Gelsenkirchen. Schalke 04 hält daran fest, dass in dieser Saison noch viel zu erreichen ist. Trainer Wagner und Vorstand Schneider mahnen zu Realismus.

Dass nun bald alles vorbei ist, ist eine Feststellung, die sie auf Schalke wirklich nur auf den Karneval beziehen. Sportlich bleibt Trainer David Wagner dabei, dass in dieser Saison immer noch alles möglich ist, was sich Mannschaft und Verein vorgenommen haben: „Wir werden weiter kratzen, beißen und investieren, damit wir aus dieser Saison etwas Herausragendes rausbekommen“, verspricht der Trainer kämpferisch. Eine Bestandsaufnahme, wie es nach dem 0:5 gegen Leipzig weitergeht.

Schalke 04 hat am Rosenmontag frei

Von Aktionismus, so viel steht fest, halten sie auf Schalke nichts: Der Montag war trainingsfrei – nicht weil es der Rosenmontag war, sondern weil es das übliche Programm in einer Woche ohne Dienstag- oder Mittwoch-Spiel ist. Die Vorbereitung auf das Spiel am Samstag (18.30 Uhr) beim 1. FC Köln beginnt am Dienstag. Sportvorstand Jochen Schneider glaubt nicht, dass man die Spieler nach jetzt fünf Bundesligaspielen in Folge ohne Sieg anders anfassen muss: „Wir reden ja nicht von Arbeitsverweigerung oder davon, dass die keinen Bock hatten“, sagt Schneider und stellt klar: „Von uns gibt es keine Vorwürfe, da gehen wir gemeinsam durch.“

Die Kölner auf dem Rosenmontagszug. Vorne rechts ein verkleideter Trainer Markus Gisdol.
Die Kölner auf dem Rosenmontagszug. Vorne rechts ein verkleideter Trainer Markus Gisdol. © dpa | Roberto Pfeil

Auch wenn die tollen Tage am Mittwoch vorbei sind, empfängt der 1. FC Köln die Schalker am Samstag ganz jeck – nach ihrem 5:0-Sieg bei Hertha BSC Berlin durften die Kölner Spieler den Rosenmontagszug voll genießen. Sascha Riether, Koordinator der Schalker Lizenzspieler, hat früher beim 1. FC Köln gespielt, er weiß: „Die werden wahrscheinlich richtig auf Karneval gehen jetzt, die sollen ruhig schön feiern.“ Gerne auch bis zum Aschermittwoch durch: „Meine Erlaubnis haben sie“, lacht der Ex-Profi. Für sich selbst hat Riether Karneval gestrichen – spätestens nach der Leipzig-Klatsche. Schalke ist bierernst – Köln bierselig. Trainer David Wagner: „Da treffen jetzt zwei Welten aufeinander: Die einen fliegen ohne Ende, die anderen haben richtig einen auf den Dez gekriegt.“ Er ergänzt: „Wir müssen hart arbeiten und gucken, dass wir in Form kommen. Wir wollen natürlich eine Reaktion zeigen nach dem Auftritt.“ Dem Auftritt gegen Leipzig.

Schalke-Trainer David Wagner ist gefordert

Für Wagner ist es „die schwierigste Phase“ bisher auf Schalke, „keine Frage“. Er sagt aber, dass ihn das Aufziehen einer solchen Phase nicht überrascht habe: „Das war spätestens nach dem Berlin-Spiel im Pokal absehbar, dass das ganz unangenehm werden kann in den nächsten Wochen.“ Da verletzte sich mit Daniel Caligiuri (Teilriss des Innenbandes im linken Knie) der nächste Stammspieler schwer, zeitweilig fehlten sechs Leistungsträger verletzt. Inzwischen sind Suat Serdar, Weston McKennie und Jonjoe Kenny wieder einsatzbereit, aber noch nicht in bester Verfassung. Riether verdeutlicht, wie wichtig Fitness ist: „Wenn wir unser Pressing spielen wollen, dann brauchen wir Spieler, die auch über längere Zeit Spielpraxis haben, um auf 100 Prozent Leistung gehen zu können. Sonst kommst du da und da zu spät, und dann passt das Pressing auch nicht mehr.“

