Waltrop. Klaus Fichtel bestritt im Alter von 43 Jahren und sechs Monaten sein letztes von 552 Bundesliga-Spielen. Wohl ein Rekord für die Ewigkeit.

Diesen Rekord wird ihm voraussichtlich keiner mehr nehmen. Im Alter von 43 Jahren, sechs Monaten und zwei Tagen bestritt Klaus Fichtel sein letztes von insgesamt 552 Bundesliga-Spielen. 447 Partien davon machte „Tanne“ Fichtel im Trikot des FC Schalke 04, 75 im Dress des SV Werder Bremen. Am Dienstag wird er 75 Jahre alt – und er wird wie in den Jahren zuvor auf eine große Party an seinem Wohnort Waltrop verzichten. „Wir feiern im engsten Kreis mit Familie und Freunden“, sagt Klaus Fichtel der Deutschen Presse-Agentur.

Viele Fußball-Fans werden sich anlässlich seines Ehrentages wieder an den Abwehrspieler erinnern, der am 21. Mai 1988 mit der Partie der Königsblauen gegen Bremen endgültig die Bundesliga-Bühne verließ. Klaus Fichtel hält es sogar für möglich, dass sein Altersrekord noch einmal geknackt wird. „Aber wenn, dann nur von einem Torhüter“, sagt er: „Wenn es ein Feldspieler schafft, ziehe ich den Hut.“ Selbst Bremens Dauerbrenner Claudio Pizarro (41) wird es wohl kaum noch gelingen.

1200 Mark Grundgehalt als 20-Jähriger beim FC Schalke 04

Obwohl er in seiner aktiven Zeit von schweren Verletzungen verschont blieb, spürt Klaus Fichtel doch allmählich die Auswirkungen der langen Sportlerkarriere. Nach seinem Geburtstag muss er unters Messer, bekommt einen neue Hüfte. „Generell geht es mir gut. Nur die Hüfte macht nicht mehr mit, der Verschleiß ist da“, erklärt Klaus Fichtel.

Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko: Klaus Fichtel mit Bundestrainer Helmut Schön.
Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko: Klaus Fichtel mit Bundestrainer Helmut Schön. © dpa | Heidtmann

Wie viele Jugendliche im Ruhrgebiet heuerte der in Castrop-Rauxel geborene Klaus Fichtel mit 14 Jahren auf dem Pütt an. Trainer Fritz Langner holte den damals 20-Jährigen für 1200 Mark Grundgehalt nach Schalke. Als Erstes verpasste ihm Fritz Langner den Spitznamen „Tanne“. Bei seinem offiziellen Abschiedsspiel im August 1986 war auch die niederländische Fußball-Legende Johan Cruyff dabei. Die Schalke-Fans huldigten dem Hobby-Trabrennfahrer Klaus Fichtel, der im Parkstadion eine Runde im Sulky hinter einem Trabrennpferd drehte, mit einem Transparent: „Der Wald stirbt, aber die Tanne steht!“

Tragische Rolle beim Bundesliga-Skandal 1970/71

Nur einmal gerät die im Ruhrpott verwurzelte „Tanne“ mächtig ins Wanken: In der Endphase der Saison 1970/71 verstrickt sich Schalke beim 0:1 gegen die abstiegsbedrohten Bielefelder in den Bundesliga-Skandal und wurde später als „FC Meineid“ beschimpft. Klaus Fichtel nahm dabei eine tragische Rolle ein. „Ich bin damals beim Stand von 0:0 wegen eines Muskelfaserrisses im Oberschenkel ausgewechselt worden und nachher trotzdem zu einer Geldbuße verurteilt worden“, sagt er. Eine aktive Beteiligung bestritt Klaus Fichtel stets: „Ich habe nicht verschoben.“

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Die Ermittlungen dauerten viele Jahre, bevor das Verfahren 1977 mit einer letzten Sperre und einer Geldbuße eingestellt wurde. Sportlich war Klaus Fichtel da in seinem zweiten Frühling, seine DFB-Karriere war nach nur 23 Länderspielen und einer WM-Teilnahme 1970 allerdings schon früh beendet. Nicht nur wegen des Bundesliga-Skandals, sondern weil Franz Beckenbauer auf der Libero-Position gesetzt war.

Trainer der Schalker Traditionsmannschaft

Rudi Assauer lotste Klaus Fichtel 1980 nach Bremen. Mit Werder schafft er den Bundesliga-Aufstieg und wurde 1983 Vizemeister. Wieder war es Rudi Assauer, da schon in Schalker Diensten, der Klaus Fichtel 1984 holte. Eigentlich als Co-Trainer, dennoch musste er mit über 40 für den 37-jährigen Bernard Dietz einspringen, als dieser sich verletzt hatte. Für ihn sei Klaus Fichtel immer „Ansprechpartner und Vorbild“, sagt Olaf Thon der dpa. „Er war immer sehr diszipliniert und akribisch. Und sogar ein bisschen älter als mein Vater.“

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Nach dem Ende seiner Laufbahn war Klaus Fichtel weiter für Schalke tätig, als Jugend- und Amateurtrainer sowie Scout. Lange kickte er aktiv im Traditionsteam. Seit gut zwei Jahren ist er nur noch dessen Trainer. So oft es geht, besucht Klaus Fichtel die Heimspiele der Profis. Die Entwicklung unter Trainer David Wagner gefällt ihm: „Die Jungs sind auf einem gutem Weg. Es sind fast dieselben Spieler wie im Vorjahr. Man sieht, was man fußballerisch aus ihnen machen kann. Ich hoffe, dass die Entwicklung weiter anhält.“ (dpa)