisterspiel?

Skrzybski: Es sind zwar keine Leute im Stadion, aber trotzdem lebe ich meinen Traum und spiele in der Bundesliga. Das alleine motiviert mich schon. Ich habe als Kind schon davon geträumt, da kann ich jetzt nicht sagen: Ohne Zuschauer mache ich aber nicht so viel auf dem Platz. Was man vielleicht ein wenig spürt: Wenn man kaputt ist und die Kraft nachlässt, dann kann von den Rängen durchaus ein Push kommen, der einem über den Schweinehund hilft. Das fällt jetzt weg. Umso wichtiger ist es, dass wir uns als Team untereinander pushen.

Ihr Vertrag auf Schalke läuft noch bis Sommer 2021. Stehen Sie als Leihspieler im Duell mit den Königsblauen besonders unter Druck oder Beobachtung?

Skrzybski: Jeder weiß, wie ich zu Schalke 04 stehe. Das ist für mich ein ganz besonderer Verein. Ich freue mich unfassbar auf diese Partie. Druck spüre ich jetzt nicht. Für mich steht an erster Stelle, mit Fortuna die Klasse zu halten. Ich gebe Vollgas, versuche, alles für mein aktuelles Team rauszuhauen.

Haben Sie das Schalke-Kapitel innerlich abgehakt?

Skrzybski: Nein, ich habe jahrelang für meinen Schalke-Traum gekämpft, das legt man nicht einfach so von heute auf morgen ab. Noch hat es keine Gespräche gegeben, wie es im Sommer weitergeht. Im vergangenen Winter musste ich etwas unternehmen. Wenn du nach einer Saisonhälfte null Einsatzminuten hast, weißt du als Spieler, woran du bist. Ich wollte kein ganzes Jahr verstreichen lassen. Zumal Fortuna Düsseldorf ja auch ein geiler Klub mit Tradition ist. Zudem hatten sich die Verantwortlichen wirklich sehr um mich bemüht.

Haben die Drähte zwischen Ihnen und Ihren S04-Teamkollegen vor dem Spiel geglüht?

Skrzybski: (lacht) Es war eher ruhig. Die Jungs haben wahrscheinlich auch andere Sorgen. Ohnehin bin ich kein Fan davon, vor einem Spiel groß Kontakt aufzunehmen. Nach Abpfiff ist das etwas anderes, da freut man sich auf die Kollegen – allerdings mit Mundschutz.