Beim Spiel gegen Leipzig liefen Schalkes Spieler nur 107,06 Kilometer – absoluter Negativwert für die Königsblauen in dieser Saison. Leipzigs Spieler liefen sechs (!) Kilometer mehr. In der vergangenen Saison war Schalke noch das laufschwächste Team der Liga, in dieser Saison betrug die durchschnittliche Laufleistung bis zum Leipzig-Spiel bei Schalke starke 114,94 Kilometer. Doch schon beim 0:0 eine Woche zuvor in Mainz wurde dieser Wert deutlich unterschritten. Wagner sagt: „Zu viele Spieler sind im Moment unter Form.“ Die Gründe dafür seinen vielfältig. „Entsprechend ist es jetzt wichtig, hart zu trainieren und gut zu trainieren.“

Die Torwart-Frage beschäftigt Schalke 04

Der Patzer von Alexander Nübel gegen Leipzig zeigt, dass Schalke auch zwischen den Pfosten ein Problem hat. Dass Ersatzmann Markus Schubert, der nach seinen Knieproblemen wieder trainiert, in Köln spielt, ist aber so gut wie auszuschließen. Zum einen gab es keine direkten Vorwürfe an Nübel, zum anderen lässt Wagner durchblicken: „Ich mache jetzt keine Torhüter-Diskussion auf.“

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„Wir haben noch elf Spiele und wollen natürlich versuchen, aus dieser Saison etwas rauszuholen, was uns keiner zugetraut hat. Dafür müssen wir allerdings besser Fußball spielen“, sagt Wagner bezogen auf die Bundesliga – das Pokalspiel gegen Bayern am Dienstag nächster Woche kommt dazu. Ein herausragendes Ergebnis wäre für ihn die Qualifikation für das internationale Geschäft: Die würde der aktuelle sechste Tabellenplatz mit sich bringen, allerdings beträgt der Vorsprung auf den VfL Wolfsburg und die TSG Hoffenheim nur noch zwei Punkte. Wagner wird nicht müde, daran zu erinnern, dass der sechste Tabellenplatz mehr ist, „als uns jeder vor der Saison zugetraut hat“.

Gemeinsam aus dem Formtief: Die Schalker Spieler nach dem 0:5 gegen Leipzig vor den Fans in der Nordkurve.
Gemeinsam aus dem Formtief: Die Schalker Spieler nach dem 0:5 gegen Leipzig vor den Fans in der Nordkurve. © firo Sportphoto | firo/Sebastian El-Saqqa

Das Problem ist, dass Schalke mit der überraschend positiven Hinrunde Hoffnungen geweckt hat, die nun nicht mehr erfüllbar scheinen – gewissermaßen ein Fluch der guten Tat. Hoffnungen bei den Fans, aber auch bei den Spielern – einige sprachen offen von der Möglichkeit, die Champions League zu erreichen. Lange Zeit sei „schon fast alles zu gut gelaufen“, konstatiert Sascha Riether. Dass Schalke nach dem 2:0-Sieg am 18. Spieltag gegen Mönchengladbach für konkurrenzfähig gehalten wurde im Vergleich mit den Top-Teams, erweist sich heute als zu schwere Hypothek.

Wagner, das muss man ihm zugute halten, hat dieses Denken nie mitgemacht. Heute sagt er: „Ich habe vor zwei Wochen gehört: Schalke verabschiedet sich aus dem Meisterschaftsrennen. Wer jemals gedacht hat, dass wir an diesem Rennen teilnehmen, dem kann ich nicht helfen. Dann haben andere jetzt gesagt: Schalke verliert die Champions-League-Plätze aus dem Blick – ich hatte sie nie im Blick, dementsprechend kann ich sie nie verlieren.“

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Auch Sportvorstand Jochen Schneider erinnert daran, dass sich Schalke in dieser Saison „keine Ziele in Bezug auf Tabellenplatzierungen“ gesetzt hatte: „Wir wollten eine andere Art von Fußball spielen und mit dieser anderen Art wollen wir eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, dass wir in den Spielen etwas Zählbares mitnehmen: Das haben wir in dieser Saison weitgehend ordentlich bis gut gemacht.“ Schneider ergänzt: „Ich verfalle nicht in den Modus: Wir sind aus den Champions-League-Plätzen raus, jetzt droht die Europa League flöten zu gehen.“

Wobei Schalke die Europa League schon gerne hätte. Und: Vorbei ist das noch lange nicht.