Gelsenkirchen. An diesem Freitag kommt Oliver Ruhnert, Union Berlins Geschäftsführer, mit dem Aufsteiger nach Schalke - zu dem Klub, dessen Jugend er leitete.

Mit Aufsteiger Union Berlin, der an diesem Freitag beim FC Schalke 04 gastiert (20.30 Uhr/DAZN), kommt ein Mann nach Gelsenkirchen, der sich bei den Königsblauen bestens auskennt: Oliver Ruhnert. Der 48-Jährige war von 2011 bis 2017 Leiter der Knappenschmiede, ehe er als Scout zu Union wechselte. Seit Mai 2018 ist er beim Bundesliga-Aufsteiger Geschäftsführer Profifußball.

Sie sind sehr aktiver Fraktionsvorsitzender der Linken in Iserlohn und Geschäftsführer beim 1. FC Union Berlin, einem Fußball-Bundesligisten. Dazwischen liegen mehr als 500 Kilometer. Wie schaffen Sie das?

Oliver Ruhnert: Wie schaffe ich das? Das eine ist der Beruf, das andere ist das Hobby, das ich ja schon auf Schalke hatte und das ich auch super gerne mache. Es fasziniert mich, und deshalb habe ich es beibehalten. Ich bin ja auch gewählt und trage Verantwortung. Letztlich ist aber alles gut arrangiert: Wenn du gute Leute um dich herum hast, bekommst du alles geregelt. Politik in Iserlohn, Job in Berlin.

Wo leben Sie eigentlich?

Ruhnert: Ich lebe in Iserlohn. Berlin ist mein Zweitwohnsitz. Wobei ich schon sagen muss, dass ich während der Saison überwiegend in Berlin bin. In meinem Job kann ich Termine aber auch von zu Hause aus wahrnehmen.

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Von Thomas Tartemann und Andreas Ernst

Lassen Sie uns zum Fußball kommen – und zunächst zurück zum FC Schalke 04, bei dem Sie ja sechs Jahre lang Leiter der Knappenschmiede waren.

Ruhnert: Eigentlich waren es zehn Jahre im Verein, ich bin ja 2007 dazugestoßen. Und ich habe jede Funktion gerne gemacht. Wobei die letzten sechs Jahre schon eine unglaublich erfolgreiche Zeit waren. Schalke war schon von Kindheitsbeinen an mein Verein. Es war eine ganz, ganz tolle Zeit. Wir hatten aber auch ein tolles Team, haben versucht, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln und die Marke Knappenschmiede europaweit nach vorne zu puschen. Darauf können wir stolz sein.

Schalkes U-19-Trainer Norbert Elgert erzählt immer wieder, dass die Knappenschmiede nach ihrem Weggang bis zur Verpflichtung von Peter Knäbel im April 2018 in ein Loch gefallen sei. Das ist doch ein Riesen-Kompliment, oder?

Ruhnert: Natürlich ist das ein Kompliment. Das war in der Gesamtheit ein sehr enges und erfolgreiches Arbeiten. Unsere A-Junioren sind 2012 und 2015 Deutscher Meister geworden. Und Norbert Elgert ist ein Spitzentrainer, der Jungs veredeln kann. Die Draxlers, Meyers, Kolašinacs, Kehrers und Sanés zeigen, dass wir bestimmte Dinge gemeinsam nicht ganz verkehrt gemacht haben. Es sind ja auch noch einige andere Profis geworden.

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Nun aber zu Ihrem Klub, zum 1. FC Union Berlin. Wie groß ist eigentlich Ihr Anteil am Bundesliga-Aufstieg?

Ruhnert: Es ist immer schwierig, wenn du das selbst einordnen sollst. Sieht man es so, dass viele der Spieler, die wir verpflichtet haben, erfolgreich gewesen sind, habe ich einen entsprechenden Anteil. Entscheidend sind aber die Spieler und das Trainerteam. Wir haben im Umfeld dafür gesorgt, dass es sehr ruhig ist und wir ein Arbeitsklima haben, in dem sich Erfolg erarbeiten lässt.

