Gelsenkirchen. Sascha Riether spricht über seinen Job auf Schalke. Zunächst fühlte er sich als Azubi, jetzt kann er sich eine Karriere als Manager vorstellen.
Was Sascha Riether zu erzählen hat, ist unabhängig von der aktuellen Thematik während der Corona-Krise: Im WAZ-Interview geht es darum, wie der 37-Jährige den Sprung vom Fußball-Profi zum Lizenzspieler-Koordinator auf Schalke geschafft hat. Der Titel ist sperrig, aber Riether erfüllt die Anforderungen alles andere als kompliziert. Er kommt auf Schalke so gut an, dass er mittlerweile schon in Prozesse eingebunden wird, die die strategische Planung betreffen. Dass seine Zeit als Spieler noch nicht lange zurückliegt, kommt ihm dabei zugute. „Schlaflose Nächte“ gehören aber auch zum neuen Job.
Herr Riether, hat Sie einer der jungen Spieler schon gesiezt?
Sascha Riether: (lacht) Nein, aber das würde ich auch gar nicht wollen.
Sie haben jetzt ein eigenes Büro. Wie fühlt sich das an?
Ganz komisch. Wenn du Fußballer bist, hast du natürlich kein eigenes Büro. Dann bist du in der Kabine, alberst mit den Mitspielern herum, es geht zum Training und dann nach Hause. Jetzt ist die Situation ganz anders – und auch mit Rückenschmerzen verbunden, weil man so viel am Laptop arbeitet. An diese Arbeit habe mich inzwischen gewöhnt – aber das Bedürfnis, mich zu bewegen, ist Wahnsinn. Man hat so viele Termine und Besprechungen – dadurch, dass der Körper so lange Sport gemacht hat, habe ich einen brutalen Bewegungsdrang. Meine Frau sagt manchmal zu mir: Bitte geh' Sport machen. (lacht)
In der vergangenen Saison waren Sie noch Profi. Inwieweit hat sich Ihr Verhältnis zur Mannschaft geändert?
Früher war ich mitten dabei – in der Kabine oder zum Beispiel auf der Liege zur Massage. Heute habe ich eine andere Rolle. Natürlich bin ich bei allen Trainingseinheiten und allen Spielen dabei – aber nicht mehr Teil der Mannschaft. Früher habe ich ganz andere Gespräche mitbekommen, jetzt bin ich weiter weg. Zu den Spielern habe ich dennoch weiter ein super Verhältnis. Wenn was ist, kommen sie zu mir, dann reden wir miteinander. Ich nehme mir den ein oder anderen zur Seite, wenn einer was auf dem Herzen hat. Wenn ich spüre, dass ich ein bisschen Einfluss haben kann, dann spreche ich mit den Jungs – und ich glaube, das kommt ganz gut an.
Halten sich Termine mit der Vereinsführung und Kontakt mit der Mannschaft die Waage?
Ja. Ich versuche, so oft wie möglich bei der Mannschaft zu sein. Wenn ein Spieler mal kommt und sagt: Hey, ich habe doch gut trainiert. Dann kann ich sagen: Nein, ich habe alle Einheiten gesehen, das war nicht so. Du musst das eine oder andere ändern. Dann kann ich immer meine ehrliche Meinung geben…
… und der Kontakt zu Jochen Schneider sowie Michael Reschke…
… ist auch immer da. Das ist meine Bewegung – vom Leistungszentrum der Profis bis zur Geschäftsstelle. Ich fahre diese Strecke nie mit dem Auto. Wenn ich mal was vergessen habe, gehe ich eben wieder zurück. (lacht) Ich freue mich über jeden Meter, den ich laufen kann.
Lernen Sie jeden Tag dazu?
Auf jeden Fall. Als Spieler bekommst du gar nicht mit, was im Verein abgeht, was alles organisiert wird, was und wie viel die Leute arbeiten.
Nehmen Sie denn in Ihrer neuen Rolle auch Arbeit, Gedanken mit nach Hause?
Ja, am Anfang hatte ich viele schlaflose Nächte. Der Arbeitsaufwand ist ganz anders. Ich war es nicht gewohnt, so viele Meetings zu haben, so viel vor- und nachbereiten zu müssen: Was hast du richtig gemacht? Was musst du besser machen? Ich bin sehr ehrgeizig. Jetzt lässt du jeden Tag Revue passieren, denkst darüber nach, was am nächsten Tag ist, was man nicht vergessen darf. Mittlerweile habe ich mich daran aber gewöhnt.
Sie sind zum Beispiel für die Organisation von Trainingslagern zuständig. Werden Sie auch in Transferentscheidungen eingebunden?
Ich bin nicht immer dabei. Aber es ist schon so, dass Michael Reschke mich ab und an involviert. Ich bekomme Videos und dann spricht er mit mir über Spieler, die der Club vielleicht verpflichten will. Wenn du neu bist, bist du erstmal so etwas wie ein Azubi, saugst alles auf. Doch ich wurde direkt einbezogen. Sascha, was meinst du dazu? Das ist eine Wertschätzung, die mich noch mehr motiviert.
Hat einer wie Sie, eine Kontaktperson zwischen Mannschaft und Führung, in den vergangenen Jahren gefehlt?
Ich möchte das nicht beurteilen. Ich hoffe nur, dass alle froh sind, dass ich da bin. Ich bekomme auch nur positives Feedback. Unser Ziel ist es, alles und alle zu vernetzen, damit auf Schalke ein Gemeinschaftsgefühl entsteht, das positiv für alle ist.
Nach knapp einem Dreivierteljahr im neuen Job: Können Sie sich vorstellen, einmal Bundesliga-Manager zu werden?
Ja, aber ich muss noch viel dazulernen. Für mich ist es eine tolle Sache, dass ich auf Schalke meine ersten Schritte tun kann. Die Leute, die ich um mich habe, unterstützen mich sehr. Ich fühle mich total wohl.