Am Samstag haben Sie Tabellenführer Borussia Mönchengladbach mit 2:0 geschlagen, den dritten Sieg in Serie gefeiert. Wie fällt Ihre bisherige Bilanz nach 16 Punkten aus zwölf Spielen aus?

Ruhnert: Wir sind in der Relegation als Letzter aufgestiegen und hatten die wenigsten Möglichkeiten zu planen. Das war in der Kürze der Zeit eine Mammut-Aufgabe. Unsere bisherigen 16 Punkte sind toll, obwohl wir in einigen Spielen auch etwas liegen gelassen, in anderen aber auch ein bisschen Glück gehabt haben. Wir können zufrieden sein, dürfen uns aber nicht ausruhen. Mit 16 Punkten steigst du am Ende ab.

Lassen Sie uns mal kurz über den 1:0-Erfolg gegen Hertha BSC vom 2. November reden. Was bedeutet das in Berlin?

Ruhnert: Das war gefühlter Wahnsinn. Sie müssen sich das so vorstellen: Schalke und Dortmund spielen erstmals in der Bundesliga gegeneinander, und Schalke gewinnt. Das war bei uns aber eine Stufe mehr. Hier hat der totale Underdog den selbst ernannten Hauptstadt-Klub besiegt. Das war schon krass.

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Spüren Sie noch etwas davon, dass da der Westen und dort der Osten Berlins ist?

Ruhnert: Ja. Absolut. Die Menschen im Osten von Berlin sind total stolz, aber auch in der angrenzenden Region Brandenburg, die ein totales Union-Gebiet ist. Dank unseres Aufstiegs haben die Menschen an Selbstwertgefühl gewonnen. Sie stellen fest: Wir gehören auch dazu. Da schafft der Sport mehr als die Politik. Bayern, Dortmund, Gladbach, Schalke: Alle Großen kommen an die Alte Försterei. Wir haben das ja auch alles auf eine sehr eigene Art und Weise und ohne Riesenbudget geschafft. Das ist außergewöhnlich, und darauf sind wir sehr stolz.

Apropos Alte Försterei: Wie sieht es beim Ausbau aus? Das Stadion soll ja von 22.000 auf 37.000 Zuschauerplätze erweitert werden.

Ruhnert: Es ist klar, was wir wollen, es fehlt aber noch der Abschluss des Bebauungsplanverfahrens. Das Stadion ist immer ausverkauft, und es ist sehr schade, dass wir momentan noch nicht mehr Menschen an diesem tollen Gefühl teilhaben lassen können.

Was ist denn so toll?

Ruhnert: Das ist ein Erlebnis pur, das du sonst in vielen großen Arenen nicht mehr hast. Es ist so laut, dass du kein Wort verstehst. Du fühlst alles mit. Als unser 2:0 gegen Gladbach gefallen ist, haben wir unten auf der Bank gespürt, dass die Steine beben. Das muss man einmal erlebt haben.

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An diesem Freitag kehren Sie nun nach Gelsenkirchen zurück. Welche Erwartungen haben Sie, welche Gefühle?

Ruhnert: Ich bin ja schon öfter wieder auf Schalke gewesen. Es ist ein sehr gutes Zeichen, wenn sich sehr viele freuen, dich zu sehen und dich umarmen: vom Zeugwart bis zur Bürokraft. Dann bist du offensichtlich ganz gut gelitten. Es sind sehr viele positive Erinnerungen, und ich bin auch bei 32 Spielen Schalke-04-Fan. Aber ich denke, es wird mir niemand krummnehmen, wenn ich dies am Freitag nicht sein werde.

Wie schätzen sie die Königsblauen ein?

Ruhnert: Die Schalker haben eine wirklich gute Mannschaft, funktionieren als Team und können auch Ausfälle verkraften. Ich bin mir sicher, dass der S04 um die internationalen Plätze spielen wird.